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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Oktober 2005; 17:03
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(K)Wahlen/Prinzipielles/Glosse:

> Das Zorro-Prinzip

Wir haben einen neuen Volkstribunen!

Ach, war das eine Freude letzte Woche am steirischen Wahlabend: Willi
Molterers betruebtes Gesicht! Er sei "sehr besorgt", meinte er im ORF, dass
jetzt in einem oestereichischem Landtag Kommunisten saessen. Aber, lieber
Willi, genau solche Statements war schon vor diesem roten Sonntag keine gute
Idee -- mit Ernest Kaltenegger einen Teufel an die Wand zu malen, koennte
der OeVP im Wahlkampf unter Umstaenden und im Promillebereich zwar geholfen
haben, hat aber der KPOe nicht wirklich geschadet. "Da ist der Boese, der
koennte in den Landtag kommen und koennte sogar Einfluss ausueben!" ist noch
nie wirklich eine gute Strategie gewesen. Denn die Leute hoeren vor allem:
"... der koennte in den Landtag kommen und sogar Einfluss ausueben!" Und
weiter denken sie: "Die Regierungen in Land und Bund moegen ihn nicht!" Eine
bessere Wahlempfehlung fuer unentschlossene Regierungskritiker gibt es ja
gar nicht.

Sicher, Ernest Kaltenegger gilt vor allem als guter Mensch. Aber als guter
Mensch und Stadtrat und Sozialdemokrat haette er nicht diesen Erfolg
gehabt -- ein bisserl was Aggressives, Nichtetabliertes musste schon dabei
sein. Vielleicht hat er nicht trotz der Tatsache, dass er in der KPOe ist,
die Erfolge in Graz und jetzt in der Steiermark gehabt, sondern vielleicht
ist er gerade, weil er in der KPOe ist, so gut angekommen. Die KPOe ist eine
verfemte Partei und -- bei Marx! -- sie ist selbst nicht ganz unschuldig
daran! Aber gerade diese Verfemtheit brachte jetzt der KPOe auch einiges an
Sympathie: "Siehe, ein Mensch! -- und ein Mensch, der eine Ueberzeugung hat;
eine Ueberzeugung, die sagt: Gehe hin und tue Gutes! Und er ist in dieser
Partei, die alle Etablierten nicht wollen. Vielleicht hat das einen anderen
Grund, als wir bisher immer glaubten; vielleicht ist diese Partei gar nicht
boese!"

So hatten die Menschen ploetzlich wieder einen neuen Erloeser, der vom Berg
predigt und Gutes tut, und haben seine Apostel gleich mitgewaehlt. Und die
Medien waren happy -- endlich wieder mal was Neues in unserer so faden
Parteienlandschaft: Ernest Kaltenegger Superstar!

Das ist einmal eine neue Variante des Zorro-Prinzips: Nicht dieser
daemonenhafte Raecher der Enterbten á la Haider (verschrien als "Ziehvater
des Rechtsextemismus") oder die betulich-oekologischen Endzeitmahner ("die
drehen uns den Strom ab"), wie sie die Gruenen einst darstellten.
Kaltenegger gibt den ganz lieben Batman fuer Arme, bodenstaendig, am
taeglichen Alltagserleben der Menschen orientiert, empathisch und aus der
eigenen Tasche helfend. Nichtsdestotrotz ist es das selbe Prinzip: "Da ist
ein Neuer, der bringt diese Ordnung durcheinander, die die Herrschenden so
toll finden und wir halt nicht gar so! Und die Herrschenden warnen uns vor
ihm -- auf, unterstuetzt ihn!" Und es ist so billig, diese Zorros zu
unterstuetzen: Man schenkt ihnen einfach seine Wahlstimme, mit der man in
den letzten Jahren vor lauter Verzweiflung eh nimmer gewusst hat, an wen man
sie verschwenden soll.

