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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 19. April 2005; 17:56
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Soziales/Muenchen:

> Blumen stadt Sandler!

Am 14.April hat die Stadt Muenchen die Zwangsraeumung des
Selbsthilfeprojektes "Gnadenacker" in Muenchen-Riem, welches von ehemaligen
Obdachlosen in Eigenregie gefuehrt wurde, vollstreckt.

Es gab im Vorfeld breit gefaecherte Unterstuetzung von Menschen aus linken
Zusammenhaengen bis hin zu diversen Prominenten wie z.B. Ottfried Fischer
und Konstantin Wecker, sogar der Petitionsausschuss des bayrischen Landtages
(ueberwiegend CSU) hatte sich bemueht, einen Tag vor dem Raeumungstermin bei
der Stadt Muenchen (SPD/Gruene) eine Aussetzung zu erwirken. Selbst ein
ehemals gruener, jetzt wilder Stadtrat hatte in einer offiziellen Anfrage
massiv die eigene Kollegin vom Stadtbauamt kritisiert. Gebracht hat es alles
nichts und so stand gegen 8 Uhr morgens eine Transportfirma vor der Zufahrt
zum Wagenplatz um mit der Raeumung zu beginnen.

Wegen Widerstaenden der BewohnerInnen und etlicher UnterstuetzerInnen des
Projektes war das aber so leicht nicht moeglich und so rueckte die Polizei
an -- incl des beruechtigten USK und Hundefuehrern. Wodurch dann letztlich
doch die Raeumung durchgesetzt werden konnte.

Der "Gnadenacker" war ein Selbsthilfeprojekt von Obdachlosen, ein kleines
Dorf von Bauwagen. Zuletzt lebten hier 26 Maenner, vier Frauen, fuenf
Kinder. Sie hatten in der 1996 gegruendeten Siedlung eine neue Heimat
gefunden. Schwierigkeiten mit den Anrainern hatte es kaum gegeben. Doch nach
9 Jahren faellt der Stadtregierung ploetzlich auf, dass es fuer dieses Dorf
keine Baugenehmigungen gaebe. Dass jetzt geraeumt wurde, hat natuerlich
ueberhaupt nichts damit zu tun, dass am 28.April die Bundesgartenschau
(BUGA) am Gelaende nebenan eroeffnet und der Gnadenacker sicher den
"schoensten Sommer aller Zeiten" (BUGA-Werbetext) gestoert haette.

Auch ein Ersatzgrundstueck konnte nicht gefunden werden. Das wollte man auch
gar nicht. Denn "trotz teilweise positiv zu bewertender Ansaetze der
Selbstorganisation" entspreche diese Wohnform nicht den wohnungspolitischen
Zielen des Sozialreferats, Menschen in Wohnungen zu vermitteln. Was die
Betroffenen wollen, ist dabei irrelevant: "Der Acker, das ist nicht mein
Zuhause, der Acker ist meine Heimat", sagt Edzard. "Ich habe ein Dach ueber
dem Kopf fuer mich und meine Viecherl. Und meine Freunde sind hier", sagt
Dieter. Und Xaver weiss: "Ich kann doch nicht mit 58 wieder mit einem
Wildfremden in ein 2-Bett-Zimmer ziehen."

Doch all die Proteste nutzten nichts. Letztendlich brachten Stadt und
Polizei auch die Eigentuemerin des Grundstuecks, eine Pensionistin, soweit,
den Gnadenacker-Bewohnern das Hausrecht zu entziehen. "Aber sie wusste sich
wohl nicht mehr anders zu helfen und hatte Angst" meinte ein Sprecher des
Gnadenacker-Traegervereins "Ameise" ohne Groll gegen die alte Dame.

Die Stadt hatte urspruenglich zugesagt, der Gnadenacker-Gemeinschaft eine
gemeinsame Unterbringung zu ermoeglichen. Doch jetzt wurde bekannt, dass das
nur fuer ein paar Tage gelten sollte, worauf sich die Leute nicht in die
dargebotene Unterkunft begeben wollten. Eingesprungen ist das Tierheim
Muenchen, das sich auch um die Hunde und Katzen des Ackers kuemmerte: Die
Wieder-Obdachlosen duerfen jetzt im Freien auf dem Gelaende des Tierheims
unter der Autobahnbruecke naechtigen. ###


Quellen, weitere Infos: Frankfurter Rundschau
http://at.indymedia.org/newswire/display/53607/index.php
http://www.muenchen.de/vip8/prod1/mde/_de/rubriken/Rathaus/40_dir/presse/archiv/2004/ru/04/08.pdf
http://www.dieameise-ev.de/ (Homepage des Gnadenacker-Traegervereins)



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