**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 3. Mai 2005; 17:49
**********************************************************
Moderne Zeiten/Schule:
> Bildungsevidenz vor dem VfGH
Mit Unterstuetzung der Arge Daten haben Eltern gegen die Verwendung 
persoenlicher Daten fuer Zwecke der Bildungsdokumentation eine 
Verfassungsbeschwerde eingebracht. Anlassfall war die Weigerung des 
Unterrichtsministeriums, erhobene Daten, wie die Sozialversicherungsnummer 
zu loeschen. Mit der Beschwerde wurde auch die Anregung verbunden, die 
Verfassungskonformitaet der gesamten Bildungsdokumentation zu pruefen.
Gegen die Bildungsdokumentation, die eine Aufzeichnung und allgemeine 
Abrufbarkeit von Schulinformationen mindestens bis zum 75. Lebensjahr 
vorsieht, hatte die Arge Daten von Beginn an eine Fuelle von Bedenken 
angemeldet.
Die Datenerhebung umfasst unter anderem
- die Sozialversicherungsnummer
- die Umgangssprache,
- ob jemand eine Sonderschule besuchte,
- ob es Schulverweise wegen schlechten Benehmens gab,
- ob der Religionsunterricht besucht wurde,
- ob Nachmittagsbetreuung in Anspruch genommen wurde
- welche Schulveranstaltungen besucht wurden,
- welche Freigegenstaende besucht wurden,
- in welcher Form das Schuljahr abgeschlossen wurde, ... (1)
Neben statistischen Auswertungen ist jedoch auch ein personenbezogener 
Zugriff durch Unterrichtsministerium, Schulerhalter, Sozialversicherungen, 
Buergermeister und Gerichte vorgesehen. Moeglich ist dies durch die 
besondere Codierung der Daten (vom Unterrichtsministerium 
irrefuehrenderweise Verschluesselung genannt). Alle 
Sozialversicherungsnummern werden eindeutig codiert, sodass bei Eingabe der 
Sozialversicherungsnummer immer alle persoenlichen Datensaetze eines 
Schuelers abgerufen werden koennen (auch wenn der "Schueler" mit 75 Jahren 
schon laengst seinen wohlverdienten Ruhestand geniesst). (2)
Behauptungen, die Daten der Bildungsdokumentation zur Planung von 
bildungspolitischen Entscheidungen zu benoetigen oder gar die Behauptung, 
"die EU" schreibe derartige Datenerhebungen vor, entbehren jeder Grundlage. 
Es gibt keinerlei Sachargumente, die eine mehr als 60jaehrige 
personenbezogene Datenspeicherung fuer Zwecke der Bildungsplanung 
rechtfertigen. Um auf neue gesellschaftspolitische Umstaende reagieren zu 
koennen, benoetigt man aktuelle Daten, die sich am besten durch kurzfristige 
Querschnittsstudien erheben lassen. Nicht zuletzt die PISA-Studie zeigte, 
dass Oesterreich nicht nur in der Bildungspolitik, sondern auch in der 
Bildungsplanung auf dem sprichwoertlichen "Holzweg" ist. Die Aussagen der 
PISA-Studie, die einen katastrophalen Gesamtzustand der oesterreichischen 
Bildungspolitik aufzeigten, konnten mit wenigen tausend Testpersonen 
getroffen werden. Der Beitrag der Bildungsdokumentation, immerhin ist die 
Datenerhebung schon im dritten Jahr und es wurden bisher weit ueber eine 
Million Datensaetze erhoben, zur Bildungspolitik ist genau null.
