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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Maerz 2005; 21:01
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Parteipolitik/Glosse:
> Kein Grund zur Freude
Abgesang auf eine Buergerschreck-Partei
Der Liberale Ralf Dahrendorf hat einmal sinngemaess gesagt, dass eine 
Partei, die 10% der Stimmen erhalten moechte, 90% des Wahlvolkes 
verschrecken muss. Eine Regel, mit der es Joerg Haider 1999 sogar auf 27% 
gebracht hatte. Der jetzigen FPOe-Fuehrung ist keine solche politische 
Genialitaet wie ihrem Uebervater beschieden. Denn was hat denn der FPOe die 
Stimmen gebracht? Es war jene Mischung aus nationalistischer und 
kapitalistischer Grundhaltung sowie Auslaenderfeindlichkeit einerseits und 
andererseits einer sozialrevolutionaeren Attituede, die zwar voellig 
unglaubwuerdig war, dennoch aber geglaubt wurde, weil sie geglaubt werden 
wollte. Die FPOe uebernahm jene Rolle, die frueher mal die Linken 
innehatten, die des Buergerschrecks, dem breite Bevoelkerungsgruppen 
applaudierten, weil die Freiheitlichen den buergerlichen, immer weniger 
sozial orientierten "Systemparteien" Angst einjagte. Der autoritaere 
Charakter des Grossteils der Bevoelkerung trieb immer Menschen der FPOe zu: 
"Da ist jemand, der setzt sich fuer uns ein, ist definitiv kein Linker und 
wir muessen nichts anderes tun als alle 4 Jahre an der richtigen Stelle ein 
Kreuzerl zu machen"; so der Tenor.
Die sozial-engagierte Fassade broeckelte ab mit dem Regierungseintritt. 
Dennoch waere sie vielleicht wieder raufzupappen, wuerde die FPOe einen 
Schwenk zurueck ins Sozial- und Nationalpopulistische machen und die OeVP an 
die Kandare nehmen. Lange wuerde die Koalition zwar nicht mehr halten, aber 
es wuerde reichen, um bis zu den naechsten Wahlen wieder soviel an Profil zu 
gewinnen, um einen Aufschwung in der Waehlergunst zu machen.
Was machen diese Schlauberger? Sie draengen ausgerechnet die Rechtsaussen, 
die ihnen noch helfen koennten, ins Abseits und werden zu einer Partei, die 
von der OeVP nicht mehr zu unterscheiden ist. Nur: Die OeVP gibt es halt 
schon. Gruende die FPOe zu waehlen, werden damit sehr rar.
Sollte diese Taktik beibehalten werden, duerfte das die FPOe zu einer 
quantité negligable machen, die gerade noch dafuer gut genug sein wird, den 
reinen Mehrheitsbeschaffer abzugeben -- wenn sie nicht ueberhaupt aus dem 
Parlament rutscht. Man wird sich in der Partei noch an die seligen Zeiten 
unter Norbert Steger erinnern, als die Rechten stillhalten mussten, und 
versucht wurde, wenigstens den liberal-intellektuell-grossbuergerlichen 
Fluegel in Stellung zu bringen. Nur: Den gibts halt auch nicht mehr.
Warum das alles? Nur um noch eine halbe oder vielleicht anderthalbe 
Legislaturperioden Posten in der Regierung zu besetzen? Reicht das wirklich 
aus, um eine Partei zu opfern? Immerhin, die Sozialdemokraten waren ja auch 
schon drauf und dran, diesen Weg zu gehen, aber die schuetzte lange Zeit die 
groessere Traditionsmasse und letztlich waren sie 1999/2000 nicht mehr 
bereit, noch mehr ihrer politischen Aktiva zu opfern. Die FPOe hingegen gibt 
alles, was sie hat -- und das ist nicht mehr viel.
Ein Grund zum Freuen? Bedingt! Die Zeiten, wo wir uns vor der FPOe 
fuerchteten und viele schon daran dachten, die Koffer zu packen, um 
rechtzeitig emigrieren zu koennen, sind vorbei. Nur leider haben die 
Sozialdemokraten den Rahm der Sozialproteststimmen wohl schon 2002 
abgeschoepft. Die Erben der noch verbliebenen FPOe-Stimmen werden die 
konservativ-neoliberalen Rechten sein, also die OeVP. Das koennte uns 
Schwarzgruen oder gar -- horribile dictu! -- eine OeVP-Alleinregierung 
bescheren, was uns wohl in einen Rechtsstaat berlusconischer Praegung 
treiben wuerde.
Es sind nicht wenige Linke, die angesichts solcher Szenarien und trotz einer 
aufkommenden Magenuebelkeit, ernsthaft ueberlegen, das naechste Mal SPOe zu 
waehlen. In eine linke Kandidatur oder gar eine starke 
ausserparlamentarische Bewegung werden nicht mehr viele Hoffnungen 
investiert.
Es muss anscheinend alles noch viel schlechter werden, damit es wieder 
besser wird.
*Bernhard Redl*
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