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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. November 2004; 18:46
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Briefe aus Palaestina:

> Wo ist hier Israel?

Robert Reischer berichtet von seinem Einsatz bei der Olivenernte (II)

Am Montag, 18.10. bin ich ueber Jerusalem ins Westjordanland / Palaestina
uebersiedelt. Die ganze Fahrt und auch der Aufenthalt in dem Doerfchen Marda
ist gepraegt von der Befuerchtung, dass irgend etwas passiert. Staendig
kursieren Geschichten, die jemand wo gehoert hat. Manchmal fahren wir hin,
um es zu ueberpruefen. So haben wir gesehen, dass eine Reihe Olivenbaeume
entlang der Strasse entwurzelt und zerstueckelt wurden. Die kolportierte
Begruendung dafuer war, dass ein Reh zwischen den Baeumen hervor einem
israelischen Siedler ins Auto gesprungen war. Wir haben tatsaechlich auch
ein totes Reh am Strassenrand gesehen, die Begruendung klingt trotzdem mehr
als fadenscheinig.

Bei einem Besuch in Mashra, einem Doerfchen in der Naehe der Siedlung Ariel,
besuchten wir ein Haus, das allein wie eine Insel zwischen dem alten
Siedlungszaun und der neuen Mauer steht. Die Bewohnen muessen immer ueber
einen Erdwall klettern, wenn sie ins Dorf oder auf ihr Feld wollen, Besucher
muessen die Armee um Erlaubnis fragen. Die Security-Wall von der immer
berichtet wird, ist aber eine andere Sache. Diese Mauer wird entlang der
"Gruenen Linie", die Israel von Palaestina trennt, errichtet. Die Mauer steh
t fast immer innerhalb Palaestinas, an manchen Stellen bis zu 7 km "auf
Nachbars Grund", weshalb selbst der Oberste Gerichtshof Israels seine
Bedenken geaeussert hat. Es gibt aber noch andere Mauern in der Westbank,
die innerhalb Palaestinas einzelne Orte einkesseln oder sogar zerschneiden.
Zwischen diesen Enklaven gibt es noch Checkpoints, die den Verkehr zwischen
den Doerfern sehr schwierig machen. An manchen Stellen hat die israelische
Armee die Zufahrt zu einem Dorf einfach aufgerissen oder zugeschuettet,
sodass alle Menschen umsteigen muessen und Transportgueter vor dem Roadblock
entladen, hinuebergeschleppt und drueben auf ein anderes Fahrzeug wieder
aufgeladen werden. Das hat zur Folge, dass nur die wirklich wichtigen Dinge
bestellt oder geliefert werden, was der Wirtschaft keinen Aufschwung
ermoeglicht.

Alle Verordnungen der Armee und deren Veraenderungen werden einseitig
entschieden und der Bevoelkerung gar nicht mitgeteilt. Man merkt es erst,
wenn man betroffen ist. Z.B. ob eine Durchfahrt gesperrt wurde, wie gross
der Sicherheitsabstand zum Zaun sein muss, um welche Uhrzeit Passierscheine
ausgegeben werden oder aehnliches. Selbst der Buergermeister von Salfit kann
manchmal abends nicht in seine Wohnung im Nachbardorf, weil die Strasse
gesperrt wurde.

Meine erste Begegnung mit der Armee verlief glimpflich, weil ich den
Soldaten schlagfertig antworten konnte. Als er meinte, ich duerfte hier in
der Sperrzone gar nicht sein, erklaerte ich ihm, dass ich eine 3-Monats-
Genehmigung fuer Israel haette und ob denn das hier nicht Israel waere. Er
meinte nur: "Not yet" musste aber zugeben, dass es auch kein anderer Staat
war. Er wies mich darauf hin, dass es riskant fuer mich sei, weil hier
Terroristen lebten. Auf meinen Hinweis, dass doch die Terroranschlaege immer
in Israel seien, meinte er, das beste waere ueberhaupt, ich wuerde wieder
nach Oesterreich fahren. Sein Schlusswort war, dass es zwar nett aber
gefaehrlich sei, den Palaestinensern bei der Ernte zu helfen.

Wer die Aktion finanziell unterstuetzen will, kauft Palaestinensisches
Olivenoel im naechsten Weltladen und / oder ueberweist einen Betrag nach
freiem Ermessen auf das Konto Robert Reischer 104.273 bei Raiffeisenbank
Krems (32397). Nach meiner Rueckkehr stehe ich gerne fuer Informationsabende
mit Bildern und Diskussion zur Verfuegung. Anmeldung bei
reischer.robert@aon.at

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Anmerkung der Redaktion: Natuerlich geht es nicht "nur" um die Hilfe bei der
Olivenernte. Die Initiatorinnen eines Frauenprojekts haben um internationale
"Erntehelfer" gebeten, um Uebergriffe der Armee gegen ihre Familien durch
auslaendische "Schutzschilder" zu verhindern bzw. publik zu machen.






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