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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 27. September 2005; 16:47
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Prinzipielles/Glosse:
> Ohnmacht und die Gesichter der Macht
In Polen streben zwei Brueder mit grosser Konsequenz nach noch mehr 
politischer Macht. Sie sehen einander so aehnlich, dass sie oft vertauscht 
und vom Volk nur 'die Zwillinge' genannt werden. Jaroslaw und Lech Kaczynski 
sind auch tatsaechlich Zwillinge, die mit identischen law-and 
order-Spruechen das Wahlvolk ueberzeugt haben. Die rechtskatholische Partei 
'Recht und Ordnung' der beiden wird Polen aus dem Fiasko der Umwaelzungen 
nach der Wende in den sicheren Hafen der EU fuehren, lautet die 
hoffnungsvolle politische Parole fuer einen immer groesseren Teil der 
Bevoelkerung. Den Preis fuer diesen Schnellsiedekurs in Globalisierung 
fuerchtet wiederum der andere Teil Polens, der durch das Zusperren der 
Werften sowie der riesigen Stahlwerke den Arbeitsplatz bereits verloren hat. 
Die Unmoeglichkeit, Jobs aufzutreiben, fuehrt zu der exorbitant hohen 
Arbeitslosenrate mit einer minimalsten sozialen Absicherung -- was die 
Rechtskatholen wie meist ueberhaupt nicht stoert. Jaroslaw koennte uebrigens 
bald Regierungschef werden, waehrend Lech spaeter mal Staatschef sein 
koennte. Die Macht der Aussergewoehnlichen?
Die Union hat vor den vorgezogenen Bundestagswahlen in der BRD so um die 
400.000 Stimmen mehr erhalten als die Sozialdemokraten -- ohne die 
bevorstehenden Wahlen in Dresden. Devise ist seither, mit allen Mitteln den 
Siegeswillen der eigenen Partei zu behaupten. Natuerlich wird Angelika 
Merkel die Union als Kanzlerin fuehren, selbstverstaendlich bleibt Gerhard 
Schroeder der Kanzler in Deutschland. Schroeders Gesicht, seine Gestik, 
eigentlich alles an ihm strahlte Sieg aus. So jemand kann nicht verlieren, 
auch wenn er ein paar hunderttausend Stimmen weniger erhalten hat. Und 
Merkels leiser Einwurf, dass eigentlich sie aufgrund der hoeheren Anzahl 
gewonnen habe, wurde von der Impulsivitaet der Macht Schroeders samt den 
heftigen Beifallskundgebungen seiner Partei zerbroeselt. Selten war eine 
Gewinnerin so unscheinbar, selten waren Verlierer so macht- und 
siegesbewusst. Ein paar Tage nach diesem Sonntag waren Koalitionsspiele 
und -plaudereien im ARD zu sehen. Ploetzlich sass da ein bescheidener, fast 
in sich gekehrter Deutscher Kanzler da, der kaum unterbrach und 
wahrscheinlich staendig alle ihm verbleibenden Moeglichkeiten durchzaehlte. 
Von denen gab es nicht viele. Die Macht der Inszenierungen?
Am 23.10. finden in Wien Gemeinderatswahlen statt. Alle Prognosen gehen in 
die Richtung einer haushohen Mehrheit einer saturierten Wiener 
Sozialdemokratie. Buergermeister Haeupl liegt es fern, angesichts dieses zu 
erwartenden klaren Sieges eine dezente Maske anzulegen. Mit groben Spruechen 
untermauert er die jahrzehntelange Stadt-Herrschaft der Partei. Wer, wenn 
nicht er ? Sein Gesicht verraet die gewohnten Siege, in seinen Interviews 
wirkt er fadisiert, fast belaestigt mit dem, was er dann ziemlich schnoddrig 
beantwortet. Die selbstverstaendliche Macht? Und dann waer´ dann noch das 
Gegenteil, die Macht, die sich staendig beweisen muss, die andauernd 
erkaempft wird: Wolfgang Schuessel, der kleine Musterschueler der Nation. 
Ein Mann, der Schuhe mit hohen Absaetzen traegt und der bei oeffentlichen 
Auftritten strategisch so plaziert wird, dass gleiche Groesse mit den 
anderen vorgetaeuscht wird. Ein gnadenlos begabter Karrierist, dessen Gang 
stets kerzengerade und dessen Sprache und Rhetorik buehnenreif sind.
Ohnmacht bedeutet es, zusehen zu muessen, dass die Bevoelkerung mehrere 
Jahre von der Regierung missbraucht wird, um ein Sparpaket nach dem anderen 
zu befolgen -- Macht bedeutet, dieselbe Bevoelkerung vor den Wahlen mit 
Geschenken bedenken zu koennen, die in Summe vielleicht ein Zehntel der 
abgeknoepften Betraege ausmachen. Ohnmacht bedeutet, den Kopf stets zu 
beugen, wenn Maechtigere vorbeifahren oder -marschieren, die gerade deinen 
Betrieb nach Sued-Ost-Asien oder sonstwohin verlegen lassen. Denn es ist 
wahrlich nichts Neues, dass politische Macht staendig dazu missbraucht wird, 
um die Wahlberechtigten auch zu disziplinieren, sie auf den 'politisch 
richtigen Weg' zu fuehren. Der darin besteht, zu kuschen und die Maechtigen 
weiter zu waehlen, die ausser institutioneller Macht kaum etwas vorweisen 
koennen. Und eine besondere Ohnmachts-Situation besteht darin, Plappermaulen 
wie Elisabeth Gehrer zuhoeren zu muessen....
*Fritz Pletzl*
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