**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. April 2005; 21:16
**********************************************************

Soziales/Prekaeres:

> Weg mit den Armen!

Aktion scharf gegen Sozialhilfeempfaenger


2500 Wiener SozialhilfeempfaengerInnen werden zur Zeit vom AMS einer
Selektion unterzogen: nicht Arbeitsfaehige und nicht Arbeitswillige sollen
ausgesondert werden. Diese Massnahme wurde von der EU empfohlen und
gemeinsam von Sozialamt ((Fonds Soziales Wien), der MA 15 und dem AMS
vereinbart. Das "Berufliche Diagnose Zentrum", der AMS eigene
"Psychologische Dienst" (Berufliches Diagnosezentrum, 1050 Wien, Redergasse
1/5. Stock) und das "BBRZ" des BFI sind mit der "Diagnose fuer
SozialhilfeempfaengerInnen" beauftragt.

Derzeit werden SozialhilfeempfaengerInnen in einem eigenen Raum von
mindestens 2 Mit-Arbeitern des AMS empfangen. Ein bereits vorbereiteter
"Betreuungsplan" wird den Betroffenen serviert. Klarerweise sind
Gegenargumente oder gar Wuensche nach Aus- oder Weiterbildung oder konkreter
Vermittlung nicht moeglich. Es besteht eine Verpflichtung, an der als Kurs
bezeichneten Massnahme teilzunehmen und "alle Folgeauftraege seitens des
Beruflichen Diagnosezentrums einzuhalten" - fehlende Teilnahme oder
Mitwirkung des Arbeitslosen wird die Vormerkung beim AMS und damit die
Berechtigung fuer den Bezug der Sozialhilfe geloescht. Nur diejenigen, die
diese Prozedur ueber sich ergehen lassen und von Psychologen (!) als
arbeitsfaehig erklaert werden, sind weiterhin "Kunden" des AMS. Alle anderen
werden aus der Vormerkung gestrichen und dem Sozialamt im Amtshilfeverfahren
gemeldet.

Dies hat zur Folge, dass ohne notwendigen "Stempel" vom Sozialamt das zum
Ueberleben notwendige Existenzminimum gekuerzt bzw. ueberhaupt nicht mehr
ausbezahlt wird!!! (Wird von einer auf diese Art und Weise gesperrten Person
nicht ein neuerlicher Antrag sowohl beim Arbeitsmarkt-"Service" wie auch bei
"Wien Sozial" gestellt, ist die Sozialhilfe einfach futsch!)

Falls sich Betroffene nach dem ersten Schock ueber ihre rechtlichen
Moeglichkeiten zu erkundigen wagen, erfahren sie bei den "Ombudsstellen"
oder den "Frauenbeauftragten" des AMS dass es sich bei dieser Aktion
Selektion "nur" um eine "Standardmassnahme" handelt. Zitat: "Sie sind ja
offensichtlich arbeitsfaehig, der Test wird positiv ausfallen, das hat auf
Sie keine Auswirkungen, es laeuft alles wie bisher..."

Eine Anfrage bei der AK Wien ergab ebenfalls, dass es keinerlei rechtliche
Moeglichkeiten gibt!!! Zitat: "...das einzige, was ich Ihnen raten kann:
Gehen Sie hin" !!!

Zitat AK: "Falls das Sozialamt dann eine Sperre der Geldleistung vornimmt,
koennen Sie eine Berufung bei der MA 15 einbringen, das ist ihre einzige
rechtliche Moeglichkeit". Wohin diese Berufung geschickt werden kann, ist
aber selbst fuer Leute, die beruflich mit dieser Materie arbeiten,
verwirrend und nicht leicht durchschaubar!

Freiheitsberaubung

Bereits 400 Personen wurden von diesem "psychologischen Diagnosezentrum"
erfasst: 95 von 100 SozialhilfeempfaengerInnen fuegen sich dieser Zuweisung
(laut AK).
Die Leute seien ja froh, dass sich endlich wer um sie kuemmert. "Da koennen
sie erstmals mit jemandem reden", begruendet der AK Sprecher jubilierend die
hohe Erfolgsquote. Dass diese unter Druck zustande gekommene Einweisung
Machtmissbrauch sein koennte, ist fuer die AK kein Thema mehr. Und die
Gewerkschaft schweigt ebenfalls. Unterdrueckt und veraengstigt, leistet von
den Betroffenen niemand mehr Widerstand.

Bei 20 Prozent der bisher ca. 400 in das Diagnosezentrum zwangszugewiesenen
Menschen wurde "Arbeitsunfaehigkeit" bescheinigt. Diese werden von der
"Betreuung und Vermittlung" des AMS ausgeschlossen und ausschliesslich vom
Sozialamt "weiterbehandelt". Schon bisher wurde im Sozialamt zwischen
"Arbeitsfaehigen" und "Arbeitsunfaehigen" unterschieden. Die zusaetzliche
Selektion durch das AMS fuehrt dazu, dass noch mehr Betroffene dauernd in
der Sozialhilfe bleiben. Das "soziale Wien" wiederum bedient sich seiner
zahlreichen Moeglichkeiten, die Betroffenen in Beschaeftigungs-Massnahmen zu
bringen bzw. zu zwingen - oder widrigenfalls vom Sozialhilfebezug
auszusteuern. Ping-Pong statt Arbeitsplaetze!

Die 80 % diagnostizierten "Arbeitsfaehigen" "sollen wie andere
Langzeitarbeitslose als arbeitsuchend beim AMS gefuehrt und vermittelt
werden" (AK).

Falls einzelne "Kunden" nicht staendig auf Trab gehalten oder gesperrt
wurden, haben sich die AMS-Angestellten persoenlich zu rechtfertigen und
muessen selbst mit Sanktionen rechnen. Die Ergebnisse der "Diagnose" des
"Beruflichen Diagnosezentrums" werden in der AMS-EDV zu den Personen
lebenslaenglich gespeichert und nicht nur innerhalb des AMS verwendet,
sondern auch im "Amtshilfeverfahren" uebermittelt. Der geschichtsunbewusste
AK-Vertreter findet daran keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Das sei ja
geheim, meint er!

REGTS EICH AUF!!!

Daten von 900.000 Personen, werden jaehrlich, samt Daten ueber ihre
Angehoerigen, individuellen Merkmalen, Einkommens- und
Vermoegensverhaeltnissen, usw. in den oesterreichischen AMS-Computern
gespeichert. Was passiert, wenn sich im Monat April diese 900.000 Personen
schriftlich beim AMS melden, um dort eine rechtlich verbriefte, kostenlose
Beauskunftung ueber die ueber sie gespeicherten Daten zu verlangen? Dann
kann das System mal eine Weile einpacken.

Regts eich auf - so darf es nicht bleiben! Wir sammeln Fakten, Infos und
Erfahrungsberichte zu diesen menschenverachtenden Tendenzen und Strategien:
Zuschriften an: regtseichauf@gmx.net

Eine Website ist in Vorbereitung - es soll ueber dieser Wahnsinn endlich
Informationen und Oeffentlichkeit geben! (ausgesandt von arge.frauen / gek)



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin