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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 7. Juni 2005; 16:58
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Tuerkei:

> "Nie hatte ein Volk reinere Haende als das tuerkische"

Armenien-Konferenz nach Intervention abgesagt


Ende Mai sollte in Istanbul eine Historiker-Konferenz zum Thema "Armenier in
der Tuerkei 1915-16" stattfinden. Drei staatliche Universitaeten (Bogazici,
Bilgi und Sabanci) hatten die Konferenz organisiert, um im Sinn von
"wissenschaftlicher Verantwortung und Demokratie" die Gratwanderung zwischen
den Positionen der tuerkischen Regierung und der armenischen Diaspora zu
versuchen.

Die tuerkische Regierung behauptet nach wie vor, es habe nie einen
Voelkermord gegeben. Es seien 1915-16 etwa 300.000 Armenier durch eine
Verkettung ungluecklicher Umstaende ums Leben gekommen. Das sei nicht
geplant gewesen, und bei der Behauptung eines Genozids handle es sich um
verantwortungslose Attacken gegen den tuerkischen Staat.

Die Armenier behaupten, 1,5 Millionen ihrer Landsleute wurden in der Absicht
ermordet, das armenische Volk in der Tuerkei auszuloeschen.

In der tuerkischen Oeffentlichkeit ist in den letzten Jahren ein neues
Interesse an den Vorgaengen von 1915-16 erwacht und viele haetten gerne
einmal historisch fundierte Aussagen zu dem Thema gehoert. Ein Grund fuer
das Interesse ist das Erscheinen von Lebensbeschreibungen armenischer
Kinder, die in tuerkische Familien adoptiert wurden, die ihre Herkunft zwar
verschleiert, aber nicht vergessen hatten. Es stellt sich auf einmal heraus,
dass es in etlichen Familien solche "dunklen Punkte" gibt. Ein anderer Grund
liegt darin, dass aus Europa, vor allem aus Frankreich, wo 450.000 Armenier
in der Diaspora leben, Aufforderungen kommen, sich dem Thema zu stellen.

Aber so weit ist es noch nicht. Die Konferenz musste abgesagt werden. Halil
Berktay, einer der Organisatoren, nannte als Grund eine "schreckliche Rede"
von Justizminister Cicek. Er behauptete, die Teilnehmer, die alle "armenisch
gesinnt" seien, wuerden der Tuerkei "das Messer in den Ruecken stossen" und
"nie habe ein Volk reinere Haende und ein reineres Gewissen gehabt als das
tuerkische". Nach einer Welle einschuechternder Deklarationen gab es
angeblich auch Aufforderungen zur Gewalt gegen die Konferenz.

Aber - ein Gedanke, der einmal gedacht worden ist, kann nicht mehr
zurueckgenommen werden. Die Diskussion wird weiter gehen.
*Ilse Grusch*


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