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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. November 2005; 18:26
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Saubere/Arbeit:
> Kontrolle der Kontrollore
Studie: Soziale Verantwortung in der Textilidustrie oft nur ein 
Lippenbekenntnis
Die Kontrolle der Einhaltung von Sozialstandards in der Textilindustrie 
versagt oftmals. Dies verdeutlicht die kuerzlich veroeffentlichte Studie 
"Looking for a quick fix" der Clean Clothes-Kampagne (CCK). Die Studie 
bezieht ihre Informationen von 670 ArbeiterInnen in 40 verschiedenen 
Fabriken in acht Laendern. Ergebnis der Untersuchung: die Kontrollen 
versagen vor allem darin, Verletzungen der Gewerkschaftsrechte, 
uebermaessige bzw. verpflichtende Ueberstunden sowie Misshandlungen und 
Diskriminierungen von ArbeiterInnen aufzudecken.
Die ArbeiterInnen und ihre Organisationen sind oft nur marginal in die 
Ueberpruefungsprozesse involviert. Dadurch wird verabsaeumt die Realitaet am 
Arbeitsplatz darzustellen. Zudem wird klar, dass die Kontrolleure es den 
Betrieben sehr leicht machen, positive Resultate zu erhalten, indem sie 
beispielsweise die Fabrikmanager schon im Vorhinein ueber die bevorstehende 
Kontrolle informieren.
Die Studie, welche auf Erhebungen in Bangladesch, China, Kenia, Indien, 
Indonesien, Marokko, Pakistan and Rumaenien basiert, haelt fest, dass 
Kontrollen der Sozialstandards oftmals lediglich kurz, oberflaechlich und 
nachlaessig durchgefuehrt werden. Nicht selten wuerden diese Ueberpruefungen 
von weltweiten Beratungsunternehmen ausgefuehrt, deren MitarbeiterInnen 
dafuer unzureichend ausgebildet sind. Nur selten folgten den Pruefungen 
tatsaechliche Verbesserungen am Arbeitsplatz. Den Ueberpruefungsagenturen 
selbst fehlt es an Transparenz, wodurch ernsthafte Diskussionen ueber ihre 
Firmenpolitik sowie Verbesserungen in ihren Methoden verhindert werden.
Die ArbeiterInnen werden im Rahmen der Kontrollen in Gegenwart des 
Managements interviewt und sind folglich aus Angst um ihre Arbeitsstelle 
nicht bereit, ueber die Probleme am Arbeitsplatz zu sprechen. Selbst 
ausserhalb der Fabrik erwies es sich auch fuer die Erhebenden der CCK-Studie 
als aeusserst schwierig, den ArbeiterInnen einen Bericht ueber die Probleme 
innerhalb ihrer Arbeitsstaette zu entlocken.
Die Realitaetsferne der Ueberpruefungen ist nicht unbedingt vorsaetzlich, 
sondern logische Konsequenz des Einsatzes kommerzieller europaeischer 
Agenturen. "Da alle PrueferInnen AuslaenderInnen sind, brauchen sie 
UebersetzerInnen. Manches Mal bringen sie ihre eigenen UebersetzerInnen mit, 
doch andere Male bitten sie eine Person aus dem Management, fuer sie zu 
uebersetzen", meinte eine Arbeiterin bei einem Unternehmen in Pakistan. 
"Sobald UeberprueferInnen in die Fabrik kommen, wird uns frei gegeben", 
erklaerte ein Arbeiter eines Konzerns in Indien, der fuer grosse 
europaeische Unternehmen wie Karstadt/Quelle produziert. Ausserdem sind die 
PrueferInnen staendig unter Zeitdruck.
Die CCK-Studie fand zudem heraus, dass besonders der nicht-spezialisierte 
Einzelhandelssektor (Supermaerkte, Kaufhaeuser und Diskontgeschaefte) und 
der Versandhaus-Sektor weniger strenge Modelle fuer die Umsetzung von 
Arbeitsverhaltenskodices entwickeln. Ihre Ansaetze scheinen groesstenteils 
minimalistisch zu sein: Sie tendieren dazu, so wenig Geld und Zeit wie 
moeglich zu investieren.
Die in der Studie erwaehnten Faelle sind lediglich Beispiele eines 
weltweiten Problems im System. Damit Verhaltenskodices und deren Kontrolle 
wirklich zu besseren Arbeitsbedingungen fuehren, muessen unabhaengige 
Kontrollen in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, NGOs und lokalen 
Organisationen durchgefuehrt werden. Einige Unternehmen haben das auch schon 
verstanden; viele muessen durch weiteren Druck der KonsumentInnen erst zu 
diesen Einsichten gebracht werden.
Derzeit gibt es zwei unabhaengige Ueberpruefungsinitiativen. Die 
Fairwear-Foundation (www.fairwear.nl) mit den Mitgliedern gsusindustries, 
Hess Natur und O'Neill sowie die Fair Labor Association (www.fairlabor.org) 
mit den Mitgliedern adidas-Salomon, Asics, Nike, Philips-Van Heusen (u.a. 
Calvin Klein), Puma und Reebok. (CCK/gek.)
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Zusammenfassung der Studie: 
http://www.oneworld.at/cck/05-quick_fix_summary.pdf
Gesamtstudie: http://www.oneworld.at/cck/05-quick_fix.pdf
Artikel der Financial Times: 
http://news.ft.com/cms/s/0dc3fd9c-4b45-11da-aadc-0000779e2340.html
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