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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 7. Juni 2005; 16:52
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Asyl/Recht/Kommentar:

> Hungerstreik!

Fuer Herrn A. die Rettung vor dem Tod


Herr A. aus Tschetschenien ist mein Klient bei "Asyl in Not". Er hat gegen
die Russen gekaempft, wurde schwer verletzt, Granatsplitter stecken noch in
seinen Beinen. Seinen Bruder hat eine Spezialeinheit verschleppt, gefoltert
und umgebracht; A. fand seine Leiche in der Naehe der beruechtigten
Militaerbasis Chankala. Auch nach A. fahndete der russische Geheimdienst
FSB. Er war untergetaucht; immer wieder durchsuchten Soldaten sein Haus,
verhoerten und schlugen seine Frau; seine Kinder leiden heute noch an
panischer Angst, wenn sie an "zu Hause" denken.

A. und seine Familie fluechteten im Juni 2004 nach Oesterreich. Ihr
Asylantrag wurde zurueckgewiesen; zustaendig sei die Slowakei. Dies obwohl
eine amtsaerztliche Mitteilung vorlag, die den Verdacht auf Traumatisierung
nahe legte.

Asyl in Not erhob Berufung, aber der kam keine aufschiebende Wirkung zu. A.
konnte jederzeit abgeschoben werden -- der Verfassungsgerichtshof hatte
Strassers Gesetz noch nicht behoben.

A. wurde zunaechst nicht in Schubhaft genommen. Er war durch die Vollmacht
geschuetzt, die er mir (wie viele andere Tschetschenen) erteilt hatte; die
Erstaufnahmestelle wusste, dass wir schon einige Faelle willkuerlicher
Verhaftungen in die Medien gebracht hatten. Man wollte keinen neuen Skandal;
also wurde unser Klient im Lager Traiskirchen toleriert.

Bis er -- durch das Warten, die Ungewissheit ueber sein Schicksal, die Sorge
um seine Familie zermuerbt -- die Nerven wegwarf, einen Streit mit "seinem"
Beamten anfing und ihn (weil dieser das Gespraech abbrach und gehen wollte)
am Arm packte.

Da wurde er nun doch abgefuehrt. In der Schubhaft trat er in den
Hungerstreik. Als er schwach genug war, setzte man ihn als haftunfaehig auf
die Strasse. Gerade rechtzeitig vor dem Abschiebetermin in die Slowakei.

Es ging ihm ziemlich schlecht. Der Kreislauf war herunter; die Beine, in
denen noch Granatsplitter stecken, waren angeschwollen; er konnte kaum
gehen. Irgendwie schleppte er sich bis in unser Buero.

Wir versuchten ihn bei der Caritas unterzubringen, die ja eigentlich ein
Notquartier fuer solche Faelle bereit hielt und auch einige unserer
"Illegalen" aufgenommen hatte -- nur bei ihm hiess es, es gaebe keinen
Platz; er moege zu Bekannten gehen. Vielleicht weil er zu
"verhaltensauffaellig" war? In seinem Zustand haette er aber besondere
Betreuung gebraucht.

Unterschlupf fand er schliesslich bei anderen Fluechtlingen, die schon
anerkannt waren. Dort versteckte er sich -- bis die Erstaufnahmestelle
Traiskirchen unserer Berufung stattgab und ihren eigenen rechtswidrigen
Bescheid (durch "Berufungsvorentscheidung") behob.

A. wurde mit seiner Familie in Bundesbetreuung genommen und im Maerz 2005 im
Bundesasylamt, Aussenstelle Traiskirchen, zu seinen Fluchtgruenden befragt;
nur ein paar Wochen spaeter erhielten er und seine Angehoerigen positive
Asylbescheide -- sie sind nun als Fluechtlinge anerkannt.

Ein Happy-end -- aber fast waere es schief gegangen. Nur durch Hungerstreik
hatte er die drohende Abschiebung in die Slowakei verhindert. In der
Slowakei haette er keine Chance gehabt.

Die Anerkennungsrate liegt dort bei Nullkommajosef; die slowakische Polizei
unterhaelt (noch aus der kommunistischen Zeit) enge Verbindungen zu ihren
russischen Kollegen -- Herrn A.'s Asylantrag waere mit Sicherheit abgewiesen
worden. Sodann haette man ihn nach Russland geschickt. Ins Gefaengnis, in
den Tod.

Herr A. ist einer von vielen, die mit guten Gruenden in den Hungerstreik
treten, um ihr Leben und das ihrer Angehoerigen zu retten.

"Heilbehandlung" -- bis in den Tod

In Zukunft wuerde man ihn "zwangsernaehren", wenn es nach Prokop und
Miklautsch geht. Der Bescheid, ihn auszuweisen, koennte nicht mehr behoben
werden; die bisherige Schutzklausel fuer Traumatisierte und Folteropfer
haben Prokop und Miklautsch ersatzlos gestrichen.

Man wuerde Herrn A. daher festschnallen und ihm gegen seinen Willen eine
Sonde durch die Nase in den Koerper stecken -- bis er abschubfaehig waere;
Destination: Gulag. Eine "Heilbehandlung", hat ein Abgeordneter der OeVP das
kuerzlich im Fernsehen genannt.

Wir erwarten von den Aerztinnen und Aerzten in diesem Land, dass sie sich
solchen Prozeduren verweigern; dass sie laut dagegen protestieren.

Wir verlangen von den Abgeordneten im Parlament, dass sie diesem
Skandalgesetz ihre Zustimmung verweigern. Jeder einzelne, der dafuer stimmt,
macht sich mitschuldig an der Abschiebung wehrloser Menschen in den Tod.

Dieses Gesetz darf nicht beschlossen werden. Es ist eine Schande fuer dieses
Land.
*Michael Genner, Asyl in Not*



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