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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Februar 2005; 23:18
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Social Forum/Debatte:
> "Ein grosser Erfolg"?
Zur Stellungnahme von OesterreicherInnen am WSF in Porto Aleghre (4/05, 
akin-pd 8.2.05)
Nun, rein zahlenmaessig war das Treffen des WSF vielleicht ein Erfolg, 
ideologisch aber sicher nicht. Mag sein, ich weiss um die "Erfolge" und 
"Beschluesse" nur aus den Medien und von WSF-Websites, aber ich konnte 
nirgendwo erkennen, dass man sich gegen Mafia und Feudalismus, Korruption in 
Verwaltungen, fuer Demokratisierung im Nahen Osten, gegen Umweltzerstoerung, 
fuer Schutz von Minderheiten, gegen Kriege und Vertreibungen von Sudan bis 
Zaire und Tibet, gegen Terrorismus und fanatische Gewalt, finstere Drohungen 
a la China gegen Taiwan, gegen internationalen Waffenhandel von Pakistan 
ueber Nordkorea bis zum Iran, blutruenstige Diktaturen a la Saudi Arabien 
und Jemen und gegen die Verfolgung Oppositioneller von Kuba bis Indonesien 
eingesetzt hat. All das kam dort, so weit mir bekannt, nicht zur Sprache, 
statt dessen froente man munter weiter dumpfem Antiamerikanismus und 
dubiosen ideologisch verbraemten Wirtschaftstheorien, weil man noch immer 
nicht vom buerokratischen, total verstaatlichten Zentralstaat lassen kann.
Und das nennt sich "Erfolg"?
Dauerthema Irak: Da haben jetzt rund 60% der Iraker/innen gewaehlt. Ich 
moechte nicht wissen, wieviele Oesterreicher/innen waehlen gehen wuerden, 
wenn Gruppen Flugblaetter verteilen, auf denen sie jedem, der ein Wahllokal 
betritt, mit Mord drohen. Trotzdem standen die Iraker/innen Schlange und 
sagten, mancher mit Traenen in den Augen: "Das ist der schoenste Tag meines 
Lebens.. Darauf haben wir 40 Jahre gewartet..."
Was liest man im Standard (28.1.05) ueber Aussagen des World Social Forum 
zum Irak?
"An der WSF-Auftaktdemo nahmen an die 200.000 Menschen teil. Die meisten 
Proteste richteten sich gegen die US-Besatzung im Irak. "Wir stehen auf der 
Seite jener, die im Irak Widerstand leisten und fuer ein souveraenes und 
demokratisches Land kaempfen", sagte der brasilianische Linksintellektuelle 
Emir Sader."
Bravo! Was fuer eine "Weisheit"! Jeder weiss doch, dass es die USA ist, Bush 
und Rumsfeld waren, die den Irakern die Moeglichkeit gaben, waehlen gehen zu 
koennen. Also bitte, aber solche Aussagen kann man nur noch mit "geistiger 
Umnachtung" umschreiben. Auf welcher Seite steht eigentlich dieses Forum? 
Auf der Seite von Massenmoerdern, Entfuehrern und oeffentlichen (oeffentlich 
im Internet) Hinrichtungen? Das Frappierendste aber: Nimmt das WSF sein 
Schlagwort vom "souveraenen Land" ueberhaupt selbst ernst? Denn es gibt im 
Nahen Osten ein anderes Land, das noch immer besetzt ist: Der Libanon ist 
von Syrien ein besetztes Land. Nirgendwo habe ich gelesen, dass man den 
sofortigen Abzug Syriens fordert.
Ich frage mich, wann werden die Herren vom WSF ihre pazifistischen 
Forderungen endlich an jene, die Kriege BEGINNEN, richten und nicht immer an 
jene, die sie unter hohen Blutzoll beenden wollen???? (Wer an diesem Satz 
zweifelt: Saddam Hussein hat VIER Kriege BEGONNEN, BEVOR die USA bzw. die UN 
1991 eingegriffen hat.)
