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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 10. Jaenner 2006; 18:14
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Schoener Wohnen/Kommentar:
> Der privatisierte Postkasten
Neoliberale Umstrukturierung auf Kosten der Allgemeinheit
Am 5. Jaenner 2006 erschien im Kurier der Artikel: "Verfassungsrichter 
schauen ins Briefkasterl". Lt. Kurier wehren sich die Hausbesitzer gegen den 
Austausch der Postkaesten auf eigene Kosten und rufen 
denVerfassungsgerichtshof an.
Zu diesem Thema hat die KPOe schon mehrere Presseaussendungen gemacht, sie 
fordert, dass die Kosten der Umstellung diejenigen zu tragen haben, die 
davon profitieren wollen, also die Werbeindustrie und die privaten, meist 
internationalen Zustell- bzw. Postdienste. Wir wehren uns gegen die von der 
EU verordnete/erzwungene Liberalisierung/Privatisierung der Postdienste, 
denn deren Folgen sind: Qualitaets- und Leistungsminderung, Personalabbau, 
Sicherheitsrisiken, Einschraenkung der oeffentlichen Versorgung und das 
alles bei staendig steigenden Preisen. Unter dem Deckmantel angeblich 
besserer und preisguenstigerer Versorgung sollen privatkapitalistische 
Profitinteressen ruecksichtslos durchgesetzt werden..
Wer soll die Kosten der Umstellung bezahlen?
Die Anrufung des Verfassungsgerichtshof hat allein zum Ziel, die Kosten der 
Umstellung direkt (wahrscheinlich ueber die Betriebskosten oder gleich durch 
eine einmalige Belastung auf den Mietzinsvorschreibungen) den MieterInnen 
aufbrummen zu koennen. Es stimmt nun mal nicht, wie der Kurier unterstellt, 
dass die HauseigentuemerInnen von Mietzinshaeusern diese Umstellung tragen. 
Sie wird zur Gaenze ueber die Minderung der Mietzinsreserve den MieterInnen 
angelastet, was nichts anderes heisst, als dass weniger Geld fuer 
Sanierungsvorhaben vorhanden ist und Mietzinserhoehungen im Gefolge solcher 
Massnahmen entsprechend hoeher ausfallen. Wenn natuerlich - wie ueblich - 
die Mietzinsreserve, die eigentlich zumindest nominell auf 10 Jahre 
vorhanden sein muesste, bereits in privaten Taschen verschwunden ist, so hat 
das jetzige Agieren der Immobilienbranche einen wahren, zutiefst 
reaktionaeren Kern: das Geld der MieterInnen ist bereits zweckentfremdet 
ausgegeben worden und so muesste die Umstellung der Briefkaesten zunaechst - 
und wenn es auch nur fuer ein Jahr waere - aus Eigenem getragen werden. Es 
geht also nicht einmal darum, dass die HausbesitzerInnen letztlich die 
Kosten ohnehin nicht tragen muessen, sondern darum, dass sie fuer diese 
Kosten nicht in Vorlage treten wollen.
Aber zurueck zu den Falschmeldungen des Kuriers: " Der Oesterreichische 
Haus- und Grundbesitzerbund argumentiert, dass in Miethaeusern die Kosten 
dafuer anteilig von den Mietern zu bezahlen seien, weil sie ja auch die 
eigentlichen Komsumenten der postalischen Dienstleistungen seien." Hat der 
Kurier sich der Aufgabe unterzogen die MieterInnen zu befragen, ob sie 
unbedingt neue Briefkaesten brauchen? Ob sie die Privatisierung und damit 
eine weitere rigorose Leistungsverschlechterung der Post wollen und vor 
allem, ob sie dem indirekt unterstellten Bedarf an noch mehr Werbematerial 
unbedingt wuenschen? Hat unser Kurier-Berichteschreiber die Betroffenen 
gefragt, ob sie dafuer auch noch bezahlen wollen, dass immer mehr private 
Postdienste jetzt Zugang zu den Haeusern und Briefkaesten haben werden, dass 
in den Haeusern als Folge davon ein staendiges Kommen und Gehen von mehr und 
mehr wildfremden Menschen an der Tagesordnung sein wird? Man kann jetzt 
schon prophezeien, dass auf Grund der schlechten Bezahlung, Fachfremdheit 
und Ausbeutung der privaten Bediensteten eine Menge Poststuecke ihre 
Adressaten nicht erreichen werden und dass auch kriminelle Delikte in den 
Haeusern zunehmen werden und das nicht nur deshalb, weil faktisch jeder 
Mensch Zugriff- bzw. Eingriffsmoeglichkeit zu den Briefkaesten haben wird.
Weiter zum Kurier-Artikel: "Notwendig geworden ist der Austausch der 
Brieffaecher, zu denen derzeit ausschliesslich die Post Zugang hat, durch 
die geplante voellige Liberalisierung des Postmarktes." Notwendig geworden? 
Handelt es sich dabei um ein Naturgesetz? Nur weil die Bruessler 
Kapitallobbies und die mit ihnen engstens verbundene oesterreichische 
Regierungskoalition den Hals nicht schnell genug voll kriegen koennen, ist 
etwas "notwendig geworden"? Ein Beweis fuer die Kollaboration dieser 
Regierung mit Bruessel ist die Tatsache, dass gerade jener Minister, der 
ohnehin schon zu 75% im Lager der Privatindustrie steht die Exekutierung der 
Bruessler Direktive um drei Jahre vorgezogen hat.
Nicht bezahlen, beeinspruchen!
Die geschilderte Vorgangsweise von EU, Regierung und Immobilienwirtschaft 
ist derart frech und einseitig die MieterInnen zum Nutzen anderer 
benachteiligend, dass sie eigentlich rechtsstaatlichen Kriterien nicht 
entsprechen kann. Mein Vorschlag an die MieterInnen ist daher folgender (vor 
allem, solange es keine eindeutige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes 
gibt):
Sobald in den Hauptmietzins- oder in den Betriebskostenabrechnungen oder 
auch bei den Mietzinsvorschreibungen Kosten fuer die Umruestung der 
Briefkaesten auftauchen, soll dieser Posten sofort bei der 
Schlichtungsstelle (am Besten mit Hilfe einer MieterInnen-Organisation) 
beeinsprucht werden. Es stellt sich auch die Frage, ob nicht auch die 
Arbeiterkammer hier einen Musterprozess fuehren kann mit dem Ziel, dass 
diese Kosten von den Verursachern und nicht von den MieterInnen, 
WohnungseigentuemerInnen, sowie den selbstnutzenden EinzelhausbesitzerInnen 
getragen werden muessen. Die KPOe und ihr Mieterselbsthilfezentrum (MSZ) 
werden jedenfalls jede diesbezuegliche Initiative nach Kraeften 
unterstuetzen.
*Josef Iraschko (gek.)*
MieterInnenberater des MSZ und KPOe-Bezirksrat im 2. Wiener Bezirk
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