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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Juni 2006; 19:14
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Medizin/Recht:

> Teure Patientenverfuegung

Seit 1.Juni gilt in Oesterreich das Patientenverfuegungsgesetz (PaTVG, BGBl
vom 8.5.2006). Es gibt potenziellen Patienten eine gewisse Rechtssicherheit,
bestimmen zu koennen, welche Behandlungen sie im Falle einer medizinischen
Notlage bei Nichteinwilligungsfaehigkeit an sich vornehmen lassen wollen.

Damit diese Verfuegung tatsaechlich verbindlich werden kann, muss allerdings
ein Gespraech mit einem Arzt gefuehrt werden, wobei der Verfuegungswillige
ausfuehrlich begruenden muss, warum er diese Verfuegung treffen will, und
der Arzt hat zu dokumentieren, inwieweit er die Argumente fuer relevant
haelt. Weiters muss er die Urteilsfaehigkeit des potentiellen Patienten
bestaetigen. Ausserdem muss ein Notar, Rechtsanwalt oder rechtskundiger
Mitarbeiter einer Patientenvertretung diese Verfuegung beglaubigen. Eine
solche Verfuegung muss, um ihre Wirksamkeit zu behalten, unter demselben
Prozedere alle 5 Jahre wiederholt werden -- die nicht unerheblichen Kosten
hiefuer hat der Patient selbst voll zu tragen.

Die Gruenen hatten einen Abaenderungsantrag eingebracht, dass solche
Verfuegungen auch beim Bezirksgericht gemacht werden koennen, um diese
Kosten zu vermeiden oder zumindest deutlich zu verringern. Dieser fand aber
keine Mehrheit. OeVP und F-Fraktion lehnten dies ab, mit der Argumentation,
die Huerden seien absichtlich so hoch gelegt, um einen Missbrauch
(Stichwoerter Sterbehilfe, Erbschaftsinteressen) zu vermeiden.

Daneben gibt es noch eine billige Version eines solchen Dokuments, die
sogenannte "beachtliche Verfuegung", die diesen Formvorschriften nicht zu
genuegen hat. Die muss ein Arzt aber nur "beachten", das heisst, er kann sie
auch ignorieren.

Das Gesetz wurde ohne Abaenderung am 8.Mai von OeVP, F-Fraktion und trotz
deren Bedenken auch von den Gruenen gegen die Stimmen der SPOe beschlossen.


Kommentar

Bei der Debatte im Parlament fiel auf, dass sich die OeVP doch sehr darum
drueckte, warum die verstaendlichen Huerden in einem solchen Gesetz auch
finanzieller Art sein muessten. Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer
meinte dazu in Richtung SPOe: "Es darf auch nicht in erster Linie die Frage
der Kosten ausschlaggebend sein, ob das Gesetz tauglich ist oder nicht. Sie
machen es sich in Ihrer Ablehnung zu leicht. Die Kosten spielen nicht die
grosse Rolle bei so einer Entscheidung."

Zum anderen ist es fraglich, wozu es gut sein soll, eine solche Verfuegung
mit einem Arzt durchzudiskutieren. Immerhin ist eine solche Verfuegung eine
eklatante Misstrauenserklaerung gegen die Aerzteschaft, insofern naemlich,
dass man annimmt, dass die "beachtliche Verfuegung" im Fall des Falles eben
nicht beachtet werden wird und man deswegen das haertere Geschuetz der
"verbindlichen Verfuegung" auffahren muss. Eine voellig neutrale
medizinische Aufklaerung ueber die Folgen der Unterlassung einer solchen
Behandlung waere ja sicher sinnvoll, nur ist von den wenigsten Aerzten eine
solche zu erwarten.

Besonders im Zusammenhang mit dem von der Antipsychiatriebewegung immer
wieder propagierten "psychiatrischen Testament" ist das Arztgespraech
problematisch. Das psychiatrische Testament ist ein Dokument, in dem ein
Mensch erklaert, dass er im Falle einer Einweisung bestimmte Praktiken der
Behandlung (Neuroleptika, Elektroschocks, etc.) untersagt. Eine
Patientenverfuegung ist in diesem Bereich besonders relevant, da
eingewiesene Patienten prinzipiell als nicht einwilligungsfaehig angesehen
werden. Da weiters oft genug schon fruehere Erfahrungen mit der
psychiatrischen Aerzteschaft, die trotz Psychiatriereform immer noch gerne
"niederspritzt", der Ausloeser fuer ein solches Verfuegungsansinnen sind,
erscheint ein vertrauensvolles und faires Gespraech mit einem Arzt
bezueglich dieser Sparte der Medizin noch unwahrscheinlicher als in der
Frage somatischer Erkrankungen. Auch dass der Rechtsumstand der
Urteilsfaehigkeit zum Zeitpunkt der Verfuegungserrichtung vom Arzt
beglaubigt werden muss, macht den Patienten nicht vertrauensvoller.

Interessant ist auch, dass die Debatte waehrend des legistischen Prozesses
sich fast ausschliesslich um den ebenfalls sehr heiklen Bereich somatischer
Erkrankungen und lebenserhaltender Massnahmen drehte. Lediglich in den
Erlaeuterungen zum Gesetzesentwurf findet sich ein Nebensatz zum Thema
Psychiatrie, ohne dass auf die doch etwas anders geartete Problematik weiter
eingegangen wird. In der abschliessenden Parlamentsdebatte hatte das
psychiatrische Testament, immerhin schon seit Jahrzehnten auch ausserhalb
von Fachkreisen diskutiert, keinen Platz.
*Bernhard Redl*



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