Wo bleiben Erklaerungen, die El Kaida und Bin Laden auffordern, ihren 
blutruenstigen, fanatisch - faschistischen "Kampf gegen die Unglaeubigen" 
endlich einzustellen??? Das ist doch ein unglaublicher Wahnsinn, diese 
bloed-blinde Einseitigkeit und Verdrehung des WSF in seinen Erklaerungen! 
Befaenden wir uns jetzt im Jahr 1945, man wuerde wohl der USA Genozid an den 
Deutschen vorwerfen und Kriegsverbrechen der Alliierten bei der Landung in 
der Normandie anprangern.
Leben diese Leute noch auf der Erde, oder befinden sie sich auf dem Mond, 
jenseitig? Hat da irgendeiner dieser Arbeitsgruppen jemals auch nur eine 
einzige serioese Wirtschaftsstatistik in der Hand gehabt? Diese ganzen 
Erklaerungen zu Wirtschaftsraum, Globalisierung und Neoliberalismus passen 
ueberhaupt nicht zusammen und sind ausserdem fern jeder Wirklichkeit. Ich 
habe natuerlich absolut nichts dagegen, dass man sich fuer gerechte 
Landverteilung und gegen Ausbeutung einsetzt, darum geht es nicht, nein, es 
geht um ein komplett irres Weltbild, das wahrscheinlich mindestens ein 
ganzes Jahrhundert alt ist. Man stelle sich vor, da wollen die bettelarmen 
Staaten (20 Jahre weniger Lebenserwartung) Ukraine, Tuerkei, Rumaenien, 
Georgien und andere in die EU, damit ihre Wirtschaft in Gang kommt und die 
Leute endlich aus der Armut (verarmt durch die kolonialistische Ausbeutung 
durch die Sowjetunion) rauskommen. Und das WSF bekaempft ernsthaft ein 
System, in das diese Aermsten der Armen Europas so schnell wie moeglich 
reinwollen und behaupten noch, dass sie das "Wohl" der Armen dabei im Sinn 
haetten.
Ja, reden wir von Lateinamerika. Stimmt, dort gab es "Ausbeutung", im 16. 
Jhdt. wurde der Kontinent von den Spaniern ausgebeutet bzw. blutig 
"missioniert". Aber heute? Was bitte, hat das mit heute zu tun, wenn z.B. 
eine spanische Firma mit einer brasilianischen einen Vertrag abschliesst, 
ich kaufe bei dir Kaffee oder Kuchen oder Laufschuhe oder Papayas oder die 
Marke "Ronaldo" ein und bezahle dafuer so und soviel. Ein Geschaeft zu 
beidseitigen Vorteil, denn die brasilianische Firma hat es - 
selbstbestimmt - mit jener (europaeischen) Firma abgeschlossen, die am 
besten dafuer bezahlt. Was bitte, ist daran schlecht? Es ist ein faires, 
rechtssicheres Geschaeft von muendigen Leuten in einer freien Welt.
Solche Geschaefte sind ganz bestimmt nicht der Grund, warum es Armut in 
Brasilien oder anderswo gibt. Warum ist die EU "reich"? Gibt es wirklich 
niemanden bei den Linken, der NICHT irgendeine dubiose, finstere 
kapitalistische Machenschaft dafuer verantwortlich macht, sondern erstens 
die finanzielle Unterstuetzung durch die USA nach dem 2. Weltkrieg 
(Marschallplan) und zweitens die unternehmerische Freiheit in einer 
funktionierenden Demokratie? Weil die Leute tun und lassen koennen, was sie 
wollen? Hat diese Linke irgendwann jemals nachgeforscht, wieviel Geld die 
USA derzeit in den Aufbau des Irak steckt und was das fuer positive 
Langzeitfolgen haben wird? (Aber krankhaft-paranoid stellt sich das Forum 
auf die Seite jener Kraefte, die diesen Aufbau behindern bzw. zu zerstoeren 
versuchen)
Ich frage hier: will diese Linke ueberhaupt die "freie Welt"? Oder ist sie 
noch immer auf der Seite des buerokratischen Zentralstaats, in dem mir 
irgendwelche wahnsinnigen Beamte jederzeit meinen ganzen Tagesablauf 
vorschreiben. Auf so einen Staat scheiss ich!
