**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 28. Februar 2006; 21:58
**********************************************************

Recht/Moderne Zeiten:

> TKG neu: Vorsichtig bleiben!

Mit 1.Maerz 2006 tritt eine Novelle zum Telekommunikationsgesetz (TKG) in
Kraft, die sich mit den Bedingungen beschaeftigt, unter denen eMail-Spam als
Belaestigung einklagbar ist. Viel aendert sich dabei nicht. Zum einen wird
damit die sogenannte RTR-Liste (eine Art Robinsonliste fuer e-Mail, wie sie
bereits im eCommerce-Gesetz Erwaehnung findet) auch im TKG verankert, was
lediglich eine rechtliche Absicherung fuer den Gueltigkeitsbereich des TKG,
substantiell jedoch keine Aenderung bedeutet.

Zum anderen wird die Verbraucher-Klausel aus §7 Abs.2 geloescht. Bislang war
naemlich Spam an Unternehmen als Adressaten von der Belangbarkeit weitgehend
ausgeschlossen, das heisst in den meisten Faellen konnten lediglich
Endverbraucher laut Konsumentenschutzgesetz wegen Belaestigung klagen. Ab
sofort ist der Adressat egal.

Die Bestimmungen des TKG alt und des TKG neu haben aber etwas gemeinsam: In
ihren Formulierungen wird immer von kommerziellen Mails ausgegangen --
Bestimmungen fuer andere Bereiche wie beispielsweise kulturelle oder
politische Initiativen sind dort nicht ausgefuehrt. Allerdings gehen die
meisten Rechtssachverstaendigen sowie bislang damit befasste Gerichte laut
Hans Zeger von der Arge Daten bis dato davon aus, dass auch Massen-Emails
ohne kommerzielle Interessen von der Regelung erfasst sind, sofern ihr
Verteiler mehr als 50 Adressen umfasst.

Daher ist auch nichtkommerziellen Aussendern dringend zu emfehlen, bei
Massenmails auch weiterhin eine einfache und sichere Abmeldungsmoeglichkeit
zur Verfuegung zu stellen sowie das Opt-in einzelner Adressaten (also die
Zustimmungs- oder Anforderungserklaerung zu Newslettern u.ae.) zu
dokumentieren. Eine Angabe der eMailadresse auf einer Unterschriftenliste
ohne ausdrueckliche Zustimmungserklaerung stellt dabei wohl einen
juristischen Grenzfall dar.

Obwohl sich prinzipiell nichts mit der Novelle aendert, ist damit dennoch
eine ausgedehnte Klagsgefaehrdung fuer solche Initiativen gegeben. Denn der
Kreis der potentiellen Klaeger wird mit dem Loeschen der Verbraucher-Klausel
groesser, vor allem wenn man bedenkt, dass Unternehmen wohl eher Lust
verspueren, eine Klage einzubringen, als Einzelpersonen. Denn welcher
Private, sofern er nicht gerade Rechtsanwalt ist, laeuft deswegen vor den
Kadi?

Was nach Zegers Ansicht aber wohl weiterhin legal bleibt, sind Massenmails
an Politiker, wie beispielsweise an saemtliche Abgeordnete des Nationalrats.
Die Arge Daten mache auch immer solche Aussendung und fuehle sich dabei auf
sicher legalen Boden, so Zeger sinngemaess.

Ob diese Bestimmungen allgemein sinnvoll sind, bleibt abzuwarten, denn, so
die Arge Daten in einer Aussendung: "Die oesterreichischen Spam-Bestimmungen
treffen im Wesentlichen nur ´Dumme´, die als Oesterreicher an Oesterreicher
Mails im Glauben zu verschicken, es zu duerfen und auch die Herkunft nicht
verschleiern." Fuer Mails aus dem Ausland gibt es keine
Klagsmoeglichkeiten -- selbst bei eMails aus anderen EU-Staaten, von den
Hauptspammern aus den USA, Asien und Afrika gar nicht zu reden.

Einmal von unnoetigen Klagswellen abgesehen haben juristische, aber auch
technische Anti-Spam-Massnahmen auch noch andere negative Folgen, so die
Arge Daten: "So laestig Spam ist, stellt es jedoch eine geradezu
unvermeidliche Kehrseite der weltweiten Kommunikation dar. Was fuer den
einen Spam ist, kann fuer einen anderen durchaus interessante Information
darstellen, von einem gewissen Unterhaltungswert vieler Spamnachrichten ganz
zu schweigen. Der von vielen ausgerufene globale Kampf gegen Spam muss als
aeusserst problematisch angesehen werden, fuehrt er doch allzurasch in eine
flaechendeckende Ueberwachung der Internet-Kommunikation und zu
unerwuenschten Eingriffen in die Kommunikationsfreiheit."
*Bernhard Redl*

Materialien: http://www.internet4jurists.at/e-mail/oe1a.htm#TKG-Novelle
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=75041pwb


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin