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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. Februar 2006; 20:56
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Arbeit/Minderheiten/Recht:
> Spaete Erkenntnis
Das AK-Wahlrecht wird minderheitenfreundlicher
Irgendwann ist Schluss. Irgendwann muss man sogar in Oesterreich Urteile von
ausserordentlichen Gerichten akzeptieren, wenn diese in Fragen der
Minderheitenrechte klare Aussagen treffen. Bei den Ortstafeln in Kaernten
und dem VfGH wird es sich wohl noch etwas hinziehen, aber im Falle des
passiven Wahlrechts bei AK- und Betriebsratswahlen hat sich der EuGH
letztendlich durchgesetzt. Es war ein harter Kampf: 1999 focht die
Vorarlberger AK-Liste 'Gemeinsam -- Alternative und Gruene
GewerkschafterInnen' die Arbeiterkammerwahl wegen Streichung von
KandidatInnen nichtoesterreichischer (in diesem Fall tuerkischer)
Staatsbuergerschaft vor dem VfGH an. Dieser wandte sich an den EuGH. Denn
nach EU-Recht muessten tuerkische Staatsangehoerige eigentlich auch waehlbar
sein -- schliesslich handelt es sich bei der Tuerkei um einen der EU
assozierten Staat.
In Oesterreich reagierte man auf die Anfechtung auf die sparsamst moegliche
Weise und die damalige Sozialministerin "empfahl" den AK-Wahlkommissionen in
den Laendern doch bitte die Streichungen von Kandidatinnen und Kandidaten
aus EU-assozierten und AKP-Staaten in Zukunft zu unterlassen. Das im Gesetz
auch weiterhin was anderes stand, juckte dabei anscheinend kaum jemand.
Der Europaeische Gerichtshof sah das Gesetz 2003 als diskrimierend an -- und
hob den Ausschluss von der Waehlbarkeit auf. Der oesterreichische
Verfassungsgerichtshof sistierte in der Folge das Ergebnis der Vorarlberger
AK-Wahl 2003. Aber die AK-Wahl stand sowieso neu an und auch sonst aenderte
sich nicht viel.
Es folgten jedoch weitere Klagen -- zuletzt klagte das "Buendnis Demokratie
fuer Alle" (BDFA) 2004 beim VfGH, denn ihr Spitzenkandidat in Wien war Serbe
und wurde von der Wahlkommission gestrichen. Dessen Herkunftsland steht
nunmal nicht auf dieser Liste von ueber 100 Staaten, die das Ministerium
zulassen wollte. Bei richtiger Lesart des EuGH-Urteils waere aber klar
geworden, dass auch Leute von anderswo das Recht haben, sich um Mandate in
AK und Betriebsrat zu bemuehen. Naja und ausserdem ist es zwar sehr
oesterreichisch, aber auch nicht ganz rechtskonform, wenn man ein
rechtswidriges Gesetz dadurch versucht, unwirksam zu machen, in dem man
Empfehlungen ausschickt, es zu missachten.
Jetzt ist man einem etwaigen weiteren Spruch des VfGH zuvorgekommen. Bevor
dieser entscheiden konnte, war die Gesetzesaenderung beschlussreif. So
mussten die Regierungsparteien (widerwillig) und die Sozialdemokraten
(halbherzig) einsehen, dass es so nicht mehr weitergeht, und alle vier
Fraktionen stimmten fuer die Gesetzesaenderung. Man hat sich zwar bis zur
Gesetzwerdung noch ein bisserl herumgedrueckt, aber jetzt ist es soweit: Im
Jaenner 2006 beschloss der Nationalrat Aenderungen des
Arbeiterkammergesetzes und des Arbeitsverfassungsgesetzes und damit koennen
nun MigrantInnen aus allen Laendern zum Betriebsrat, zum Jugendvertrauensrat
und zur Arbeiterkammer gewaehlt werden. Ganz gleich sind die MigrantInnen
zwar nicht -- fuer sie gilt immer noch eine laengere Betriebszughoerigkeit
als Waehlbarkeitsbedingung, wie die Gruenen monierten -- aber so
einigermassen sind sie gleichgestellt.
Es bleibt nur sehr viel bitterer Nachgeschmack. Erstens ist zu bemaengeln,
dass man fuer diese Gesetzesaenderung erst zum EuGH pilgern musste. Wenn man
auf den politischen Willen angewiesen gewesen waere, haette man auf eine
solche buergerlich-demokratische Selbstverstaendlichkeit wohl noch viel
laenger warten muessen.
Und zweitens hat der VfGH doch noch entschieden. Gluecklicherweise zu spaet.
Denn laut BDFA haette der VfGH dem Beschwerdefuehrer folgendes beschieden:
Serben haetten kein passives Wahlrecht, weil, zum Unterschied von Algerien,
Marokko, Tunesien, etc.. kein politischer Wille vorhanden sei, Serbien auf
europaeische Standards heranzufuehren. -- Was das mit den
Arbeitnehmerrechten hierzulande zu tun haben soll, bleibt fraglich.
*Bernhard Redl*
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