Das WSF macht den Eindruck, gegen JEDEN Handel und ALLE Privat-Initiativen 
einzutreten. Der heftig geschmaehte Lula da Silva hat das uebrigens erkannt 
und dem WSF "Ver-Ideologisierung" vorgeworfen. Hat das WSF wirklich ein 
praktisches Konzept wie man z.B. die Armut in Brasilien wirksam bekaempfen 
koennte? Ja, eines - ein EINZIGES "Konzept" - hat sie: nehmt den Reichen 
alles weg und schafft den Kapitalismus ab. Abgesehen davon, dass solches 
genauso schief gehen wird wie in China, Nordkorea, Sowjetunion und 
Kambodscha (aber machen wir es uns nicht so leicht), gibt es z.B. ein 
lateinamerikanisches Land, das koennte mit seinem hohen Staatsanteil (plus 
etwas Privatbesitz) leuchtendes Vorbild sein: Costa Rica, nur, es ist leider 
kein leuchtendes "Vorbild", denn die Bevoelkerung verarmt, aber nicht, weil 
das Land von der USA ausgebeutet wird, sondern weil bei soviel Staatsanteil 
kaum noch eine Firma in irgendwas investiert.
Die EU, das ist unsere Welt: Reisefreiheit, Niederlassungsfreiheit, Bildung, 
Wissenschaft und Kultur, reichlich Subventionen fuer Universitaeten, 
Kulturfestivals und Kleinbetriebe, und vieles mehr. Was kann man da 
eigentlich dagegen haben? Warum will man so ein System den Lateinamerikanern 
(man tritt gegen den amerikanischen Wirtschaftsraum auf) vorenthalten, weil 
man sich von uralten marxistischen Wirtschaftstheorien und altlinken 
Vorurteilen nicht loesen kann?
Ueberall dort, wo Rechtssicherheit fuer Geschaefte und Unternehmensfreiheit 
sowie freien Welthandel gibt, steigt der Wohlstand der Gesamtbevoelkerung 
genauso wie die Lebenserwartung: In Nordamerika, Australien, im asiatischen 
Raum, Japan, der EU und jetzt in China. Wo dagegen keine Rechtssicherheit, 
sondern Korruption herrscht, verarmt das Land und verfaellt in mafiaartige 
Strukturen. Bestes Beispiel dafuer ist Sizilien, Armenhaus in Westeuropa. 
Und findet nicht heraus aus der Armutsfalle, weil kaum eine europaeische 
Firma Lust hat, dort Geschaefte abzuschliessen. Die Leute, Jugendliche, die 
Intelligenz, alles wandert ab. Wieso kritisiert niemand beim WSF die Mafia 
in Sizilien oder die Korruption in Haiti? Wieso ist man so stur auf den Irak 
fixiert und auf den Neoliberalismus, dessen Ziele und Wirkungsweise 
vermutlich kaum ein WSF-Forumsteilnehmer jemals verstanden hat? Ein "Recht 
auf Wasser fuer die ganze Bevoelkerung" ist ein schoener Satz, aber 
irgendwer muss bleifreie Leitungsrohre herstellen, verlegen, vergraben und 
in jedes Haus einleiten koennen und irgendwer muss das bezahlen. Und wenn es 
eine amerikanische Privatfirma am besten und billigsten macht, was bitte, 
ist daran so entsetzlich? Wieviele Leute haben eigentlich im wunderbar 
verstaatlichten Nordkorea reines, sauberes Trinkwasser? Kann wirklich jemand 
ernsthaft der Meinung sein, dass es besser ist, dass man vom Staat voellig 
abhaengig ist und Wasser bekommt, das zwar voellig "umsonst" ist, dessen 
Qualitaet aber keiner kontrollieren kann, und oft gar nicht aus der 
Wasserleitung kommt, weil niemand Schaeden repariert oder es kein 
Ersatzteile gibt? Kann wirklich jemand glauben, dass so ein System besser 
ist als eines, das ein ganzes Land so reich macht, dass sich wirklich 
jede(r) seiner Buerger/innen jederzeit eine Flasche Trinkwasser leisten kann 
ohne darueber nachdenken zu muessen, und das sauber und billig ist, in 
Laendern, wo sonst gutes Wasser rar ist, wie z.B. in Griechenland? Und wo 
noch dazu jeder das Recht und die oekonomische Freiheit hat, selbst 
entscheiden zu koennen, ob er sich das Wasser in Form von Hochquellwasser, 
Coca Cola, Bier oder Schnaps leistet?
