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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Dezember 2005; 18:42
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Glosse:
> Die Stadt der toten Promis
Na, da hams in Graz jetzt den Scherm aufghabt mit ihrem 
Schwarzenegger-Stadion. Zum Glueck machte der Terminator seinem Namen alle 
Ehre und beendete die Wirren, in die sein Heimatland wegen seines Namens 
geraten ist. An dieser Misere sind allerdings die Stadtvaeter und -muetter 
selber schuld, weil sie unbedingt irgendwas nach einem Lebenden benennen 
mußten -- da kann man noch nicht so wirklich auf ein gesamtes Lebenswerk 
zurueckblicken.
In Wien sind die Prominenten ueblicherweise schon tot, wenn man was nach 
ihnen benennt. Dennoch: Warum muessen wir immer Strassen, Gassen, Plaetze 
oder eben Stadien nach irgendwelchen Promis benennen? Was soll dieser Kult?
Man koennte doch in Wien eine Strasse zum Beispiel nach Alfred Fuczik 
benennen -- einfach weil der in der Gasse gewohnt hat. Wer ist Alfred 
Fuczik? Niemand besonderer, keine Zelebritaet, die in Geschichtsbuechern 
oder Seitenblickensendungen vorkommt, sondern einfach nur ein Mensch, den 
keiner kennt. Oder ein Dragana Bregovic-Platz -- die kennt auch niemand, 
aber waer das nicht mal was: Verkehrsflaechen, die nach ganz normalen 
Menschen heissen? Das wuerde doch diesen ganzen Promikult ordentlich ins 
Wanken bringen!
Abgesehen davon zeugt manche Benennung schon von eigenartigen Wertungen, wo 
es vielleicht doch nicht so gut ist, diese so deutlich herauszustreichen. 
Lueger hat einen Platz und einen Ring, Freud aber immer noch keine Adresse. 
Karl Kraus muss sich mit einem Gasserl im hintersten Meidling begnuegen --  
gar nicht weit uebrigens von der Dr.Schoberstrasse entfernt, jenem 
Polizeipraesidenten und spaeteren Bundeskanzler, den Kraus so vehemment 
angegriffen hatte -- allerdings ist natuerlich die Schoberstrasse viel 
laenger und breiter als die Krausgasse.
Dazu kommen noch diese ewigen Missverstaende! Einige Antifas wollten einmal 
die Loehrgasse umbenennen, weil sie dachten, sie waere nach dem 
Wehrmachtsgeneral Alexander Loehr benannt -- dabei war es nur Moritz Loehr, 
der Architekt des alten Westbahnhofs...
Ueberhaupt sind diese Dinge peinlich! Man denke nur an die Bruno 
Kreisky-Gasse! Irgendwas musste man doch nach dem Sonnenkoenig benennen, was 
einigermassen prominent und im 1.Bezirk ist. Aber alles war schon besetzt, 
denn schliesslich haben wir viel zu viele tote Promis -- also kam man auf 
diese komische Restflaeche beim Ballhausplatz. Allerdings ist dort leider 
keine Adresse. Niemand wohnt oder arbeitet auf Bruno Kreisky-Gasse 1. Was 
auch wieder Vorteile hat, weil kein Anrainer seine Papiere deswegen aendern 
muss. Eine oesterreichische Loesung!
Aber muessen es ueberhaupt Menschen sein? Koennte man nicht diese ganzen 
Flaechen nach irgendwas anderes benennen -- nach oesterreichischen 
Kulturguetern und -werten beispielsweise. In Simmering gibt es einen 
Weinweg -- das waere doch ein verfolgbares Konzept. Aus dem 
Kaisermuehlenblues kennen wir wenigstens ein Schnitzlplatzl -- aber das ist 
nur ein Beisel und kein Platz. Was waere gegen eine Gugelhupfallee 
einzuwenden -- vielleicht passenderweise das Wegerl, das beim alten 
Narrenturm vorbeilaeuft? Oder: Auf dem ganzen Wiener Stadtplan finden wir 
keine Raunzergasse -- eigentlich eine Schande! Von einer 
Hacklinskreuzpromenade gar nicht zu reden! Oder wenn es schon irgendwas aus 
der Geschichte sein muss, das nicht mehr existiert, dann wuerde ich zum 
Beispiel einen Asylrechtsplatz vorschlagen.
Nein, wir machen lieber in Heldenkult, produzieren Missverstaendnisse und 
Peinlichkeiten am laufenden Band. Naja, aber auf mich hoert ja wie ueblich 
wieder keiner. Daher nur eine grosse Bitte an die Nachwelt: Sollte ich aus 
irgendwelchen Gruenden einmal prominent werden -- die Gefahr ist 
gluecklicherweise gering, aber man weiss ja nie -- benennt nix nach mir! 
Sowas gibt nur Scherereien.
*Bernhard Redl*
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Anmerkung: Wer in Wien wohnt und wissen will, nach wem seine Adresse benannt 
ist, kann sich unter folgender URL kundig machen:
http://www.wien.gv.at/strassenlexikon/internet/
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