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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. Mai 2006; 19:13
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Soziales/Recht:

> Heiraten fuer die Krankenversicherung

Das Familienideal der Regierung als Grundlage fuer die neue
Mitversicherungsregelung


War es der heraufdaemmernde Feiertag Christi Himmelfahrt? Hat da jemand
zuviel Weihrauch geschnueffelt?

Jedenfalls haben die Regierungsparteien am Mittwoch die beitragsfreie
Mitversicherung fuer LebensgefaehrtInnen abgeschafft, um
gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht miteinbeziehen zu muessen. Ein neuer
VfGH-Entscheid ist unumgaenglich, zumal die Diskriminierungslinie nun nicht
mehr allein zwischen Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung
verlaeuft, sondern nunmehr auch zwischen Ehen und Lebensgemeinschaften und
zwischen ehelichen und unehelichen Kindern (die zB von reduziertem
Haushaltseinkommen betroffen sind). Unter dem Motto: Um Schwule und Lesben
zu diskriminieren, ist uns jedes Mittel recht. Und wenn da ein paar
Heterobeziehungen unter die Raeder kommen, dann ist es halt ein Pech.

Die Begruendung der OeVP fuer die Ausgrenzung der gesellschaftlich am
weitesten verbreiteten Lebensform, naemlich der Lebensgemeinschaft, und der
daraus hervorgehenden Kinder verdient es, einer breiten Oeffentlichkeit
zugaenglich gemacht zu werden:


"Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis zu G 87-88/05 vom
10.Oktober 2005 die Moeglichkeit der Gewaehrung einer Mitversicherung von
Lebensgefaehrten durch die Satzung eines finanziell ausreichend dotierten
Versicherungstraegers mit Wirkung vom 1.August 2006 als verfassungswidrig
aufgehoben. Begruendet wurde dies damit, dass diese
Versicherungsmoeglichkeit nur andersgeschlechtlichen, nicht aber
gleichgeschlechtlichen Paaren offensteht. Gleichzeitig hat er aber
ausdruecklich klargestellt, dass die seitens der Bundesregierung ins Treffen
gefuehrten familienpolitischen Motive fuer die Gewaehrung einer
Mitversicherung auf Kosten der Versichertengemeinschaft zur Grundlage einer
Neuregelung der Mitversicherung von Lebensgefaehrten gemacht werden kann,
wenn die Mitversicherung auf Faelle von Kindererziehung eingeschraenkt wird.

.... Die Antragsteller (sind) der Ansicht, dass es der
Versichertengemeinschaft grundsaetzlich nicht zugemutet werden kann, die
blosse Existenz von Lebensgemeinschaften ohne Kinder, in denen ein Partner
nur den Haushalt fuehrt (egal ob diese zwischen gleich- oder
verschiedengeschlechtlichen Personen bestehen) finanziell durch eine
Mitversicherung zu foerdern. Dies umso mehr, als gerade das Fehlen von
gegenseitigen Rechten und Pflichten ein Wesensmerkmal einer
Lebensgemeinschaft ist, also nicht einmal der versicherte Lebensgefaehrte
selbst - geschweige den die Versichertengemeinschaft - irgendeine
Verpflichtung hat, die Krankenversicherung seines Partners sicherzustellen.

Sehr wohl aber halten sie die beguenstigte Mitversicherung von Ehegatten
ohne Kinder oder Pflegeleistungen fuer der Versichertengemeinschaft zumutbar
und sachlich gerechtfertigt. Dies aus folgenden Ueberlegungen:

• Die Ehe ist nach wie vor die beste Grundlage von stabilen Familien und die
bestmoegliche Ausgangssituation fuer Kinder. Die Versichertengemeinschaft
profitiert auf lange Sicht von jedem Kind, das kuenftig durch (moeglichst
hohe) Beitraege die Versicherung aufrechterhaelt.

• In einer Ehe besteht eine gegenseitige Unterhaltspflicht und ein
entsprechender Versorgungsanspruch des nicht berufstaetigen Ehegatten; das
unterscheidet sie massgeblich von der rechtlich unverbindlichen
Lebensgemeinschaft.

• Die Ehe weist eine erhoehte Bestandssicherheit im Vergleich zu blossen
Lebensgemeinschaften auf. Es ist daher mit hoeherer Wahrscheinlichkeit davon
auszugehen, dass Ehegatten sich gegenseitig auch schlechte Zeiten wie z.B.
bei Pflegebedarf unterstuetzen und diese Lasten nicht sofort unmittelbar
fuer die Versichertengemeinschaft schlagend werden.

• In der ganz ueberwiegenden Zahl der Faelle werden in Ehen Kinder erzogen;
ein Abstellen auf diesen Normalfall ist daher auch verfassungsrechtlich
zulaessig.

• Die Mitversicherung ist ohnehin nur fuer Ehepaare mit Kindern oder bei
Erbringung von Pflegeleistungen kostenlos, fuer andere Ehepaare ist sie nur
durch einen geringeren Beitrag beguenstigt.

(....) Ein Anspruch auf kostenlose Mitversicherung soll daher kuenftig
bestehen, wenn mit der/dem Versicherten nicht verwandten Personen, die mit
diesem seit mindestens zehn Monaten in Hausgemeinschaft leben und ihr/ihm
unentgeltlich den Haushalt fuehren in dieser Partnerschaft Kinder erziehen,
der nicht selbst versicherte Partner pflegebeduerftig ist oder
Pflegeleistungen erbringt. (....)

In all diesen Faellen ist die Finanzierung ueber die
Versichertengemeinschaft begruendbar, weil Kindererziehung und haeusliche
Pflege im allgemeinen Interesse liegen und auch finanzielle Mehrbelastungen
der Allgemeinheit durch eine externe Leistungserbringung vermeiden helfen.

(...)"


Weitere Teile des Antrags betreffen Uebergangsregelungen und die Ausweitung
des Anspruchs auf wiederverheiratete nicht berufstaetige Frauen mit Kindern.
*Lukas Wurz*



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