Auch Zorros werden alt. Man sieht es den Gruenen und der FPOe an: Einst
Medienlieblinge -- im Guten wie im Boesen, Hauptsache in der
Oeffentlichkeit --, kommen sie jetzt nur mehr in den ueblichen
Inlandsspalten mit den ewig gleich faden Zitaten aus ihren Pressediensten
vor. Der Neuigkeitswert ist lange weg und auch selbst haben sie sich
verbraucht: die FPOe mit ihrem Einzug in die Regierung, wo sie den
mittlerweile schon fast bemitleidenswerten Juniorpartner der OeVP geben; und
die Gruenen, die im Bund auf Standby als Regierungspartner stehen oder
beispielsweise bei den Wiener Landtagswahlen derart mitreissend "Mut"
einfordern, dass einem das Gesicht einschlaeft und man sich fragt, ob es
sich bei dieser Forderung nicht um einen Versuch der Selbsthypnose handelt.
So unterschiedlich diese Parteien seien moegen: Die Luft ist draussen, der
frische Wind, den sie einst ihren Waehlern versprachen, ist weg.

Realiter haben sie natuerlich beide ein bisserl was erreicht: SPOe und OeVP
haben eine Menge gelernt -- Gutes wie Schlechtes. Von der FPOe zum Beispiel,
dass man schon auch ein bisserl rassistisch sein darf und es ganz okay ist
und Waehlerstimmen bringt, Menschen aus dem nicht so begueterten Ausland wie
Scheisse zu behandeln; von den Gruenen, dass man Umweltbedenken nicht ganz
ignorieren darf und zumindest so tun muss, als wuerde es einen
interessieren. Aber die Erloesungshoffnungen haben sie nicht erfuellt; ja,
sie haben nicht mal die Hoffnungen erfuellt, SPOeVP oder dem Kapital weh zu
tun.

Das lustige Zwiegespann FPOe-BZOe wird bald zur politischen Marginalie
werden, allerhoechstens noch gut als Manoevriermasse wie jene FPOe, die
damals Haider von Steger uebernahm. Viele Linke, als sie neulich Haider im
Fernsehen sahen, als er sich ueber die beiden Parteihaelften ausheulte und
davon sprach, vielleicht diese doch wiederzuvereinigen, werden sich gedacht
haben: "Vor dem haben wir uns mal gefuerchtet!?"

Die Gruenen waren auf Bundesebene noch nicht in der Umarmung von SPOe oder
OeVP, deswegen geht es ihnen vergleichsweise gut, doch die Ergebnisse in der
Steiermark und im Burgenland (wo sie in ihrem politischen Sektor nicht
einmal irgendeine Konkurrenz hatten!) zeigen auch nicht gerade eine
aufstrebende Bewegung. Spaetestens mit einer Beteiligung an einer
Bundesregierung werden sie wohl auch zu einer "Bitte, lasst uns auch
mitspielen!"-Partei, wie es FPOe und BZOe jetzt schon sind.

Und jetzt die steierische KPOe! Ob das steirische Phaenomen auch im uebrigen
Bundesgebiet Metastasen ausbilden wird, ist sowieso sehr fraglich. Aber
selbst wenn, wird es so gut wie nichts an den bestehenden Verhaeltnissen
aendern -- denn Parlamentsmehrheiten sind nichts gegen Aktienmehrheiten, und
eine Minderheitenbeteiligung an einer Parlamentsmehrheit ist weniger als
nichts. Und bevor Zorro ueberhaupt dazu kommt, seinen Degen zu ziehen und
den Maechtigen sein "Z" -- oder in diesem Fall ein "K" -- auf die Stirn zu
zeichnen, ist die Waffe laengst verrostet und stumpf.

Ehrlich, ich hab mich wirklich gefreut, an diesem Sonntagabend! Wer mag
Zorro nicht; noch dazu so einen netten rundlichen im dennoch verwegen rot
schillernden Umhang? Und dann auch noch diese ORF-Berichterstattung: Gleich
nach Willi Molterers unnachahmlicher Darstellung des gerade nur mit der
nackten Haut entkommenen GULAG-Haeftlings sieht man wie zur Bestaetigung
seiner Alptraeume ueberglueckliche KPler und hoert sie die Internationale
singen.

Aber in der Internationale heisst es auch: "Es rettet uns kein hoehres
Wesen, kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun!" Stimmt. Und sicher auch kein
Zorro!
*Bernhard Redl*


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