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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 22. November 2005; 19:34
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Buecher:

> Bausteine fuer einen neuen Marxismus

Helmut Dahmer (Herausgeber )
Leo Trotzki: Sozialismus oder Barbarei
Eine Auswahl aus seinen Schriften.
Promedia, Wien 2005. 175 Seiten.
12,90 Euro.

Helmut Dahmers Schriften-Auswahl zeigt die enorme Vielschichtigkeit des
theoretischen und praktischen Wirkens von Leo Trotzki (1879-1940; ermordet
durch einen Agenten Stalins im mexikanischen Exil). Die Auswahl der Texte
erfolgt entlang von drei Achsen: "Historische und politische Analysen",
"Faschismus und Stalinismus" sowie "Perspektiven des Sozialismus".

Der erste Abschnitt dokumentiert den scharfen Analytiker Trotzki, der
bereits in der Revolution 1905 erkannte, dass der Sturz des Zarismus eine
Entwicklung in Gang setzen werde, die nicht vor den buergerlichen
Eigentumsverhaeltnissen halt machen und somit die Revolution eine
"permanente" (Marx) sein werde. Er antizipierte damit theoretisch den
Verlauf der realen Ereignisse 1917.

Das zweite Kapitel erweist Trotzki als einen der herausragendsten
Faschismus-Theoretiker und gleichzeitig als revolutionaeren Praktiker, der
um eine Antwort von links auf die braune Flut ringt.

Waehrend die stalinisierte kommunistische Internationale, ebenso wie die
Sozialdemokratie, die "ArbeiterInneneinheitsfront" hintertrieb ( um spaeter
in einer 180 Grad-Kehre via "Volksfront" bei der "demokratischen"
Bourgeoisie anzudocken), war Trotzki bemueht, gangbare Vorschlaege zu
machen, um die politische Spaltung der ArbeiterInnenklasse aufzuheben und
den Vormarsch des Faschismus zu stoppen.

Der dritte Abschnitt beleuchet Trotzki als revolutionaeren Programmatiker,
der sich gegen die von Sozaldemokraten und Stalinisten praktizierte Trennung
von "Minimal-" und "Maximalprogramm" wendet. " Wenn die alten partiellen
"Minimal"-Forderungen der Massen mit den destruktiven und erniedrigenden
Tendenzen des verfallenden Kapitalismus in Konflikt geraten, schlaegt die
IV.Internationale ein System von UeBERGANGSFORDERUNGEN vor. Deren Sinn
besteht darin, dass sie immer offener und entschiedener gegen die Grundlagen
der buergerlichen Herrschaft selbst gerichet sind (S. 137).

Bei der Lektuere von "Kunst und Revolution" ( S.141 ff.) kann man/frau
ermessen wie differenziert Trotzki an Fragen der Kunst und Kultur
herangeht -- im Gegensatz zu den Verballhornungen des sogenannten
"sozialistischen Realismus".

Helmut Dahmers Einleitung zu den Texten macht aus Trotzki -- Marx sei
Dank! -- keinen Saeulenheiligen. Trotzki hat des oefteren theoretisch wie
praktisch kraeftig daneben gehauen, insbesondere in seiner "jakobinischen
Phase" 1918-1921/22 (S.16 ff.). Er hatte den Marxismus im Gefaengnis in
undogmatischer Form -- u.a. ueber Antonio Labriola -- kennengelernt. Sein
Denken und Handeln befluegelte der Musilsche "Moeglichkeitssinn". Politisch
war er vor allem "Prognostiker" und nicht "Prophet" ( S.10 ff. ). 1938
bereits warnte er: "Aber auch ohne Krieg ist es so gut wie sicher, dass die
naechste Welle der weltweiten Reaktion die PHYSISCHE AUSROTTUNG DER JUDEN
mit sich bringen wird"( S.124 ).

Wer Bausteine fuer einen Marxismus des 21. Jahrhunderts sucht -- nicht eine
kritiklose Eins-Zu-Eins-Uebernahme -- wird sie in den von -- Helmut Dahmer
hervorragend editierten -- Schriften Trotzkis finden.
*Hermann Dworczak (gek.)*


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