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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. August 2005; 16:28
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Kaernten:

> Kein Wasser fuer Neger

Ein Mensch mit dunkler Hautfarbe geriet in die Muehlen von Polizei und
Justiz, weil er durstig gewesen war. Sein Glueck: Die Angelegenheit wurde
oeffentlich.


Willing worker on organic farms (WWOOF) nennt sich eine internationale
Organisation, die Helfer auf Biobauernhoefe vermittelt. So ein "WWOOFER"
wurde in Kaernten von der Polizei misshandelt weil er an einer Haustuere um
ein Glas Wasser gebeten hat. Nun wird ausgerechnet ihm der Prozess gemacht.
Die Beamten werfen ihm Widerstand gegen die Staatsgewalt vor.

Die Vorgeschichte: Ebhomhenya Otohaguahmen war Lehrer in Nigeria. Er
beteiligte sich als Aktivist an einer Antikorruptionsbewegung, die gegen die
Regierung gerichtet war. Aus diesem Grund wurde er eingesperrt. Ihm gelang
auf abenteuerliche Weise die Flucht aus dem Gefaengnis, das er ansonsten
womoeglich nie mehr verlassen haette. Freunde von ihm sind seit der
Verhaftung spurlos verschwunden.

Er schlaegt sich mit seiner schwangeren Frau bis nach Europa durch. Das
erste Kind kommt im Burgenland auf die Welt.

Ein gutes Jahr spaeter sind alle Instanzen ausgeschoepft und der Asylantrag
als "offensichtlich unbegruendet" abgelehnt und jede staatliche
Unterstuetzung laengst eingestellt.

Otohaguahmen reist nach Kaernten, um sich als WWOOFER ueber Wasser zu
halten. In Kuehnsdorf laeutet er an einer Haustuere und bittet um ein Glas
Wasser. "Vor der Haustuere stand ein Schwarzer und redete etwas daher, ich
verstand ihm nicht", gibt der Hausbesitzer spaeter zu Protokoll.
"Offensichtlich bettelte er um Geld", schliesst er also messerscharf und
alarmiert die Polizei.

Diese trifft ein und die Amtshandlung nimmt ihren Lauf: "Die Fahndung nach
dem Neger wurde sogleich aufgenommen", vermeldet eine Beamtin stolz in Ihrem
Protokoll, "Der Dunkelhaeutige wies sich mit einem kopierten Ausweis aus.
Das Foto war dunkel!"

Im Zuge der Amtshandlung wird Otohaguahmen getreten und geschlagen und zu
Boden geworfen. Seine Haende sind dabei laengst in Handschellen gelegt. Der
Arzt, den die Polizei selbst kommen laesst, stellt Verletzungen an Kopf und
Brust fest und verarztet die offenen Wunden an den Handgelenken. Ausserdem
fehlen nach der Verhaftung 50 Euro aus seiner Ausweistasche.

Doch von alledem nicht genug. Die Amtshandlung endet nach Stunden mitten in
der Nacht in einem finsteren Wald, wo Otohaguahmen ausgesetzt wird. Er irrt
2 Stunden umher bis er die Autobahn findet und nach Graz zu seiner Familie
stoppen kann.

Otohaguahmen zeigt die Polizisten an. Diese revanchieren sich wie ueblich,
denn der Nigerianer soll sich nun auch noch wegen Widerstandes gegen die
Staatsgewalt vor dem Landesgericht verantworten.

Aber auch die Bezirkshauptmannschaft Voelkermarkt strengt ein Verfahren an
und geht von aggressivem Verhalten gegen 4 Exekutivbeamte, Beschimpfung,
Behinderung einer Amtshandlung, Laermerregung und Verletzung des Anstandes
aus -- denn wenn man eine zerrissene Hose hat und halbnackt ist, ist es ja
wohl unerheblich, wer diese Hose zerrissen hat...

Doch alles verlaeuft derzeit nicht nach Wunsch der beteiligten Beamten: Denn
das Verwaltungsstrafverfahren ist mittlerweile eingestellt worden und auch
der erste Prozesstag im Widerstandsverfahren verlief etwas anders als
erwartet. Denn jener Zeuge, der auf die Bitte um ein Glas Wasser mit einer
Anzeige reagiert haben soll, stellte dort unmissverstaendlich klar, dass es
sich bei dem Mann, der an seine Haustuer gelaeutet hatte, nicht um
Ebhomhenya Otohaguamhen gehandelt hatte. Womit sich zwar jetzt keiner mehr
auskennt, was wirklich geschehen ist, die Strafanzeige nun aber laut
Verteidiger kaum mehr viel Substanz hat und im Zweifel wohl fuer den
Beschuldigten zu urteilen waere -- halt bloed, dass diese Neger
verschlagenerweise alle gleich aussehen.

Auch wenn der Prozess noch nicht ausgestanden ist, funktioniert der
Rechtsstaat offensichtlich manchmal doch -- wobei offen bleiben muss, ob das
irgendwas mit der doch recht grossen Oeffentlichkeit, der Aktion "Spendet
Wasser fuer Kaernten!" vor dem Innenminsterium und der massiven Beteiligung
von Prozessbeobachtern zu tun hat. Denn Wolfgang Zimmer von der Organisation
ZARA meint, dass derlei Klagen schon seit langem zum Alltag seiner
Beratungstaetigkeit gehoerten. Da in solchen Faellen oft genug nur
Polizisten als Zeugen vorhanden seien, seien die Betroffenen meist darauf
angewiesen, dass sich die Beamten vor Gericht gegenseitig widerspraechen, so
Zimmer in einem Interview mit der Filmcrew der United Aliens.
(Arge WDV, Initiative Abflug, United Aliens / akin)

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Der naechste Termin in diesem Strafverfahren: Freitag, 23.September 2005, ab
9.00 Uhr im Landesgericht Klagenfurt, Saal 283/II. Oeffentlichkeit ist auch
hier wieder sehr erwuenscht.

Ebhomhenya Otohaguamhen benoetigt finanzielle Unterstuetzung, sowohl fuer
die Anwaltskosten als auch fuer das Prozedere der Legalisierung. Die Arge
Wehrdienstverweigerung & Gewaltfreiheit richtete unter dem Kennwort "kein
mensch ist illegal" folgendes Spendenkonto ein: Sparda Bank in Salzburg,
Kontonummer 00473805 Blz: 49460

Unter http://tv.unitedaliens.at gibt es uebrigens zwei schoene Filmchen zum
Thema: eins zum ersten Prozesstag und eins zur Aktion "Wasser fuer Kaernten"

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Siehe auch im heutigen akin-pd: Das Letzte



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