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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 28. Juni 2005; 13:56
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EU/Glosse:
> Neue Aktivitaeten der EU: Bauern in Not
Die Union hat wieder praechtige Ideen. Diesmal muessen die
Zuckerrueben-Bauern und die Zuckerarbeiter dran glauben. Mit dem als
EU-Zuckermarktordnung betitelten Werk wird versucht, die meisten Strukturen
der alten Ordnung von 1968 komplett umzuwaelzen oder gleich ganz zu
beseitigen. Mit dem Grundwissen versehen, dass Bruessel alles radikal
auszumerzen versucht, was nicht der freien Marktwirtschaft und den
Globalisierungsnormen entspricht, sollen hier kurz die 'alten' Strukturen
erwaehnt werden: Die bisherige Zuckermarktordnung war ein recht
kompliziertes Gebilde. Dabei wurde versucht, Produktionsquoten, garantierte
Binnenpreise, Exportsubventionen fuer Ueberschuesse und Zoelle sowie
Praeferenzbedingungen fuer Einfuhren aus bestimmten Entwicklungslaendern
unter einen Hut zu bringen. Das heisst, der Markt wurde bisher reguliert,
wobei die Zuckermarktverordnung ohnehin die letzte Bastion der Regulierung
innerhalb der EU darstellte. Agrarkommissar Fischler hatte noch in seiner
Amtszeit etwas daran herumgebastelt, jetzt ist jedoch Schluss mit lustig,
eine neue Verordnung muss her.
Und so ein Zufall aber auch: Die alte Zuckermarktordnung laeuft 2006 aus -
und die uns allen wohlbekannte Welthandelsorganisation (WTO) faellt Anfang
Mai 2005 eines ihrer folgenreichen Urteile: die EU-Subventionen fuer Zucker
werden fuer rechtswidrig erklaert. Brasilien, Australien und Thailand --
alle grosse Zuckerproduzenten -- hatten geklagt, die ungestuetzten Exporte
aus der EU seien nur deshalb moeglich gewesen, weil die Zuckerbauern aus dem
EU-Binnenmarkt so hohe Preise erwirtschaftet hatten. Es handle sich daher um
illegale Quersubventionen, die laut WTO marktstoerend und daher verboten
seien. Grundlage der Klagen ist der Zuckerpreisvergleich. Der Weltmarktpreis
fuer Zucker liegt derzeit nur bei etwa 200 Euro pro Tonne. Der Garantiepreis
innerhalb der EU betraegt fuer die Produzenten aber derzeit 639,9 E. Also am
Weltmarkt erhaeltst du als Produzent um eine gewisse Zuckermenge 1 Euro,
waehrend du in der EU fuer die gleiche Menge rund dreimal soviel bekommen
wuerdest. Grobe Wettbewerbsverzerrung, daher klagen diese Laender auch. Die
Geschichte ist allerdings noch um einiges komplizierter. Innerhalb der EU
existieren fuer Zucker mehrere Zuckerpreisbegriffe: A-, B-, und C-Zucker.
A-Zucker ist fuer den Binnenmarkt, bezahlt wird der volle Stuetzpreis. Der
B-Zucker geht mit geringeren Garantiepreisen in den Export. Und der C-Zucker
besteht aus Ueberschussmengen und aus Importen von am wenigsten entwickelten
Laender.
Die volle Marktliberalisierung soll ab 2009 in Kraft treten. Das wuerde das
sofortige Aus fuer jeden dritten Zuckerproduzenten in Oesterreich heissen.
Kleinere und Mittelbetriebe koennten nie auch nur anhaeherend mit den
Weltmarktpreisen konkurrieren. Die Folgen waeren wie immer riesige
Produktionsflaechen -- Monokulturen -- die sich einige wenige Konzerne durch
dann staendig stattfindende Uebernahmen aneignen. Agrarkonzerne statt
Landwirtschaft. Die EU wuenscht sich Gigantomien und glaubt damit, fuer alle
EU-Laender Rezepte gegen die Globalisierung gefunden zu haben.
Waehrenddessen haben jedoch die EU-Buerger ihrerseits das Rezept gegen diese
Seuche entdeckt. Frankreich und Holland haben die Augen fast aller
geoeffnet. Es gibt ein Nein gegen die EU -- es existiert ein sich langsam
entwickelndes Selbstbestimmungsrecht der BuergerInnen in den einzelnen
Staaten und es besteht durchaus die Moeglichkeit, diesen Moloch in Bruessel
zu beseitigen. Und die WTO gleich dazu.
*Fritz Pletzl*
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