Es mag zwar fuer Frau Gehrer oder einige zahlenfixierte BMU-Beamte in 15 
Jahren "interessant" sein herauszufinden, welche Schueler etwa aus dem 
laendlichen Raum es trotz unzureichender Bildungspolitik zu einem 
Maturaabschluss schafften oder welche Wiener Hauptschueler wegen des 
"gegliederten Schulsystems" in die Hilfsarbeitstaetigkeit abgedraengt 
wurden. Bildungspolitisch sind diese teuer erkauften Erkenntnisse belanglos, 
wie auch immer die wirtschaftliche Situation Oesterreichs in 15 Jahren 
aussehen wird, die Bildungsherausforderungen werden voellig neue sein und 
nicht mit veralteten Modellen frueherer Jahrzehnte geloest werden koennen.
Die Behauptung "die EU" wuerde die Bildungsdokumentation vorschreiben 
entlarvt sich bei naeherem Hinsehen als plumpe Schutzbehauptung von 
Statistik Austria und Unterrichtsministerium. Sofern andere EU-Laender 
ueberhaupt komplette Bildungsdatenerhebungen haben, beschraenken sich diese 
auf die Erhebung des erreichten Schulabschlusses. Die meisten Laender 
begnuegen sich mit Globalstatistiken und Stichproben, ein Totalregister 
ueber alle Schuldetails kennen nicht einmal die registerfreudigen 
skandinavischen Staaten. Tatsaechlich schriebt die EU ausschliesslich 
aussagekraeftige Gesamtstatistiken zum Schulwesen vor und ueberlaesst die 
Umsetzung den Mitgliedssstaaten.
Angaben zur Bildungsdokumentation verweigert
Aus Sorge ueber die Zukunft ihrer Kinder haben schon bisher tausende 
Schueler die Bekanntgabe der Sozialversicherungsnummer und anderer Daten 
fuer die Bildungsdokumentation verweigert. Zum Teil sind es ganze Schulen, 
Elternvereine geben entsprechende Empfehlungen ab, in vielen Faellen sind es 
engagierte einzelne Eltern. Genaue Aufzeichnungen existieren jedoch nicht.
Obwohl das BilDokG bei Weigerung der Bekanntgabe der Versicherungsnummer 
eine Verwaltungsstrafe vorsieht, wurde diese bisher nicht verhaengt. Auch 
die Ausstellung eines Feststellungsbescheids ueber die Bekanntgabe der 
Sozialversicherungsnummer wurde vom BMU bisher verweigert. -- Wohl aus gutem 
Grund. In beiden Faellen haetten die Betroffenen die Moeglichkeit gehabt, 
den Bescheid zu beeinspruchen und damit direkt zum Verfassungsgerichtshof zu 
gehen.
Ein Verfahren vor dem VfGH scheut das Unterrichtsministerium wie der 
sprichwoertliche "Teufel das Weihwasser". Nunmehr wurde mit der 
VfGH-Beschwerde gegen den DSK-Bescheid K120.991/0002-DSK/2004 ein Weg 
gefunden den VfGH doch mit dieser brisanten Materie zu beschaeftigen: Dabei 
wird nach Art 144 B-VG die Datenschutzkommission per Bescheidbeschwerde 
belangt. Die DSK hatte den Antrag eines Schuelers auf Loeschung aller nicht 
im Einklang mit den Bestimmungen der Datenschutzgesetzes und der 
EU-Datenschutzrichtlinie abschlaegig beschieden. Dadurch wurde eine 
Verfassungsbeschwerde ermoeglicht, in der auch ein Gesetzespruefungsantrag 
angeregt werden konnte. (3)
(arge daten/akin)
(1) Der vollstaendige Datenkatalog der Bildungsdokumentation 
ftp://ftp.freenet.at/bil/datenkatalog-bildok.pdf
(2) Eine detaillierte Uebersicht zu allen Bedenken der ARGE DATEN zur 
Bildungsdokumentation 
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?question=PUB-TEXT-ARGEDATEN&search=52357ibo
(3) Die Verfassungsbeschwerde: 
ftp://ftp.freenet.at/bil/vfgh-beschwerde-bildok.pdf
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen 
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht 
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck 
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete 
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von 
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine 
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als 
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann 
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin