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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. Dezember 2005; 19:19
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Spanien/Baskenland/Prozesse:
> Gericht uebernimmt Rolle der Anklage
Massenprozess gegen baskische Organisationen fortgesetzt. Rechte der 
Verteidigung beschnitten
Die Auseinandersetzungen im spanischen Massenprozess gegen baskische 
Organisationen haben sich verschaerft. In der zweiten Prozesswoche wurde mit 
jenem Teil des Verfahrens begonnen, das die Schliessung der Zeitung und des 
Radios Egin im Jahr 1998 betrifft. Die Schliessung war der Startschuss fuer 
das Verfahren unter dem Aktenzeichen 18/88, unter dem weitere baskische 
Organisationen und Parteien verboten wurden, die angeblich Teil der 
Untergrundorganisation ETA sind. In dem jetzigen Verfahrensabschnitt drohen 
den 56 Angeklagten zwischen zehn und 51 Jahre Haft.
Sieben Jahre Vorbereitung hatten nicht ausgereicht, um ein Chaos in dem 
Verfahren zu verhindern. Schon in der ersten Prozesswoche wurde dies 
deutlich: Akten wurden angeblich nicht gefunden, Asservatenlisten waren 
falsch, die Uebersetzungen aus der baskischen Sprache mangelhaft. Zudem 
nahmen die Richter am Nationalen Gerichtshof praktisch die Position der 
Anklage ein.
Auch in der zweiten Woche hat die Vorsitzende Richterin Angela Murillo alle 
Aeusserungen der Angeklagten zu den Vorwuerfen unterbunden. Sie schnitt 
ihnen das Wort waehrend der Vernehmung mitten im Satz ab. Das endete am 
Dienstag im Eklat. Der Saal wurde geraeumt, nachdem die Befragung von José 
Luis Elkoro abrupt abgebrochen worden war.
Elkoro, Fuehrungsmitglied der Zeitung Egin, hatte auf die Frage ueber seine 
Beziehungen zur ETA geantwortet, er sei weder Mitglied der ETA noch war ihr 
Egin untergeordnet. 1977 habe er allerdings Kontakte zur ETA gehabt: Mit 
Vertretern anderer Parteien habe er an Verhandlungen diverser bewaffneter 
Organisationen mit der spanischen Uebergangsregierung nach dem Tod von 
Diktator Franco teilgenommen. »Erzaehlen Sie uns nicht ihre 
Lebensgeschichte«, heischte ihn Murillo an und beendete die Befragung.
Abgelehnt wurde auch der Antrag der Verteidigung, jeweils nur die 
Angeklagten zu laden, ueber die gerade verhandelt wird. Dem Antrag hatte 
auch Staatsanwalt Enrique Molina zugestimmt. Auch weiterhin muessen damit 53 
Angeklagte und ihre Verteidiger mindestens acht Monate lang, die fuer das 
Verfahren veranschlagt sind, jeweils fuer drei Tage woechentlich 400 
Kilometer nach Madrid reisen, denn nur drei der Angeklagten sitzen wegen 
anderer Vorwuerfe in Haft.
Die Ablehnungsbegruendung kommt zudem einer Vorverurteilung gleich. Die 
These der Anklage von der »Unterstuetzung einer terroristischen 
Vereinigung« wird damit psychologisch unterstuetzt. Wegen der Vorgaenge 
stellte die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen die gesamte Kammer, 
der jedoch sogleich abgelehnt wurde.
Die Angeklagten haben die Bevoelkerung aufgefordert, gegen die Verfahren zu 
protestieren, in denen der »politische Hintergrund« ausgeblendet werden 
soll, und es keine »Gerechtigkeit fuer Basken gibt«. Im Baskenland 
protestierten daraufhin am Donnerstag Tausende in Staedten und Doerfern.
(Ralf Streck, junge Welt)
Quelle: http://www.jungewelt.de/2005/12-02/009.php
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