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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. Jaenner 2006; 15:14
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Medien/Glosse:

> Oesterreichische Glotze: Zum Vergessen

Hat unser ehrenwerter und vor allem christlich-sozialer Bundeskanzler
eigentlich ein Verhaeltnis? Eventuell sogar mit der Frau Lindner vom ORF?
Nur so waere es naemlich halbwegs zu erklaeren, dass im Oesterreichischen
Rundfunk weder politische Kritik noch einigermassen griffige Interviews
stattfinden. Also gut, Wolfgang Schuessel ist der Frau Schuessel natuerlich
nach wie vor treu, aber wie laesst sich die politische Apathie der
heimischen Nachrichtensendungen sonst erklaeren? Ich geniesse derzeit das
Vergnuegen, mehrere und vor allem deutsche Kanaele nach Nachrichten oder
politischen Talk-Shows durchzustoebern. Dabei offenbaren sich eklatante
Unterschiede zwischen 'unseren' Uebertragungen und denen der Nachbarlaender.
Was ist da im oesterreichischen Rundfunk los? Da gibt's z.B. ein ziemlich
spannendes neues Gesetz -- spannend deshalb, weil damit vielleicht gleich
mehr als die Haelfte des Landes betroffen wird -- eine ganze Reportercrew
marschiert los, um Schuessel oder irgendeinen seiner MinisterInnen
interviewen zu duerfen. Die 'Befragten' beten dann die OeVP-Meinungen
runter, die Interviewer bedanken sich nach einigen artigen Fragen fuer die
allerhoechsten Auskuenfte -- und das Ding geht nach einigen Ueberpruefungen
auf Sendung. Sollte doch was Unartiges dabei gewesen sein, ist noch immer
Zeit genug, die Sendung auf oesterreichisch zu zensurieren. Sprich: der
unbotmaessige Interviewer braucht gar nicht glauben, dass er bei seiner
Hohheit, dem Interviewten, noch einmal auftauchen kann.

Was ist es, warum politische Interviews hierzulande auf derart schleimiger
Basis funktionieren? Es ist der perfekt abgestimmte systemische Charakter,
der das ganze Land durchzieht. Da agieren die politischen Fuersten, die
keinesfalls durch Widerreden belaestigt werden duerfen, dort die Interpreten
und Multiplikatoren der hohheitlichen Meinungen -- irgndwo ganz unten ein
desinteressiertes Volk, das seine Meinung hoechstens im Stammbeisel oder zu
Hause zum Schlechten gibt. Beispiele gefaellig? BK Schuessel aeussert sich
sinngemaess vor und waehrend des Ratsvorsitzes ueber die EU: 'Alles lauft
doch blendend, unsere Wirtschaftsdaten sind hervorragend, niemand wird
ausgelagert und wenn, geschieht dies nur zum Besten Oesterreichs. Keiner
braucht sich irgendwelche Sorgen machen, die Republik bekommt viel mehr
zurueck, als sie an Bruessel ueberweist. Die OeVP und vor allem ich werden
schon darauf schauen, dass alle Aenderungen im Interesse des Volkes
liegen -- und so weiter... Dass die Gewerkschaften, die Arbeiterkammern
sowie die Oppositionsparteien das Verscherbeln der letzten Reste des noch
verbliebenen staatlich geregelten Eigentums anprangern, erscheint dann tags
darauf maximal in einem winzigen Kommentar unter dem Thema:
'Parteireaktionen der SPOe'. Fallweise darf Van der Bellen kurz seinen
Missmut ueber die letzten Beschluesse vorschweigen, das war's dann schon.
Die KP kommt nur mehr im deutschen Kanal NDR der 'Neuen Laender' vor, wo die
Bevoelkerung jeden Abend Nostalgie erleben duerfen: Der Anblick des
'Genossen Hauptkommissar' in einer Serie von 1970 oder so ersetzt zumindest
bruchstueckhaft die verlorene Vergangenheit.

Waehrenddessen duerfen sich in Oesterreich alle, die weder Kabel noch
Satellitenschuessel besitzen, US-Streifen der billigsten Sorte angucken. Es
ist wahrlich ein Phaenomen, dass Hollywood fast nur Schrott produziert, der
dann Frau Lindner dem werten Publikum zielgenau in der 'Prime-Time' auf FS1
serviert. Da offensichtlich keine Gesetze gegen staendige Volksverbloedung
existieren, kann nur vermutet werden, dass diese FilmUNkultur der werten
Generalintendantin selbst gefaellt -- oder noch schlimmer und glaubhafter:
sie wird bewusst als Mittel eingesetzt, um das Denkvermoegen sukzessive
soweit zu verschleieren, dass Kritik nicht nur an diesen Inhalten ueberhaupt
keinen Platz mehr findet. Wie ich mich selbst ueberzeugen konnte, trifft
uebrigens auch der Vergleich mit den anderen oeffentlich-rechtlichen Sendern
im deutschsprachigen Raum nicht zu, dass naemlich auch die anderen Schrott
bringen wuerden -- und der ORF aus Konkurrenzgruenden zu dieser Art der
Publikumsberieselung gezwungen sei.

Aber kehren wir kurz wieder zur systemischen Grundlage in Oesterreich
zurueck: Selbst bei uns kann niemand staendig verbloedet werden, der dies
auf keinen Fall wuenscht. Die Parameter fuer das Absinken des Niveaus
muessen beide Teile erfuellen: die Sendenden und die Empfaenger. Nur ein
kleiner, aber feiner Unterschied besteht zwischen diesen beiden. Der Herr
Maier aus dem 20. oder 10. Bezirk hat keinesfalls eine
Verpflichtungserklaerung fuer einen oeffentlichen Bildungsauftrag
unterschrieben -- die leitende ORF-Riege sehr wohl.
*Fritz Pletzl*

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