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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 24. Mai 2005; 17:02
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Moderne Zeiten:

> Schengen, der dritte Streich

Freier Zugriff auf oesterreichische Datenbestaende


Derzeit verhandelt das oesterreichische Aussenministerium mit Belgien,
Deutschland, Luxemburg und den Niederlande ein neues
Polizeikooperationsuebereinkommen. Was im Titel schwuelstig mit "Vertiefung
der grenzueberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekaempfung des
Terrorismus, der grenzueberschreitenden Kriminalitaet und der illegalen
Migration" angekuendigt wird, ist simpel der automatisierte Zugriff auf eine
Reihe von Datenbestaenden, insbesondere der KFZ-Evidenz, der
Fingerabdruckdatei und der DNA-Datei.

Auf Nachfrage wurde bestaetigt, dass der Zugriff auf die Daten nicht nur bei
Verbrechen und schweren Delikten moeglich sein soll, sondern auch bei
geringfuegigen Vergehen inkl. Ladendiebstaehlen und Verkehrsdelikten. Mit
der Formulierung 'insbesondere' im Titel habe man sich alle Moeglichkeiten
offen gelasen. An mehreren Stellen des geplanten Abkommens wird sogar
ausdruecklich die Moeglichkeit eingeraeumt, vorbeugend, auch ohne konkreten
Tatverdacht international auf die Datenbestaende zugreifen zu koennen.

Mit der Bezeichnung "Schengen III" soll suggeriert werden, dass es sich um
eine Vereinbarung der insgesamt 15 Schengenstaaten handelt. Tatsaechlich
nimmt die Mehrzahl der Schengenstaaten am Abkommen nicht teil, es ist im
Wesentlichen eine Initiative Deutschlands zur erleichterten internationalen
Ueberwachung. Es gibt weder EU-rechtliche Verpflichtungen zu einem
derartigen Abkommen, noch einen dringenden Bedarf danach. Selbst fuehrende
Schengenstaaten melden zum Vorhaben verfassungsrechtliche Bedenken an.

BMI-Beamte begruenden Oesterreichische Teilnahme mit dem Wunsch bei der
"Avangarde" der europaeischen Polizei dabei zu sein und eine "Speerspitze
der polizeilichen Zusammenarbeit" zu bilden. Oesterreich soll sozusagen
EU-Musterschueler in Sachen Ueberwachung werden, freilich im Windschatten
Deutschlands.

Welche Datenbestaende tatsaechlich abgefragt werden duerfen, ist nur
unzureichend definiert. Unter den schwammigen Zweck "Verhinderung von
Straftaten" lassen sich alle Datenbestaende subsummieren, die in die
Verantwortung der Polizei fallen. Dies koennte auch die Passevidenz sein,
die in Zukunft Fingerabdrucke jedes Passbesitzers enthalten soll.

Neben der mehrere Millionen Personen umfassenden KFZ-Evidenz, der mehr als
300.000 Personen umfassenden kriminalpolizeilichen Fingerabdruckevidenz und
der 24.000 Personen umfassenden DNA-Evidenz koennten somit weitere Millionen
Personen ins Visier uebereifriger deutscher, belgischer oder
niederlaendischer Polizisten geraten.


Hochschnellen der Datenabfragen zu erwarten

Waehrend bisher im Rahmen der europaeischen Polizeiarbeit monatlich bloss
20-30 Abfragen stattfinden, bei denen oesterreichische Behoerden involviert
sind, ist zu erwarten, dass bei der automatisierten Abfragemoeglichkeit die
Zahl auf mehrere hundert bis tausend hochschnellen wird. Besonders die
KFZ-Evidenz duerfte einen hohen Anziehungsgrad haben. In Zukunft koennen
deutsche Behoerden jeden in Koeln oder einer anderen deutschen Stadt falsch
parkenden Oesterreicher direkt aus der KFZ-Evidenz abfragen. Selbst der
blosse Verdacht ein Verkehrsdelikt begangen zu haben, rechtfertigt eine
Abfrage.

Das Abkommen laesst geradezu alptraumhafte Szenarien zu. So koennten
oesterreichische Jugendliche im deutsch-oesterreichischen Grenzbereich von
deutschen Polizisten wegen des Verdachts des Kaugummidiebstahls
daktyloskopisch (Fingerabdruecke) beamtshandelt werden. Ihre Daten koennten
dann bei einem Urlaubsaufenthalt in Belgien oder den Niederlanden abgerufen
werden und zu umfassenden Untersuchungen und Unannehmlichkeiten fuehren.

Gerade die internationale Abrufbarkeit fuehrt zu einem Aufblaehen der
Bedeutung von Informationen. Aus Mutmassungen werden rasch Verdachtsmomente,
aus Verdachtsmomenten Taten. Aus Delikten werden Verbrechen, aus
Lausbubenstreichen wird international organisierte Kriminalitaet.


Keine Zweckbindung der Datenabfragen

Artikel 35 des geplanten Abkommens laesst jedoch noch mehr zu. Es duerfen
sogar Abfragen zu anderen Zwecken als der Kriminalitaetsbekaempfung gemacht
werden.

Jeder Wunsch sich in einem Vertragsstaat nieder zu lassen oder einer
Erwerbstaetigkeit nachzugehen, kann somit zu einem internationalen
polizeilichen Datenzugriff fuehren. Ein klarer Eingriff in die
Niederlassungs- und Erwerbsfreiheit der EU.

Der Vertragsentwurf enthaelt derartig viele unklare Bestimmungen zum Umfang
der verwendeten Daten, zur Datenverwendung selbst und welche Datenbestaende
verwendet werden duerfen, dass Beschwerden wegen Datenschutzverletzungen
praktisch aussichtslos sind. Praktisch jede polizeiliche Datenverwendung ist
durch dieses Abkommen gedeckt. Auch die Auskunfts- und
Protokollierungsrechte sind fuer Betroffene nur beschraenkt durchsetzbar.
(Arge Daten/gek.)

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Kasten:

Wie kann ich Auskunft ueber Daten im Schengener Informationssystem erhalten?

(nach § 26 DSG 2000, Art. 109 Schengener Durchfuehrungsuebereinkommen)

Um Auskunft ueber Daten im Schengener Informationssystem zu erhalten, kann
ein Auskunftsbegehren nach §26 DSG an das Innenministerium gestellt werden.

Um Auskunft ueber Daten im Schengener Informationssystem (SIS) kann nach
Art. 109 des Schengener Durchfuehrungsuebereinkommens in Verbindung mit § 26
DSG 2000 ein Auskunftsbegehren an das Innenministerium gestellt werden.

Das Begehren ist an folgende Adresse zu richten: Bundesministerium fuer
Inneres (BMI), Referat II/D/10/a (SIRENE), Josef Holaubek Platz 5, A-1090
Wien, Telefax: 01/3152850

Nach dem Durchfuehrungsueberinkommen gelten fuer ein solches Begehren die
nationalen Vorschriften. In Oesterreich heisst das, dass - wie bei anderen
Auskunftsbegehren - das Ministerium verpflichtet ist, innerhalb von 8 Wochen
kostenlos eine schriftliche Auskunft zu erteilen.

Weiters ist zu beachten, dass als Identitaetsnachweis die Kopie eines
amtlichen Lichtbildausweises beigelegt werden muss.

Sollte die Auskunft nicht erteilt werden bzw. unvollstaendig sein, ist eine
Beschwerde bei der Datenschutzkommission vorgesehen.

Auf der Homepage der Arge Daten steht ein Musterbrief fuer Auskunftsbegehren
an das BMI zur Verfuegung, in dem auch auf das SIS Bezug genommen wird. Auf
der Homepage der Datenschutzkommission findet sich ebenfalls ein Musterbrief
speziell fuer Auskunftsbegehren zum SIS an das Innenministerium.

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Quellen:
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?question=PUB-TEXT-ARGEDATEN&search=10822pdj
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=78297twt



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