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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 1. Maerz 2005; 20:01
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Glosse:
> Sie fuerchten sich zuwenig!
Tempo 160, Abschaffung der UVP fuer Grossprojekte, und zuletzt der
Zehnstunden-Tag. Kaum sind solche Ideen ausgesprochen, schon sind sie auf
dem Weg in die Beschlussfassung -- speed kills eben. Das geht schon seit
geraumer Zeit so, aber seit ein paar Wochen wird es immer frecher.
Beispielsweise die Tempo 160-Geschichte: Die fuehrte nur zu einem heftigen
Kopfschuetteln einiger Kommentatoren. Dass sich von diesem Kopfschuetteln
unsere Regierung in ihrem Lauf nicht aufhalten laesst, war schon klar.
Ebenso der "professionelle" Protest gegen die Beerdigung der
Umweltvertraeglichkeitspruefung fuer genau jene Art von Projekte, die
urspruenglich der Ausloeser zur Schaffung eines solchen Instituts war. Da
stellen sich dann ein paar Globalis und Greenpeacer auf die Strasse, pfeifen
ein bisserl und im Mittagsjournal hoeren wir dann die lapidare Bemerkung:
"Da sich die Beamten in den angrenzenden Ministerien vom Laerm gestoert
fuehlten, kam die Polizei und loeste die Kundgebung auf." Von Widerstand
gegen die Aufloesung wurde nichts berichtet. Die Regierung war sicher sehr
beeindruckt von diesem Protest und wird jetzt in sich gehen -- oder auch
nicht.
Man sollte nicht vergessen, dass die UVP eines der Ergebnisse mehr als eines
Jahrzehnts Umweltproteste waren, die nicht zuletzt mittels
Baustellenbesetzungen und Strassenblockaden, zivilen Ungehorsams eben, ihre
Schlagkraft bewiesen. Diese Schlagkraft ist dahin, heute hofft man auf
Presseaussendungen, ein gutes Gespraechsklima, und als haerteste Keule:
Verfassungsklagen; eine im eigentlichen Sinne politische Strategie existiert
nicht mehr.
Und jetzt die Industriellenvereinigung mit ihren Plaenen zur zehnstuendigen
Normalarbeitszeit mit faktischem Lohnverzicht. Am Sonntag in der
Pressestunde, schon am Montag als laengst vorbereiteter Gesetzesentwurf am
Verhandlungstisch. Alle sind sie angeblich dagegen. Sogar Frau Haubner kann
sich das eigentlich "nicht vorstellen". Von den Gewerkschaften hoert man die
ueblichen Streikdrohungen.
Aber was ist dann? Dann wird das ganze minimal abgewandelt und die voellig
hilflose Gewerkschaft wird ein "konstruktives" Angebot machen (das kennen
wir bereits von der Pensionsreform) und wird genau nichts erreichen, weil
sie absolut keine Ahnung hat, wie man kaempft und wie man die eigenen
Mitglieder zum Kaempfen animieren kann. "Kampf" ist ein Vokabel, das man in
den Chefetagen des OeGB mittlerweile zwar buchstabieren kann, von dem man
allerdings leider immer noch keinen Dunst hat, was dieses Wort verdammt
nochmal bedeuten koennte.
Doch Schluss mit Polemik, es geht ganz einfach um die Frage der Macht: Wenn
sich zwei Gegner gegenueberstehen und beide haben ein Druckmittel, dann wird
man feststellen, dass es nicht sinnvoll ist, in diesem Gleichgewicht des
Schreckens einen Wickel anzufangen -- man wird sich zusammensetzen und einen
Kompromiss aushandeln. Das nennt man bei Konflikten im Arbeitsbereich
Sozialpartnerschaft.
Wenn aber einer der beiden alle Druckmittel in der Hand hat, kann er mit dem
anderen tun, was er will. Das nennt man dann Erpressung.
Und momentan ist es so, dass das Kapital Gegnern gegenuebersteht, die
einfach nicht wissen, wie man die potentiell vorhandenen Kampfmittel
einsetzt und glauben, dass Empoerung und nicht ernstzunehmende Drohungen
ausreichen, um ihr Vis-a-vis zu erschrecken.
Doch leider: Das reicht nicht. Das sind keine kleinen Kinder, die Veit
Sorgers dieser Welt, die sich durch ein einfaches "BUH!" erschrecken lassen.
Einfach weil sie wissen, dass nicht mehr dahinter steckt als ein Bluff.
Vielleicht kommt er nicht gleich, der Zehnstundentag. Und auch die UVP
bleibt vielleicht doch noch unangetastet. Aber allein die Tatsache, dass
diese Dinge ploetzlich diskutabel sind, sollte die Alarmglocken laeuten
lassen. Ganz nach dem Motto: Wenn Pensionsdemolierung und Studiengebuehren
drin sind, geht vielleicht noch mehr rein.
Die Tage der Nettigkeiten sind vorbei.
*Bernhard Redl*
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