**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. Mai 2006; 18:05
**********************************************************
OeGB/Glosse:
> Ruecktritte loesen keine Probleme
Gedanken zu BAWAG und OeGB
Die lautesten VerfechterInnen der kapitalistischen Marktwirtschaft sind 
empoert, weil sich die BAWAG genau nach diesen Regeln verhalten hat. Die 
BAWAG hat durch riskante Spekulationsgeschaefte ihr Vermoegen vergroessert - 
bis zu dem Zeitpunkt, als alles schief ging und dramatische Verluste 
eingetreten sind. Mit all den Folgen fuer BAWAG und OeGB. Das ist anderen 
Banken auch schon passiert und wird auch in Zukunft geschehen. Der 
seinerzeitige, inzwischen auch entlassene OeGB-Praesident versuchte die Bank 
vor dem Ruin zu bewahren, indem er als Eigentuemervertreter eine 
Haftungserklaerung abgab, die gluecklicherweise - damals - nicht zum Tragen 
kam. Einmal mehr hat sich erwiesen, dass die hohen Managergehaelter, 
begruendet mit besonderen Faehigkeite bzw. der grossen Verantwortung alles 
andere als gerechtfertigt sind. So ist eben der "Kasino-Kapitalismus". Dass 
sich ausgerechnet eine Gewerkschaft bzw. ihre Bank daran beteiligt, ist eine 
besonders dramatische Facette. Es gibt wahrscheinlich ebensoviele Gruende 
fuer als auch gegen eine eigene Gewerkschaftsbank. Diese will ich gar nicht 
zur Diskussion stellen.
Grundsaetzlich bestaetigt hat sich sich allerdings von Karl Marx entwickelte 
Mehrwert-Theorie. Neue Werte koennen nur durch Arbeit - geistige wie 
manuelle - geschaffen werden. Spekulationsgewinne der einen bedingen 
entsprechende Verluste anderer, schaffen also keine neuen Werte.
Ich kenne die Verluste der BAWAG nicht im Detail, bin also darauf 
angewiesen, was in den Medien berichtet wird. Die Eindruecke der letzten 
Wochen: Eine Horrormeldung jagt die andere. in einer - meiner Meinung nach - 
Panikreaktion beschliesst das OeGB-Praesidium und dann der 
OeGB-Bundesvorstand den 100%igen Verkauf. In den USA reichen die Anwaelte im 
Interesse der Glaeubiger eine Klage gegen die BAWAG ein. Die Entscheidungen 
amerikanischer Gerichte sind dabei immer wieder problematisch. Auf Grund 
einer solchen Entscheidung verwenden etwa amerikanische Stahlwerke das in 
der VOEST entwickelte LD-Verfahren ohne dafuer Lizenzgebuehren zahlen zu 
muessen (als einzige weltweit). Es erscheint daher mehr als vernuenftig, 
dass der BAWAG-Vorstand einen aussergerichtlichen Vergleich anstrebte. 
Unvernuenftig erscheint allerdings, dass der immer staerker unter 
OeVP-Einfluss stehende ORF die Summe die der BAWAG-Vorstand zu zahlen bereit 
ist, in alle Welt hinausposaunt. Unverantwortlich erscheint die Erklaerung 
des Bundeskanzlers, dass der BAWAG das Wasser bis zum Hals stehe, und so mit 
dazu beigetragen hat, dass innerhalb weniger Tage Millionen Euro von der 
BAWAG abgehoben wurden. Er goss Oel ins Feuer um sich dann als Loeschmeister 
zu profilieren, indem die Regierung eine Haftung fuer die BAWAG bis Juli 
2007 uebernahm, um den Preis der Offenlegung des OeGB-Vermoegens und der 
Uebertragung der BAWAG und OeGB-Anteile an der Nationalbank an die 
Regierung.
Aber zu welchen Bedingungen? BAWAG und OeGB muessen ihren 20%igen Anteil an 
der OeNB billigst verkaufen. Der tatsaechliche Wert, wuerde die Anteile 
"marktmaessig" gehandelt, sind wesentlich hoeher. Und das fuer eine 
Haftungsuebernahme, die wahrscheinlich ebensowenig zum Tragen kommen wird 
wie seinerzeit die Haftung des OeGB. Es haette doch eine "Verpfaendung' der 
Anteile fuer den Fall der Inanspruchnahme der Republikhaftung genuegt.