Tut mir leid, aber beim besten Willen kann ich nicht mehr erkennen, dass 
eine solche Linke mit derartigen Erklaerungen auf der Seite der "Freiheit" 
und "Selbstbestimmung" der Menschen steht!
*Thomas Herzel*
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> Unverstaendlich
Zu Obigem
Thomas, es tut mir leid, ich versteh Dich nicht. Gut und schoen, dass sich 
die IrakerInnen freuen, wenn sie waehlen koennen. Waer auch schoen gewesen, 
wenn die waehlen haetten koennen, die von den Amerikanern tot gebombt 
wurden.
Klar richten sich die Erklaerungen des WSF an die Herrschenden und 
Regierenden der Welt, denn die haben Namen und Adressen. Wie heisst die 
Regierung der Mafia? Signor B., der italienische Regierungschef, also eine 
der Personen, die Deiner Meinung nach alles ganz wunderbar machen, weil es 
uns in der wunderbaren EU so wunderbar geht, steht der Mafia recht nahe, 
aber er ist zweifellos nicht der Chef der Mafia. Die Arbeitslosigkeit in 
Europa waechst, die Armut in Europa waechst auch, aber bei uns ist ja Deiner 
Meinung nach alles bestens.
Bin Laden ist auch kein Regierungschef und auch wenn er sein Geld mit einer 
Baufirma verdient, besteht seine reale Macht praktisch nur aus ein bissl 
Sprengstoff und Menschen, die an ihn und seine Ideen glauben wie an einen 
Gott.
Das WSF soll gegen die Korruption in Haiti auftreten? No, das wird 
irgendeinen haitianischen Kleinboss aber beeindrucken! Korruption ist nicht 
einzudaemmen mit Appellen, sondern nur mit starken staatlichen Strukturen, 
gut bezahlten Beamten und einer selbstbewussten Bevoelkerung, die ueber ihre 
Rechte Bescheid weiss.
Mir ist nicht ganz klar, was Du eigentlich willst. Dauernd hackst Du auf 
Leute hin, die - nach Deiner Meinung unberechtigt - die USA kritisieren. 
Dabei machen die sich ueber die selben Dinge Sorgen wie Du. Allerdings 
bezeichnest Du Dich als links. Aber was verstehst Du darunter: 
Vergesellschaftung der Produktionsmittel lehnst Du ab, staatliche Eingriffe 
willst Du so wenig wie moeglich. Deiner Meinung nach garantieren 
kapitalistische Verhaeltnisse beste und billigste Versorgung der 
Bevoelkerung mit den lebensnotwendigen Guetern: Rechtssicherheit, 
Unternehmensfreiheit und freier Welthandel sind Dein Credo. So betet das 
auch die Weltbank vor. Was ist daran noch links? Warum schreibst Du das in 
der akin? Warum richtest Du Deine Leserbriefe nicht an andere Zeitungen, die 
eher Deinen Vorstellungen entsprechen. Ich kann die Salzburger Nachrichten 
sehr empfehlen.
*Ilse Grusch*
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