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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. November 2004; 19:50
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EKH/KPOe/Debatte:
> Das bringtīs nicht
Offener Brief an die Nutzungsgemeinschaft des EKH
Ich gebīs zu, ich schreibe diesen Brief mit einem flauen Gefuehl im Magen, 
aber ich glaube, das er notwendig ist. Denn was sich derzeit im Zusammenhang 
mit dem EKH abspielt, ist nicht mehr schoen. Ich habe Freunde auf beiden 
Seiten dieser Barrikade und ich leide mit beiden Parteien. Am meisten leide 
ich aber an der Barrikade.
1990 war ich bei der Besetzung zeitweilig mit dabei -- zwar mehr als 
solidarischer Adabei denn als Besetzer, aber immerhin. 1990 ging es darum, 
ein Gebaeude, dass die damals noch ziemlich reiche KPOe nur marginal nutzte, 
fuer eine Vielzahl von Menschen und Initiativen mit Beschlag zu belegen. Und 
diese Beschlagnahme war absolut gerechtfertigt.
Aber 1990 ist lange her. Seither ist es mit den Finanzen der KPOe 
offensichtlich bergab gegangen. Schon vor dem Urteil im Novum-Prozess musste 
die KPOe Teile ihrer Immobilien verkaufen, nachher stand die Partei knapp 
vor dem Bankrott -- und viel besser duerfte die Situation jetzt auch nicht 
sein. Ich traue zwar Parteipolitikern prinzipiell nicht -- selbst wenn sie 
gezwungenermassen ausserparlamentarisch sind --, aber die Tatsache, dass man 
das gesamte Personal kuendigen musste, bedeutet fuer mich schon, dass an der 
Pleite was Wahres dran sein muss. Eventuell waere vielleicht noch Geld aus 
dem Imperium der "Roten Fini" zu holen, wie allerorten gemunkelt wird, aber 
offensichtlich hat die Parteifuehrung keinen Zugriff mehr darauf.
Damit sind aber jene Bedingungen, unter denen die Besetzung ihre 
Legitimitaet gefunden hat, einfach nicht mehr vorhanden. Waere die Partei 
1990 schon so pleite gewesen, wie sie es heute ist, haette sie das Haus 
schon damals verkauft und es haette gar nichts zum Besetzen gegeben.
14 Jahre sind ins Land gezogen. 14 Jahre, in denen sich das EKH in seiner 
Struktur konsolidiert hat. Eine Menge Gruppen sind von dieser Struktur 
abhaengig geworden und koennen ueberhaupt in dieser Form nur arbeiten, weil 
es das billige und geraeumige EKH gibt. Und jetzt soll das alles aus sein? 
Da steckt man 14 Jahre lang Energie und Geld und Herzblut in die Projekte --  
und dann DAS! Ich verstehe, dass ihr wuetend seid. Speziell nach dem hoechst 
patscherten Panikverkauf an einen neuen Eigentuemer von zweifelhaftem Ruf.
Aber dass das EKH verkauft werden muss, ist seit gut einem Jahr mehr oder 
weniger klar. In dieser Zeit hat man sich von Seiten der KPOe bemueht -- mit 
Feuereifer oder eher lau, moechte ich nicht beurteilen --, eine Loesung zu 
finden. Der Versuch einer Zusammenarbeit mit der Gemeinde Wien hat 
erwartungsgemaess nicht funktioniert.
Von Eurer Seite war aber auch nur zu hoeren: "Wir bleiben!" Moeglicherweise 
gab es von Euch auch praktikable Vorstellungen, wie ein Entkommen aus der 
finanziellen Misere moeglich gewesen waere, aber Aussendungen von Euch habe 
ich bislang diesbezueglich nichts entnehmen koennen. Als einzigen Vorschlag 
habe ich vernommen, die Partei sollte das Haus herschenken -- was man 
zugegebenermassen politisch argumentieren koennte, weil der fruehere 
Reichtum nicht von der KPOe "erarbeitet" worden ist, sondern grossteils aus 
Handelserloesen von Geschaeften mit den RealSoz-Staaten stammt. Das waere 
zwar oekonomisch fuer die Partei ein ziemliche Herausforderung gewesen, aber 
immerhin argumentierbar. Doch bleibt erstens zu fragen, ob ihr an Stelle der 
kaum mehr liquiden KPOe auch bereit waeret, diese Argumentation zu 
akzeptieren. Wenn man nichts zu verschenken hat, ist einem das Hemd KPOe 
doch wohl naeher als der Rock EKH. Und zweitens, ob nicht doch etwas Wahres 
dran ist, dass -- auch wenn ihr regelmaessig Knoedel an die Partei 
abgeliefert habt -- die Partei immer wieder zusaetzlich Geld in das Haus 
stecken musste. So muss man drittens fragen, ob sich ueberhaupt jemanden 
gefunden haette, dem man das EKH haette schenken koennen und von dem man 
haette sicher sein koennen, dass er die Projekte bestehen laesst. So ein 
Geschenk angenommen haette ICH sicher nicht.
Egal, Stand der Dinge ist der, das Haus ist verkauft. Im gesellschaftlichen 
System, in dem wir leben, hat der alte Eigentuemer nun mal keinen Zugriff 
mehr auf das Verkaufte. Sicher, das duerfte durchaus im Sinne der KPOe 
gewesen sein, sich dieser Last so zu entledigen. Auch war natuerlich klar, 
dass die Parteifuehrung vor dem kommenden Parteitag klar Schiff machen 
wollte -- schliesslich sind viele der Kritiker von Baier und Co. schon lange 
der Meinung gewesen, die Partei muesse sich das Haus zurueckerobern.
Jetzt aber bei jeder Gelegenheit, wo die Parteifuehrung auftaucht, 
Stoeraktionen zu starten, faellt nicht mehr unter Protest, sondern lediglich 
unter Rache. "Ihr habt unsere Strukturen kaputtgemacht, jetzt machen wir 
Eure Strukturen kaputt!" scheint das Motto zu sein -- Hoehepunkt war die 
Tortung von Baier und Kriegelsteiner beim LINKE-Kongress. Es geht jetzt nur 
mehr darum, die KPOe zu aechten und alle, die mit ihnen zu tun haben; es 
geht darum, Parteinahmen zu sammeln, ganz nach dem Motto: Seid ihr fuer uns 
oder fuer die?
Leute, das bringtīs nicht. Die Wiener und oesterreichische Linke ist sowieso 
schon ein kleiner, zersplitterter Haufen. Ich bin beileibe kein 
Harmonie-Apostel. Wer mich kennt, weiss das. Aber Kriege zu fuehren, die nur 
zur Selbstbeschaedigung der Linken fuehren, ohne irgendwie Erfolg 
versprechend zu sein, ist keine Loesung.
Ja, ich weiss auch keine andere generelle Loesung in der Situation. Ich 
weiss nur, dass auch die akin aus ihren aus heutiger Sicht luxurioes zu 
nennenden Raeumlichkeiten geflogen ist, weil unser Gastgeber, die Druckerei 
Bruecke pleite war und liquidert werden musste. Wir haben auch nicht 
angefangen, die AUGE zu bekaempfen, der die Bruecke gehoert hat, weil wir 
gewusst haben, dass die das auch nicht mutwillig gemacht haben.
Natuerlich klingt das jetzt alles besserwisserisch und neunmalklug á la "Uns 
ist auch nichts geschenkt worden!", ich weiss eh. Aber irgendwie werden die 
Gruppen individuelle Loesungen finden muessen und vielleicht kann man nach 
Ende dieses Kleinkriegs diese vielleicht sogar zusammen mit der KPOe finden. 
Das waere in beiderseitigem Interesse.
Shit happens. Und irgendwie muss man sich da wieder rauswuehlen. Die grosse 
revolutionaere Heldpose wird das EKH nicht retten. Aber vielleicht kann man 
mit Hilfe des Mietrechts -- gegen den neuen Eigentuemer -- einiges 
erreichen. Und vielleicht kann man die Projekte auch ausserhalb des EKHs am 
Leben erhalten -- irgendwie eben, mit viel gutem Willen, jenem gutem Willen, 
ohne den es diese Projekte ja gar nie gegeben haette.
Ich weiss, das klingt nicht sehr vielversprechend. Aber so denke ich es mir 
halt.
Sorry
*Bernhard Redl*
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