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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 10. Jaenner 2006; 18:29
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Moderne Zeiten/Frankreich:
> Kampf um die virtuelle Freiheit
Seltsames geschieht. Mitte Dezember geisterte ein Horrorbericht durch die 
Netzgazetten. Die franzoesische Regierung wolle das Urheberrecht 
verschaerfen (sprich: den Internet-Tauschboersen endgueltig den Garaus 
bereiten) und auch Open Source-Software generell verbieten lassen. Bald 
stellte sich heraus, dass es nur um Software geht, mit der man 
Kopierschutz-Vorrichtungen umgehen, Lauschangriffe abblocken oder sonstwie 
die Interessen der maechtigen IP-(Intellectual Property-)Lobby 
beeintraechtigen kann.
Dennoch waere ein solches Gesetz ein wichtiger Sieg fuer diese Lobby gewesen 
und ein gewaltiger Schlag gegen freie Software gewesen -- von der 
potentiellen Kriminalisierung von Millionen Internet-Benutzern mal ganz 
abgesehen.
Und ploetzlich, in weihnachtlicher Stimmung, war alles ganz anders. Denn zur 
Abstimmung im franzoesischen Unterhaus schwebte wohl ein Engel durch den 
fast voellig leeren Saal und gab den wenigen verbliebenen Abgeordneten eine 
Eingebung. So lehnten die 58 von insgesamt 577 Mandatare in der letzten 
Sitzung vor Weihnachten den Entwurf nicht nur ab, sondern drehten ihn 
voellig um. Statt Filesharing mit bis zu 300.000 Euro Geldstrafe oder sogar 
bis zu 3 Jahren Haft zu bedrohen, stimmten sie fuer eine voellige Freigabe 
des Filesharings und stattdessen fuer eine Besteuerung von Internetzugaengen 
und Datentraeger-Rohlingen, deren Erloes der Unterhaltungsindustrie zu gute 
kaemen.
Nun kann man das als parlamentarische Panne ansehen. Auch hat noch nicht der 
Senat diesem Gesetz zugestimmt. Kultusminister Renaud Donnedieu de Vabres 
will daher diesen Patzer nach der am 17.Jaenner endenden Weihnachtspause 
wiedergutmachen. Nur: Die Gesetzesinitiative ging nicht von der Opposition, 
sondern von einem Mandatar der Regierungspartei UMP aus -- und die 22 
anwesenden UMP-Abgeordneten stimmten dafuer.
Damit gibt es momentan eine Pattsituation. Hinter den Kulissen werden sicher 
Kultusminister und vor allem IP-Lobby alles tun um die 
Regierungsabgeordneten noch umzudrehen und die Filesharing-Freigabe 
abzuwenden -- ob ihnen das aber gelingt und gar ob sie die Regierungsvorlage 
doch noch durchbringen koennen, ist mehr als fraglich.
Die Entscheidung des Pariser Unterhauses ist aber auf alle Faelle ein 
Zeichen, dass sich langsam das Blatt in Sachen "Geistiges Eigentum" wenden 
koennte -- und das nicht nur in Fragen der Unterhaltungsindustrie... 
*Bernhard Redl*
Quellen:
http://www.bloomberg.com/apps/news?pid=10000085&sid=avOoTq8aXkU8&refer=europe
http://tinyurl.com/9jecv
http://www.heise.de/newsticker/meldung/67681
http://www.netzeitung.de/internet/374253.html
http://www.netzeitung.de/internet/371665.html
http://www.computerwelt.at/detailArticle.asp?a=100212&n=3
sowie quintessenz und Die Presse 3.1.06
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