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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 14. Februar 2006; 20:49
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SPOe/Glosse:

> Eiertanz auf dem Vulkan

Man kann es natuerlich auch positiv sehen: In der SPOe herrscht
Meinungsvielfalt. Bundespartei, EU-Parlamentsklub sowie
Gewerkschaftsfraktionen entwickeln ein eigenstaendiges Profil, so wie wir
das immer gefordert haben. Man kann es aber auch anders sehen und schweren
Herzens Willi Molterer recht geben, wenn er sagt: "Da kenne sich noch einer
aus bei der Haltung der SPOe!"

Ja, erraten, es geht um die Dienstleistungsrichtlinie. Nach den
Kompromissverhandlungen im Europaparlament ist zwar das beruechtigte
"Herkunftslandprinzip" dem Wort nach gestrichen worden, dafuer steht aber
laut Kritikern nirgendwo, dass es nicht gilt und aus den Andeutungen koenne
man herauslesen, dass es vielleicht doch gilt. Genausowenig wird dort
definiert, wie die Kontrolle der Arbeitsbedingungen grenzueberschreitender
Dienstleistungen stattfinden kann, soll oder darf -- ein Gummiparagraph
also, der seinen nationalgesetzlichen Niederschlag wohl in recht
unterschiedlicher Weise finden wird.

Wie steht also die SPOe zu dem Thema? Nun, die sozialdemokratisch
dominierten Gewerkschaften GPA, GdE und GdG mobilisieren zur Demo gegen die
Bolkestein-Richtlinie -- zumindest in dieser Form.

Der SPOe-Klub im Europaparlament hingegen ist fuer diese Richtlinie -- wieso
dieses? Nun: Wenn Sozialdemokraten in einer Koalition sind, sind sie
lammfromm und in Bruessel gibt es eine de facto-schwarzrote Koalition.
Schwarz und Rosarot packeln sich sehr haeufig was ganz nach
oesterreichischem Vorbild aus und beschliessen mit ihrer satten
3/5-Mehrheit -- egal, was andere Fraktionen darueber denken moegen. Und da
oesterreichische Sozialdemokraten auch unter anderen Sozialdemokraten immer
die Bravsten waren, stimmen sie natuerlich mit ihrer Euro-Fraktion.

Jetzt ist das ja irgendwie schon verstaendlich, haette doch eine radikale
Ablehnung der Richtlinie vielleicht eine andere Mehrheit zustandekommen
lassen und das EP haette moeglicherweise einen Beschluss inklusive
Herkunftslandprinzip beschlossen. Man kann auch weniger nett sein und sagen,
Sozialdemokraten reden lieber mit den Schwarzen als mit den Abgeordneten
links von ihnen... aber seien wir ausnahmsweise mal nett und unterstellen
wir das nicht -- denn eine Radikalopposition waere wahrscheinlich wirklich
in der Minderheit geblieben.

Bleiben der SPOe-Nationalratsklub und die Bundespartei -- und die lavieren
hin und her. Sucht man Stellungnahmen von NR-Abgeordneten zu diesem Thema,
findet man hauptsaechlich Stellungnahmen, die vor dem grossen Kompromiss
abgegeben worden sind. Seither herscht weitgehend Schweigen -- nur Fritz
Verzetnitsch meldet sich hoerbar zu Wort. Allerdings auch nur in aller
gebotenen Schwammigkeit: "Auch nach dem Kompromiss in der Arbeitsgruppe der
beiden grossen Fraktionen im EU-Parlament besteht ueberhaupt kein Anlass, in
Jubel auszubrechen. Es bleibt bei der Dienstleistungsrichtlinie vieles
offen. Die Demonstration der europaeischen GewerkschafterInnen ist daher
notwendig." Was das genau heisst, moegen Berufenere interpretieren. Ich
hoere da folgendes heraus: ´Ich bin Gewerkschaftsboss und SPOe-Abgeordneter,
also muss ich mich zu Wort melden. Aber ich bin eben Gewerkschaftsboss UND
SPOe-Abgeordneter, als fragt mich bitte nicht, ob ich fuer den Kompromiss
bin oder dagegen. Ich sag nicht ja und nicht nein, weil sonst koennte ja
nachher jemand kommen und sagen, ich haette ja oder nein gesagt.´

Die Sozialdemokratie will niemanden weh tun. Das Schoene daran aber ist,
dass sie sich mittlerweile auch daran orientieren muss, dass sie niemandem
in der eigenen Partei weh tut -- denn Gewerkschafter und staatstragende
Politiker entfremden sich langsam aber stetig. Nach all den Wickeln bei der
Bahn und der Post, den Privatisierungstendenzen in SP-Gemeinden, der
EU-Euphorie und den ewigen Stillhalteparolen aus Zeiten der grossen
Koalition fragt sich die Gewerkschaftsbasis langsam, wozu denn das alles gut
war, wenn ihre eigene Situation trotz aller Bravheit sukzessive schlechter
wird.

Es geht ein Riss durch die Partei. Mittlerweile ist es noch ein Haarriss,
aber der kann sehr schnell breiter werden, wenn die Arbeitslosenrate weiter
steigt, die Arbeitsbedingungen fuer die Noch-Beschaeftigten noch schlechter
und die Maschen des sozialen Netzes immer weiter werden.

In Deutschland hat es mit einem grossen Knall die Partei zerrissen -- auch
wenn die SPD es nicht wahrhaben will: Die Linke-Fraktion im deutschen
Bundestag ist die Rechnung fuer die eigene politische Feigheit.

Die SPOe tanzt weiter ihren Eiertanz auf dem Vulkan, der unter ihr brodelt,
kuemmert sich aber nur um die Eier, die sie nicht beschaedigen moechte,
nicht jedoch um den Riss unter ihren Fuessen. Noch heisst es: ´Was fuer ein
Riss? Ach der, das ist doch harmlos, das kann man zugipsen!´

Spaetestens nach der naechsten Wahl, wenn die SPOe wohl wieder in eine
Koalition mit der OeVP zurueckkehren wird, wird sich der Spalt weiter
oeffnen.
*Bernhard Redl*


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