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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 26. April 2005; 19:06
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Medien/Moderne Zeiten:
> Die Gepardenforellen von Hommingberg
Wenn ihr noch nie was von der "Hommingberger Gepardenforelle" gehoert habt, 
ist das eine echte Bildungsluecke. Wer in eine der gebraeuchlichsten 
Internet-Suchmaschinen diesen Begriff eingibt, bekommt hunderttausende Links 
praesentiert, die sich mit diesem Viech beschaeftigen.
Das Internet bildet die Wirklichkeit ab, so geht die allgemeine Ansicht. 
Manchmal schafft es aber auch Wirklichkeit, denn die obgenannte Forelle 
duempelt nur im Internet. Nicht einmal im Brehm -- aehnlich dem beruehmten 
Nasobem aus der Familie der Nasenschreiter -- ist es zu finden. Ihr Vorbild 
findet die Gepardenforelle (Hommingberg ist ein kleines Kaff in 
Deutsch-Internetien) in "Nigritude Ultramarine", das (der, die?) letztes 
Jahr das englischsprachige Internet unsicher machte.
Beide sind Fakes, die Forelle wurde vor zwei Wochen von der 
Computerzeitschrift "c´t" frei erfunden -- verbunden mit einem Aufruf, doch 
moeglichste viele Webseiten zu bauen, die sich mit dem raffinierten Tier 
beschaeftigten. Damit sollen die Teilnehmer versuchen, moeglichst weit oben 
in den Rankings der wichtigsten Suchmaschinen zu kommen. Wer zu einem 
bestimmten Zeitpunkt bei den Rankings von Google, Yahoo, MSN etc. fuehrt, 
wird preisgekuert.
Doch die Aktion ist nicht sinnfrei -- es geht darum, wie die Suchmaschinen 
auf diese Seiten reagieren. Diese Suchmaschinen entscheiden heutzutage mit 
ueber das Wohl und Wehe von Kommerz genauso wie nichtkommerzieller 
Information. Wessen Homepage von den Suchmaschinen nicht gefunden wird, hat 
oftmals auch IRL (im realen Leben) keinen guten Stand mehr -- fuer viele 
Branchen ist der sogenannte Page Rank (das ist die wichtigste Kennziffer bei 
Google) bereits wichtiger als der Aktienkurs.
Es geht um nichts weniger als um Aufmerksamkeitsoekonomie. In einer Zeit der 
Informationsflut kann Information (mag sie jetzt kommerziell sein oder 
nicht) nur noch zum Rezipienten gelangen, wenn sie sich gegen andere 
durchsetzt. Was nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern natuerlich auch 
politisch relevant ist. Denn heute ist die Freiheit, eine Meinung aeussern 
zu duerfen, viel weniger das Problem, sondern es geht darum, die 
Moeglichkeit zu haben, dass diese Meinung auch gehoert wird. In einer 
Kommunikationsgesellschaft, deren staerkste Kommunikatoren sich dadurch 
durchzusetzen verstehen, dass sie die anderen einfach ueberbruellen, ist 
eine Problematisierung dieser Frage von eminent demokratiepolitischer 
Bedeutung.
Die Kontrolle ueber Suchmaschinen stellt eine enorme Macht dar. Wenn man die 
Erfolge des Google-Boersegangs trotz der New Economy-Krise ansieht, kann man 
sich davon vielleicht ein Bild machen. Will man eine Macht kontrollieren, 
muss man sie erst einmal verstehen.
Die Ergebnisse des Hommingberger Experiments werden zwar vorerst nur den 
Technikfreaks verstaendlich sein. Aber diese Erkenntnisse werden auch unser 
wirkliches Leben in der Kommunikationsgesellschaft betreffen. Und sie werden 
bald die politische Theorie beeinflussen, denn allein der Ansatz dieses 
Wettbewerbs macht klar, dass Medien- und Technikkritik weiter 
zusammenwachsen muessen, um die komplexen Zusammenhaengen des 
21.Jahrhunderts besser verstehen zu koennen.
*Bernhard Redl*
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