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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 24. Mai 2005; 17:49
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Demokratie/Debatte:

> Eine - leider noetige - Antwort

(Zu den Reaktionen auf Thomas Herzels Text in akin 15/05)


Wie manche (akin-RedakteurInnen) manchmal meine Ausfuehrungen
interpretieren, ist ganz schoen abenteuerlich. Deshalb muss ich einiges
dementieren, was ich gar nicht gesagt habe:

Nein, stimmt nicht, Mutlosigkeit halte ich NICHT fuer erstrebenswert. Nein,
meine Vorstellung von "Demokratie" ist NICHT das, was man in der Schule
lernt, sondern die "Basisdemokratie". Nein, ich bin KEIN Anhaenger des
Kapitalismus und mir graut vor Andreas Khol! Nein, ich habe nie behauptet,
die Welt sei wie sie waere und man koenne nichts machen - im Gegenteil, man
kann sehr viel machen. Nein, ich bin NICHT der Ansicht, dass es voellig
einerlei sei, wer wo regiere. Ich hatte nur die Absicht - in einem
bestimmten Zusammenhang - die Verhaeltnisse zurechtzuruecken: Dass Parteien
und Regierungen heutzutage nicht mehr jene Macht ueber die "Untertanen"
haben wie zu Zeiten der Diktatur oder des Kaisers. Und dass technologische
Entwicklungen und Erfindungen - in der "modernen Welt" - MEHR Einfluss auf
das Leben und Denken der Menschen haben als Parteien und Ideologien. Das
sollte auch nichts entschuldigen, vor allem kein "Nichtstun"! Ausserdem
finde ich es wunderbar, wenn Parteien und Ideologien nicht mehr soviel
"Macht" ueber den Einzelnen haben wie zu Zeiten der NSDAP, Stalins oder
Napoleons!

Nein, politische Debatten halte ich ganz bestimmt nicht fuer sinnlos,
sondern fuer lebendige Demokratie. Mein Weltbild ist sicher NICHT
"technokratisch". Das ist voelliger Bloedsinn! Ich trete fuer die
Selbstbestimmung jedes Einzelnen ein. Meine Ausfuehrungen wurden da im
Zusammenhang missverstanden. Bitte nochmals lesen und UNVOREINGENOMMEN
urteilen. Und im Gegensatz zur Behauptung von Bernhard Redl befasse ich mich
sogar sehr gern mit Alternativen, die ich auch zu leben versuche, was
schwierig ist, weil ich - gemaess meiner eigenen
"Lebenserfahrungs-Statistik" - keine westlich orientierte Gesellschaft
kenne, die intoleranter gegenueber dem "Individuellen" ist wie die
oesterreichische.

Und dann der Satz von Ilse: "Wir trauen unseren LeserInnen alles zu, sogar
eine eigene Meinung zu Thomas Herzel und dem Gegenstandpunkt". Sagt der
nicht alles? Klingt das nicht hoechst verdaechtig? Also, wenn jemand einen
Vorwurf ausraeumt, der gar nicht erhoben wurde, ist das verdaechtig!


Ein nochmaliger Versuch zum besseren Verstaendnis: Meine Replik war eine
fundamentale Kritik am Gegenstandpunkt und seinen zahllosen Widerspruechen
in den Ausfuehrungen zum Thema "Demokratie". Ich moechte jetzt "dogmatische
Linke" dazu sagen. Vielleicht ist das fuer alle verstaendlicher.

Es geht um das Verhaeltnis der dogmatischen Linken zur Demokratie. Es ist
ein "pikantes" und hat sich fuer mich eindeutig in den Ausfuehrungen des
Gegenstandpunktes manifestiert. Ich habe dazu eine Antwort nach bestem
Wissen und Gewissen versucht. Es ist voellig unerheblich, wie das Schulbuch
"Demokratie" definiert oder wie sehr wir uns als "Untertanen" fuehlen. Ich
konnte aus diesen Ausfuehrungen nur ableiten, dass es sich um keine
(vielleicht tatsaechlich notwendige) Kritik an demokratischen Einrichtungen
handelt, sondern dass die dogmatische Linke unfaehig ist, "Demokratie" zu
verstehen bzw. demokratische Entscheidungen und Entscheidungsfindungen zu
akzeptieren. Sie kapiert nicht, dass es das "Wesen" der Demokratie ist, dass
dort auch andere Gruppen das Sagen haben koennen. Diese Linke moechte am
liebsten putschen und der ganzen Welt ihren Willen aufzwingen. Und sie ist
insofern schlimmer (und gefaehrlicher) als die religioese Rechte! Ich
erinnere einmal mehr daran: Es war die dogmatische Linke, die uns
Verbrecherregimes beschert hat, die zu den fuerchterlichsten und brutalsten
Diktaturen der Menschheitsgeschichte gehoerten. Wenn so eine dogmatische
Linke ueber "Demokratie" herumfaselt, noch dazu so oberflaechlich und banal,
dann schrillen bei mir alle Alarmglocken!!!!

