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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Juni 2006; 17:25
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Initiativen:
> Neustart fuer Sozialforumsprozess
Spannende Diskussionen beim ASF
Nach einer kurzweiligen Eroeffnung ging es beim 3.Austrian Socialforum (ASF) 
in Graz gleich um spannende inhaltliche Fragen. "Prekaer leben, prekaer 
arbeiten" lautete das Thema einer Veranstaltung, bei der Angela Klein, 
Christa Wichterich, Lisbeth Trallori und Christian Lager auf dem Podium 
waren. Tenor der Statements : "Die working poors, die Ich-AGs und die 
1-Euro-Jobs weiten sich immer mehr aus. Sowohl bei uns als auch in den armen 
Laendern".
Als Alternativen zum neoliberalen Sozialabbaukurs wurden ins Auge gefasst:
* Zeigen, dass es sehr wohl andere Entwicklungswege gibt,
* Infragestellen der Diktatur des Arbeitsmarkts
* Die Arbeitskraft darf nicht auf ihre aktuelle Warenexistenz reduziert 
werden.
Um diesen Vorstellungen gerecht zu werden ist eine "Bewusstseinsrevolution" 
vonnoeten. Es gilt moeglichst konkrete Ideen zu entwickeln, wie eine andere 
Arbeitswelt, also eine ohne Fremdbestimmung, ohne das "Diktat des 
Arbeitsmarkts" aussehen koennte. In diesem Kontext sind auch Begriffe neu zu 
definieren - wie etwa "lebenslanges Lernen" - was von den Arbeitsaemtern 
schlicht als zwangsweises Rennen in irgendwelche Kurse interpretiert wird.
Bei all dem gilt es die "Systemfrage" mitzudenken - also ein Arbeiten und 
Leben jenseits der Profitschranke.
Klein, aber fein
Am letzten Tag des Social Forum (ASF ) fand am Samstag den 17.Juni eine 
Diskussion ueber die Moeglichkeiten eines "anderen Europa", eines "Europa 
von unten" statt. Der Schlusstag bot auch die Moeglichkeit, mit der 
Reflexion ueber den Sozialforumsprozess zu beginnen.
Ein prominent besetztes Podium debattierte die internationale Situation nach 
dem Nein zum EU-Verfassungsentwurf in Frankreich und den Niederlanden. 
Uebereinstimmend wurde festgehalten, dass es nun darum geht, nicht beim 
blossen Nein stehen zu bleiben, sondern moeglichst konkrete "Alternativen 
zur EU" , zum "Europa der Generaele und Konzerne" zu entwickeln.
Horst Schmitthenner von der IG - Metall (BRD) verwies darauf, dass die EU 
ihre selbst gesteckten Ziele im Rahmen der neoliberalen "Lissabonstrategie" 
hinsichtlich Wachstum, Beschaeftigung oder Steigerung der Ausgaben fuer 
Forschung und Entwicklung nicht erreicht hat. Daran ansetzend schilderte 
Angela Klein (Sozialforum in Deutschland) von den Bemuehungen eine "Charta 
fuer ein anderes Europa" zu konzipieren. Ausgehend von einer Tagung in 
Florenz 2004 konnten mittlerweile "Grundsaetze" fuer solch eine Charta 
erarbeitet werden. Das 17-Seiten-Papier umfasst Prinzipien wie die 
"Wohnbuergerschaft", also das Recht von Menschen in Europa zu wohnen und zu 
arbeiten, wenn sie hier "ihren Lebensmittelpunkt" haben - unabhaengig von 
ihrem Herkunftsland. Weiters geht es in der Charta um eine "Angleichung der 
Lebensverhaeltnisse nach oben" oder die "Erhaltung und den Ausbau von 
oeffentlichen Guetern und Dienstleistungen" quer zum aktuellen 
Privatisierungsrausch. Ende des Jahres wird in Paris ueber den Text 
neuerlich beraten. In Erwaegung gezogen wird, die Charta auch als konkrete 
Alternative zu praesentieren, wenn in der EU neuerlich ueber die Verfassung 
abgestimmt werden sollte.
Ueber das ASF in Graz laesst sich insgesamt eine vorsichtig positive Bilanz 
ziehen: "Klein, aber fein". Da im Vorjahr im allerletzten Moment das fuer 
Salzburg geplante ASF infolge diverser Landtagswahlen abgeblasen wurde und 
sich in der Folge eine gewisse Resgnation breitmachte, war fuer den 
oesterreichischen Sozialforumsprozess zum Teil ein "Neustart" notwendig. Mit 
der "gesamtoesterreichischen Arbeitstagung" in Salzburg im Herbst konnte 
politisch wieder Boden unter den Fuessen gewonnen werden. In Graz fanden nun 
ueber 80 Veranstaltungen statt. Die Atmosphaere war ausgezeichnet, in einer 
Reihe von Workshops und "zentralen Veranstaltungen" gab es ausser fundierten 
Analysen Verdichtungen hin zu praktischen Umsetzungsschritten. Zwischen 700 
und 800 Personen nahmen insgesamt am ASF teil - sicher weniger als in den 
ersten beiden Sozialforen in Hallein 2003 und Linz 2004. Die Talsohle 
scheint jedoch ueberwunden zu sein.
*Hermann Dworczak*
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