Weiters gewaehren andere Geldinstitute (also Konkurrenten) der BAWAG 
Kredite, die aus dem Verkaufserloes zu begleichen sind. Also, der OeGB soll 
all seiner Finanzmittel auch inklusiver allfaelliger Verkaufserloese 
"beraubt" werden. Ein hilflos wirkender, interimistisch geschaeftsfuehrender 
OeGB-Praesident Hundstorfer bedankt sich noch vor laufender Kamera bei der 
Bundesregierung. Also, ich wuerde diesen Mann auf dem naechsten 
OeGB-Bundeskongress nicht als Praesidenten waehlen - abgesehen davon, dass 
er in seiner Funktion im Wiener Landtag Aufgaben eines Unternehmervertreters 
gegenueber den Gemeindebediensteten wahrzunehmen hat. Zu diesem Theme 
koennen unserer FreundInnen von der KIV/UG in der Gemeinde Wien einiges in 
Erfahrung bringen.
Auch wenn es einige nicht wahrhaben wollen: die Bedingungen, die dem OeGB 
fuer den "Rettungsanker" - der bald zum toedlichen Angelhaken werden kann - 
diktiert wurden, sind beinharter Klassenkampf gegen die noch vorhandenen 
Reste der ArbeiterInnenbewegung, beguenstigt durch unfaehige, vielleicht 
sogar korrupte Manager mit SP-Parteibuch, aber keineswegs 
sozialdemokratischer Ueberzeugung. Ein fuer die OeVP willkommener 
Nebeneffekt ist das Ausschlachten der Angelegenheit fuer den Wahlkampf. 
Trotzdem: Wer aus Wut ueber diesen Skandal der OeVP seine/ihre Stimme gibt, 
ist selber schuld. Was koennen wir, die unmittelbar Betroffenen dafuer?
Einige Gedanken zur Zukunft des OeGB
Organisatorische Reformen, kosmetische Veraenderungen der Strukturen sind 
keine Loesung. Es bedarf einer grundlegenden Erneuerung. Ein Aufbrechen der 
starren Fraktionsstrukturen, eine tiefgreifende Demokratisierung, ein 
grundsaetzliches Ueberdenken der Aufgaben der Gewerkschaften ist 
erforderlich. GewerkschaftsfunktionaerInnen sollen nich FUeR sondern MIT den 
Mitgliedern gemeinsame Forderungen erarbeiten und durchsetzen. Es ist in 
machen Gewerkschaften zur gaengigen Praxis geworden, dass die Mitglieder 
ueber die Hoehe einer Lohnforderung erst ueber die Medien informiert werden, 
nachdem eine solche Forderung der Unternehmensseite vorgelegt wurde.
Wann wird sich die OeGB-Spitze die Frage stellen, wie es in den letzten 
Jahren dazu gekommen ist, dass "arbeitsloses" Einkommen aus Vermoegen und 
Kapital wesentlichen hoeher gestiegen ist, als Einkommen aus Erwerbsarbeit? 
Das kann nicht nur der Regierung alleine angelastet werden. Da spielt die 
Unterordnung unter die Interessen des "Sozialpartners" wohl auch eine 
entscheidende Rolle.
Zum Abschluss noch ein Wort an unsere sozialdemokratischen KollegInnen: 
Nicht wir, die euch oft wegen der zu nachgiebigen Halten kritisieren, sind 
eure Feinde, sondern jene, die euch - der Karriere zu liebe oder auf Grund 
falsch verstandener Loyalitaeten - nach dem Mund reden und euch immer wieder 
recht geben. Wir brauchen keine Scheinmitglieder, sonder aktive, 
(selbst)bewusste GewerkschafterInnen, damit unsere Gewerkschaft wieder das 
wird, was sie einmal war: eine aktive erfolgreiche Interessensvertretung der 
ArbeiterInnen und Angestellten - und alle jener neuen Beschaeftigtengruppen 
und der Arbeitslosen, die bislang straeflich vernachlaessigt wurden.
Weiters waere es wuenschenswert, wenn die FunktionaerInnen des OeGB und der 
Gewerkschaften auf ihre Zusatzpensionen verzichten wuerden.
*Walter Stern*
Pensionist, ehemals Vorsitzender des Arbeiterbetriebsrats bei Goerz
(Vorabdruck aus "alternative" 5-6/2006)
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen 
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht 
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck 
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete 
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von 
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine 
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als 
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann 
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin