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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 31. Jaenner 2006; 17:29
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Deutschland/Irak/Geheimdienst:

> Im Jahr der Fussballweltmeisterschaft

«BND-Affaere» und Menschenrechte in Zeiten des «Kriegs gegen den
Terrorismus».

«Wenn es stimmt, was die zustaendigen Stellen ueber die beiden Agenten in
Irak berichten - und es klingt auch plausibel -, dann gibt es keine
BND-Irak-Affaere, sondern nur einen neuen Versuch der CIA, das Nein
Schroeders zu diskreditieren und, wie der Aussenminister sagte, die
Geschichte umzuschreiben.» Auch bei den Zeilen Erhard Epplers, Mitglied des
Bundesvorstandes der deutschen Sozialdemokraten und Vorsitzender der
SPD-Grundwertekommission, schwang zum Wochenende noch ein Rest Zweifel mit:
Was hat der deutsche Auslandsgeheimdienst BND 2003 im Irak tatsaechlich
getrieben? Hatten zwei BND-Mitarbeiter 2003 fuer die USA Bombenziele im Irak
ausgekundschaftet? Schliesslich haben zuvor schon die Berichte ueber
Geistergefaengnisse des US-Geheimdienstes CIA in Europa und die
Verschleppung Terrorverdaechtiger zu Folterzwecken ins Ausland in der
Oeffentlichkeit Verunsicherung ausgeloest.

Mit Spannung war zu diesem Thema am Freitag die Vernehmung der beiden
BND-Mitarbeiter vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags
erwartet worden. Medien hatten zuvor berichtet, die fruehere rot-gruene
Regierung habe unter der Hand die US-Regierung im Krieg gegen das Regime
Saddam Husseins unterstuetzt. Der BND sei mitverantwortlich fuer die
Bombardierung eines Restaurants im Bagdader Stadtteil Mansur, bei der am 7.
April 2003 zwoelf Menschen starben. Nach der Anhoerung der zwei Agenten im
Parlamentarischen Kontrollgremium gab der Vorsitzende, Norbert Roettgen von
der CDU, Entwarnung: Die zwei haetten «glaubhaft» bekundet, dass der BND die
US-Truppen im Irak in keiner Weise bei Angriffen unterstuetzt hatte. Er
sprach ausdruecklich «im Namen aller Parlamentarier» - im Kontrollgremium
sitzen auch VertreterInnen der oppositionellen FDP, der Linkspartei und der
Gruenen. Die in den Medien aufgebrachten Vorwuerfe an den BND stuetzten sich
hingegen auf zweifelhafte und anonyme US-Quellen.

Von den Oppositionsparteien befinden sich die Gruenen, die Partei der
Menschen- und Buergerrechte, in einer besonderen Zwickmuehle. Sie muessen
zwar an einer Aufklaerung der Vorwuerfe interessiert sein, wollen jedoch
verhindern, dass sich die FDP und die Linkspartei dabei profilieren koennen.
Deren Ziel sei es, so Gruenen-Fraktionsvorsitzender Fritz Kuhn, eine
Schmutzkampagne gegen die fruehere rot-gruene Aussenpolitik und den jetzigen
SPD-Aussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu inszenieren. Zunaechst
hatte dies jedoch anders geklungen. Joschka Fischer, der fruehere
Aussenminister, stimmte in der Gruenen-Fraktion als Einziger gegen einen
Untersuchungsausschuss zur angeblichen BND-Affaere. Die zweite
Gruenen-Fraktionsvorsitzende Renate Kuenast griff ihn darauf im
Nachrichtenmagazin «Spiegel» scharf an: «Ich gehe davon aus, dass Joschka
Fischer im Laufe der Legislaturperiode sein Mandat niederlegen wird. Damit
wuerde er auch seinen schoenen Satz, er tausche Freiheit fuer Macht ein,
endgueltig mit Leben erfuellen.» Inzwischen ist auch sie gegen einen
Untersuchungsausschuss.

Dabei gaebe es einiges, was im Zuge des «Kriegs gegen den Terrorismus» der
Aufklaerung harrt. Die «BND-Affaere» mag auf einem intriganten Nachtreten
gegen Rot-Gruen fussen. Doch die rechtsstaatlichen Verfehlungen sind keine
Erfindung profilierungssuechtiger Medien und PolitikerInnen. Deutsche Beamte
waren bei Verhoeren in Guantánamo oder in Syrien zugegen. Deutsche
Staatsbuerger wie Khaled el-Masri wurden vom CIA gekidnappt und blieben
eineinhalb Jahre verschwunden. Der Sonderermittler des Europarates, der
Schweizer Staenderat Dick Marty, spricht von 150 illegalen Verschleppungen
quer durch ganz Europa. Aufklaerungswille bei den europaeischen Staaten?
Fehlanzeige.

Auch die rot-gruene Bundesregierung erwies sich bei
Menschenrechtsverletzungen im «Krieg gegen den Terrorismus» als
Leisetreterin. Und die jetzige rot-schwarze Regierung koennte noch weiter
gehen: So will der Bundesinnenminister Wolfgang Schaeuble (CDU) auch unter
Folter im Ausland erpresste «Informationen» fuer Verfahren in Deutschland
nutzen. Der CDU-Fraktionschef Volker Kauder verbat sich zudem «im Jahr der
Fussballweltmeisterschaft» gleich jede Debatte ueber das Wirken deutscher
Geheim- und Sicherheitsdienste.

Allerdings scheint es ratsam, nicht hinter allem und jedem eine politische
Verschwoerung allmaechtiger Dienste zu wittern. Nicht jede Unterredung
Fischers mit BND-Mitarbeitern in Jordanien reicht an das Drehbuch eines
James-Bond-Films heran. Oder mit den Worten Erhard Epplers ausgedrueckt:
«Wozu unterhaelt ein Staat seinen Geheimdienst? Damit die Regierung, wenn
sie entscheiden muss, mehr weiss, als in den Zeitungen steht. Ob dies dann
wirklich so viel mehr ist, mag man bezweifeln. Willy Brandt hat einmal in
kleiner Runde gespottet, er erwaege, den BND durch ein Abonnement von ‹Le
Monde› und ‹Neuer Zuercher Zeitung› zu ersetzen.»
(Andreas Fanizadeh, WOZ 26.01.2006)

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