**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Oktober 2005; 17:16
**********************************************************

Wiener (K)Wahlen:

Nach der KPOe und der AL19 haben auch einige andere wahlwerbenden
Gruppierungen auf unseren Aufruf reagiert, Linken zu erklären, warum sie
ausgerechnet bei ihren Listen ein Kreuz machen sollen. Wir reproduzieren
diese Selbstdarstellungen ohne jegliche Wertung:

*

Fuer die Kommunistische Initiative und andere
(BV Bezirke 2, 16 & 19):

> "Unsere Menschen"

"Unsere Menschen haben ein gutes Herz und eine grosse Seele. Sie lachen und
weinen und arbeiten. Sie singen Lieder und sind arm. Sie schweigen und sie
beten manchmal, dass alles anders wird. Und die Maechtigen in allen Laendern
der Erde wissen: Eines Tages wird das Beten aufhoeren. Und dann haben sie
ausgespielt."

Diese Saetze stehen in einem Buch, das der Wiener Buergermeister dieses Jahr
gratis unter das Volk bringen liess (J.M. Simmel: Das geheime Brot). Sie
haben mir sehr gefallen, denn nicht nur, dass ich mich als Handwerker zu
"unseren Menschen" zaehle, bin ich tagtaeglich unter meinesgleichen und bin
gewiss, dass es so kommen muss. Die "einfachen Menschen" sind nicht dumm,
zumindest nicht so dumm, fuer wie man sie verkaufen moechte. Die Tatsache,
dass die Armut in unserem sehr reichen Land waechst, kriegen sie schon mit.
Auch, dass die Antreiberei, das Schikanieren zunehmen, dass die Bourgois
wieder wer sind.

Aber "unsere Menschen" sind zugleich auch sehr muede. Der taegliche Kampf
ums Ueberleben dominiert fuer viele das Leben, fuer Wohnung, Strom, Gas und
Heizung geht schon ein Gutteil des Lohnes auf, weil alles teurer wird, nur
der Preis nicht, um den wir unsere Arbeitskraft verkaufen.

Es gibt auch feinfuehlige Intellektuelle, die das alles sehen. Peter Turrini
zum Beispiel ist so einer. In einer Rede in Salzburg hat er vor kurzem sehr
klar skizziert, wie die Verhaeltnisse sind in diesem Land. Er war nie einer,
der die Verhaeltnisse bloss dozentenhaft schildert, sondern die Menschen und
ihre Schicksale sieht. Oder Ernest Kaltenegger in Graz. Der zuhoert und
hilft. Der nicht in Seitenblicke ist und auch nicht in Szenebeisln, dafuer
aber an seinem Schreibtisch, wenn ihn wer braucht. Und solche
Intellektuellen und Politiker brauchen die Menschen, damit sie weiterkommen
koennen.

Was sie nicht brauchen, ist ein SPOe-Vorsitzender, der mit seinen
Weinkenntnissen prahlt. Oder einen KPOe-Vorsitzenden, der seine
stiftungsgepolsterte Arbeitslosigkeit vor sich hertraegt, wie eine Trophaee.
Denn weder kaufen sie Fuenfzig-Euro-Weine und essen in Haubenlokalen, noch
jetten sie als Arbeitslose in der Welt herum, fuehren reihenweise
kostspielige Prozesse und tragen Designerbrille und Massanzug.

Mit ein paar Dutzend Gleichgesinnten habe ich mich zu Beginn dieses Jahres
entschlossen, die Kommunistische Initiative (KI) zu gruenden. Unsere Absicht
war und ist es, dem Wort kommunistisch seine urspruengliche Bedeutung
zurueckzugeben, den Begriff von der Degeneration zu befreien, die damit
verbunden ist, dass blutleere Apparatschiks fernab der Wirklichkeit
"Kommunistische" Partei spielen. Wir haben es gewusst und wissen es, dass
wir uns damit nicht nur mit Baiers Partei anlegen, sondern mit einem Gutteil
des linken Establishment.

Wer, wie wir, eine Politik fuer "unsere Menschen" machen will, muss sich von
jenen Diskursen verabschieden, in denen es vorrangig um eigene
Befindlichkeiten geht. Politik wie wir sie verstehen ist kein
Selbsterfahrungs- und findungsseminar. Es geht beinhart um Interessen:
Arbeitende Menschen und die grosse Mehrheit des Volkes gegen das Kartell der
Macht aus Konzernen, Politik und Medien, hier in Oesterreich, in Europa und
weltweit. Wir haben Abschied genommen von der Vorstellung, als "his masters
loyal opposition" da und dort ein wenig mitplauschen zu duerfen im Rahmen
der Regeln, welche die Maechtigen vorgeben. Und trotzdem meinen wir, dass
noch so kleine Verbesserungen fuer unsere Menschen wichtig sind, wie
beispielsweise ein Ernst Kaltenegger sie anstrebt und da und dort auch
erreicht. Wir koennen nicht seine Erfahrung und sein langjaehriges
Engagement aufweisen.

Wir sehen aber die Moeglichkeit, auch in Wien zu beginnen. Klein zu
beginnen. Von unten. Deshalb engangieren sich Mitglieder der KI in
Betrieben, Gewerkschaften und Bewegungen, deshalb nehmen wir aber auch
entsprechend unseren Moeglichkeiten an Wahlen teil. Am 23. Oktober treten
drei Listen zu den Bezirksratswahlen an, in denen sich Mitglieder der KI
engagieren: Im 2. Bezirk die Gegenstimmen (1), im 16. Bezirk Ottakringer
Kommunisten - Kommunistische Initiative (2) und im 19. Bezirk die
Alternative19 (3). Wer sich die drei Listen ansieht, wird sehen, dass hier
durchaus drei sehr unterschiedliche Ansaetze vorhanden sind. Und das halten
wir fuer gut. Uns ging und geht es nicht darum, dass moeglichst oft KI wo
drauf steht, sondern dass durch konkrete Zusammenschluesse aktiver Leute vor
Ort etwas Neues entsteht, das eine Opposition von unten gegen das Kartell
der Macht sein oder werden kann. Das eine oder andere Bezirkratsmandat waere
natuerlich ein schoener Anfang, und es koennte ermoeglichen, dass auch in
Wien gezeigt wird, wie es anders und gegen den Strom geht.
*Otto Bruckner*

(1) http://www.gegenstimmen.at
(2)http://www.kommunisten.at
(3) http://www.alternative19.at
Eine Vorstellung der AL19 findet sich auch in akin 26/05


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin