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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. November 2004; 19:06
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Schwulesbisch:

> §209 -- EGMR verurteilt Oesterreich neuerlich

Mit einem kuerzlich bekannt gegebenen Urteil hat der Europaeische
Gerichtshof fuer Menschenrechte (EGMR) Oesterreich neuerlich wegen der
jahrelangen strafrechtlichen Verfolgung homo- und bisexueller Maenner
verurteilt. Die Aufhebung des § 209 (Erhoehtes Schutzalter) aendere nichts
daran, dass die nach dem antihomosexuellen Sonderstrafgesetz Verurteilten
nach wie vor Opfer sind.

Die Diskriminierung von Homo- und Bisexuellen qualifizierte das Gericht als
ebenso schwerwiegend wie Diskriminierungen auf Grund von Rasse, Herkunft,
Hautfarbe oder des Geschlechts. Dabei stellten die Strassburger Richter auch
ausdruecklich fest, dass die Aufhebung des § 209 an dieser Diskriminierung
nichts geaendert hat, weil Oesterreich nie anerkannt hat, dass § 209 und die
darauf gegruendete Verfolgung homo- und bisexueller Maenner eine
Menschenrechtsverletzung war und die Opfer nicht entschaedigt hat. Auch der
Verfassungsgerichtshof habe die Verstoesse gegen die Europaeische
Menschenrechtskonvention weder anerkannt noch bereinigt.

Die Republik Oesterreich muss den drei Beschwerdefuehrern mehr als EUR
61.000 Schadenersatz zahlen - fuer Anwaltskosten, Belastungen durch die
Strafverfahren und Haft. Derzeit sind vor dem Menschenrechtsgerichtshof noch
weitere sieben Beschwerden von Opfern des § 209 anhaengig.

Die beiden Beschwerdefuehrer koennen nun mit dem Urteil aus Strassburg in
Oesterreich die Erneuerung ihrer Strafverfahren und die Aufhebung ihrer
Urteile erreichen. Eine derartige Rehabilitierung koennen aber nur jene
Opfer des § 209 erlangen, die sich an den Europaeischen Gerichtshof fuer
Menschenrechte gewandt haben. Alle die das nicht getan haben, bleiben auf
Jahre hinweg wegen eines Sexualdeliktes vorbestraft und erhalten keinerlei
Wiedergutmachung, weder fuer den seelischen Schmerz noch fuer ihre
Verteidigungskosten und die (vielfach erfolgte) Vernichtung ihrer
buergerlichen Existenz.

(Plattform gegen § 209 / gek.)

Presseaussendung des Europaeischen Gerichtshofs fuer Menschenrechte:
http://www.echr.coe.int/Eng/Press/2004/Oct/Chamberjudgments211004.htm

Das Urteil des Europaeischen Gerichtshofs fuer Menschenrechte im Wortlaut:
http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/portal.asp?sessionId=753425&skin=
hudoc-en&action=request

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"Homo"-Ehe: VfGH weist Beschwerde ab

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Frage, ob ein nach
niederlaendischem Recht verheirateter Homosexueller ein Nachzugsrecht zu
seinem Partner nach Oesterreich hat, nicht endgueltig entschieden (siehe
auch akin 24/04). Die Behoerden, die diese Heirat nicht als Ehe im Sinne des
oesterreichischen Niederlassungsrechts anerkannt hatten, haetten nicht gegen
Verfassungsrecht verstossen, haelt der VfGH in seinem Erkenntnis fest.

Ehegatten aus Drittstaaten haben in Oesterreich das Recht, ihren Partnern
aus dem EU-Raum nachzuziehen. Lon Williams, ein US-Buerger, der in den
Niederlanden seinen deutschen Partner geheiratet hat, wollte dies auch tun,
nachdem sein Partner wegen eines Jobs nach Oesterreich gegangen war. Da die
Behoerden diese Heirat aber nicht als Ehe im Sinne des oesterreichischen
Niederlassungsrechts anerkannten, wandte er sich an den VfGH.

Dieser stellt in seinem Erkenntnis fest, dass diese Nicht-Anerkennung nicht
verfassungswidrig ist. Weder der Gleichheitssatz der oesterreichischen
Verfassung noch die Europaeische Menschenrechtskonvention wuerden eine
Ausdehnung der auf die grundsaetzliche Moeglichkeit der Elternschaft
ausgerichteten Ehe auf Beziehungen anderer Art gebieten. "Dass solche
Beziehungen anderswo der Ehe gleichgestellt sind oder als Ehe anerkannt
werden, aendert nichts an der grundsaetzlichen Freiheit des Gesetzgebers,
die von ihm fuer Ehegatten vorgesehenen Rechtsfolgen nur auf Verbindungen
von Personen unterschiedlichen Geschlechts anzuwenden." Somit sei auch das
Fremdengesetz "aus der Sicht des Gleichheitssatzes unbedenklich".

"Nicht zu beurteilen" habe der VfGH aber die Frage, ob die "Rechtsansicht"
der Behoerden zutrifft, dass in der Frage des Nachzugs unter einem Ehegatten
"ungeachtet des jeweils anzuwendenden Familienrechts nur eine jeweils
andersgeschlechtliche Person zu verstehen ist". Ob Lon Williams als
Ehepartner zu behandeln ist, muss nun der VwGH entscheiden.

(APA/akin)





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