Darueber sollten wir diskutieren!!!! Ist diese Linke tatsaechlich
"demokratisch"? Weiss sie was das ist? Was sie sich darunter vorstellt?
Warum ist es so schief gelaufen? Wieso habt Ihr so eine Abneigung gegen
diese Diskussion?

Diese Linke hat mit "Demokratie" nichts am Hut! Sie kritisiert nicht die
Wahlen in der Ukraine und in Afghanistan, weil ihr die Rechte des Einzelnen
so wichtig sind, sondern weil sie gegen absolut alles ist, was aus dem
Westen kommt bzw. was der Westen ist, alles dogmatisch ablehnt, was mit
Kapitalismus und USA zu tun hat. Das ist der eigentliche Hintergrund, warum
der Gegenstandpunkt gegen die Entwicklungen in Afghanistan und Ukraine
auftritt und er schert sich einen Dreck um die tatsaechlichen Wuensche der
Afghanen und Ukrainer!

Die Wirklichkeit ist aber noch schlimmer. Ich glaube, es ist bekannt, dass
es auch in der DDR sogenannte "Wahlen" gab! Und genau diese Wahlen waren
jene Farce, von der der Gegenstandpunkt redet: Genau dort war die
"Demokratie" jenes "Mittel" der Herrschaft! Genau damals MUSSTEN Untertanen
Stimmen abgeben, die wirklich nichts und wieder nichts bedeuteten. Und in
China oder Nordkorea wird es wohl nicht viel anders sein. Fragt doch den
Gegenstandpunkt nach seinem Verhaeltnis zu den "Wahlen" in Kuba, China und
der Ex-DDR! Und das allerschlimmste: die dogmatische Linke hat es immer
wieder geschafft, sich selbst bzw. ihr System als so "demokratisch" zu
verkaufen. Es war nichts als Lug und Betrug. Wie kann man das noch immer
nachbeten???? Nehmt es doch endlich zur Kenntnis: "linksdogmatisch" und
"demokratisch" vertragen sich einfach nicht, haben nie und werden auch nie
und nimma und schon gar nicht jemals "basisdemokratisch" sein!


Weil die Reaktion auf meinen (relativ unwichtigen) Neben-Satz mit den
steigenden Sozialkosten so heftig war: Das weiss ich auch, dass es viele
Gruende fuer solche steigenden Kosten gibt. Aber, habt Ihr schon mal was von
den "Wohlstandskrankheiten" gehoert? Diabetes, Herz-, Kreislaufkrankheiten?
Also, die HAUPTgruende fuer explodierende Gesundheitskosten haben nichts mit
Arbeitslosigkeit oder Arbeitsstress zu tun, sondern mit unserem Lebensstil:
Alkoholismus, Rauchen, schlechte Ernaehrung, mangelnde Bewegung und
Medikamentenmissbrauch. Die Kosten dafuer steigen und steigen und es ist
absehbar, Abfangjaeger hin oder her, dass es der Staat irgendwann nicht mehr
finanzieren kann. Und das bedeutet, dass es gut ist, wenn sich eine
engagierte Regierung oder Partei schon heute darueber Gedanken macht, wie
man die Leute von ihrem - ich sage es jetzt ganz bewusst -
gesellschaftsfeindlichen "Lebensstil" wegbringt.

Dazu ein kleines "Lehrbeispiel" fuer "Demokratie": Um die immensen Kosten
fuer die naechste Generation zu senken, sollte einer, wuerde er die
zahllosen medizinischen Studien ernst nehmen, alle Zuckerln, Schokolade und
andere Suessigkeiten verbieten. Und ganz besonders den Kindern (soviel ich
weiss, gehoeren ja Zahnaerzte zu den reichsten Oesterreichern)! Na, was
glaubt Ihr? Ist so ein Verbot "demokratisch"? Was wuerden die Kinder dazu
sagen? Was die Zahnaerzte? Die Gewerkschaft (Arbeitsplaetze)? Die
Unternehmer?

Ich denke, wir sollten froh sein, dass wir in einer Welt leben, in der man
nicht mehr straft und verbietet, sondern aufklaert und fuer etwas wirbt.
*Thomas Herzel (stark gekuerzt)*



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