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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. Februar 2006; 21:53
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Arbeit/Recht/Kommentar der Anderen:
> Rechtsstaat oder Machtrefugium?
Nein! Es geht nicht (schon wieder) um zweisprachige Ortstafeln und die 
Frage, welchen Stellenwert Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes haben.
Es geht darum, dass in einem voellig anderen Bereich - der in der 
Oeffentlichkeit wenig Aufmerksamkeit findet - Entscheidungen eines 
Hoechstgerichtes nicht ausreichend umgesetzt werden.
Es geht um - einige BetreuerInnen des AMS. In der Frage, ob 
Schulungsmassnahmen von den Betroffenen unter allen Umstaenden akzeptiert 
werden muessen hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden:
"Eine ungerechtfertigte Weigerung eines Arbeitslosen, an einer Massnahme zur 
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, liegt nur dann vor, 
wenn es sich ueberhaupt um eine solche Massnahme handelt, wenn feststeht, 
dass die Kenntnisse und Faehigkeiten des Arbeitslosen fuer die Vermittlung 
einer zumutbaren Beschaeftigung nach Lage des in Betracht kommenden 
Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind und es deshalb solcher Massnahmen der 
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bedarf ..."
"Die Zuweisung zu einer Massnahme zur Wiedereingliederung in den 
Arbeitsmarkt bedarf des Nachweises, dass der Arbeitslose ohne diese 
Wiedereingliederungsmassnahme nicht in der Lage ist, einen Arbeitsplatz auf 
dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erlangen ..."
"Es steht nicht im freien Belieben des Arbeitsamtes, einem Arbeitslosen 
(auch einem Langzeitarbeitslosen) entweder eine Arbeitsstelle zu vermitteln 
oder ihn zu einer Nachschulung oder Umschulung zuzuweisen. Eine solche 
Zuweisung vermag sich insbesondere auch nicht auf die vom Arbeitslosen (auch 
wiederholt) an den Tag gelegte Arbeitsunwilligkeit, eine ihm durch das 
Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschaeftigung anzunehmen, zu stuetzen. 
Fuer eine solche Massnahme ist vielmehr Voraussetzung, dass die Kenntnisse 
des Arbeitslosen fuer die Vermittlung einer zumutbaren Beschaeftigung nach 
Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind ..."
"Die Zuweisung zu einer Massnahme zur Wiedereingliederung in den 
Arbeitsmarkt bedarf des Nachweises, dass der Arbeitslose ohne diese 
Wiedereingliederungsmassnahme nicht in der Lage ist, einen Arbeitsplatz auf 
dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erlangen. Dabei ist allerdings nicht nur 
darauf abzustellen, in welcher Weise sich der Arbeitslose selbst um eine 
Stelle auf dem Arbeitsmarkt bemueht hat; die mit der Anwendung einer 
derartigen Wiedereingliederungsmassnahme verbundenen Kosten sind nur dann 
gerechtfertigt, wenn dem Betroffenen jene darin vermittelten Faehigkeiten 
auch tatsaechlich fehlen ..."
"Die Zuweisung zu einer Massnahme zur Wiedereingliederung in den 
Arbeitsmarkt setzt voraus, dass die Gruende, nach denen das Arbeitsamt eine 
solche Massnahme fuer erforderlich erachtet, dem Arbeitslosen eroeffnet und 
ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird..."
Und jetzt zur Realitaet: In Salzburg wird einer 2-fachen Mutter eine 
Wiedereingliederungsmassnahme auf´s Auge gedrueckt. Der Kursveranstalter 
schickt sie mit dem Hinweis auf Ueberqualifikation nach Hause. Darauf 
beglueckt sie das AMS mit einem gleichartigen Kurs. Der Kursveranstalter 
spricht wieder von Ueberqualifikation und empfiehlt, beim AMS mit geeigneten 
Vorschlaegen betreff Kursmassnahmen vorstellig zu werden. Das tut die 
Betroffene unter betraechtlichem Zeitaufwand - die Betreuung von 
Kleinkindern ist ja sowieso nur ein Klacks. Das AMS zeigt sich interessiert 
und einsichtig, aber nur kurz, denn die Kurszuweisung ist ja noch in Kraft 
und man will ja sein Gesicht nicht verlieren. Also zurueck zum Start und als 
Zuckerl wird auf die Kinderbetreuung parallel zum Kurs hingewiesen. Doch von 
einer Kinderbetreuung weiss der Kursveranstalter nichts! Chaos bricht aus - 
natuerlich auf dem Ruecken der Betroffenen. Und als letztes Mittel der 
Disziplinierung wird die uebliche Drohung ausgesprochen: Sperre des 
Arbeitslosengeldes.
(Initiativgruppe Arbeitslosigkeit, newsletter 2006/2 / gek.)
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Anmerkung der Redaktion: Zu diesem Thema entschied der VwGH seit Anfang der 
90er Jahre bereits mehrere Dutzend mal im Sinne des Beschwerdefuehrer und 
die Urteile lauten immer aehnlich. Was aber nichts am Verhalten des AMS 
aendert.
Siehe auch:
VwGH Erkenntnis 7.September 2005 2002/08/0229
VwGH Erkenntnis 26.Jaenner 2000 98/08/0306
VwGH Erkenntnis 21.Dezember 1993 93/08/0215 u.v.a
Zu finden unter: http://www.ris.bka.gv.at/vwgh/
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