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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 14. September 2004; 19:17
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Linke/Solidaritaet/Debatte:

> Es koennte sein

Es koennte sein, dass ich den Linken unrecht tu und ich ein schlechtes
Gedaechtnis hab, ich hab nicht jeden akin-Kommentar im Kopf und forsche auch
nicht tagtaeglich im Netz der zahllosen Artikeln marxistischer und
neo-aehnlich-marxistischer Websites, aber trotzdem - wenn ich mich richtig
erinnere: Was sagen Linke eigentlich zu der derzeitigen Situation im Sudan?
Wie wollen sie die systematische Vertreibung der nichtmuslimischen Schwarzen
verhindern? Warum bezeichnen sie - sind sie doch sonst immer ganz schnell
dabei, Israel oder der US-Regierung Rassismus vorzuwerfen - warum
verurteilen sie diesmal nicht das sudanesische Regime als das, was es doch
ganz eindeutig ist, als "rassistisch"?

Und was sagen Linke zu den Terroranschlaegen? Sind die irgendwann schon
jemals verurteilt worden? Was ist z.B. mit jenem in der Schule in Beslan?
Ist das nicht Faschismus? Ist das knallharte Niedermaehen von wehrlosen,
hungrigen und durstigen, am Boden veraengstigt kauernden Kindern mit
Maschinengewehren nur aus einem einzigen Grund, WEIL sie Russen sind, nicht
"Faschismus"? Was ist los mit der Linken? Wo bleiben die
Dauer-Demonstrationen vor der sudanesischen Botschaft und vielleicht vor den
Moscheen? Wenn z.B. radikale Muslime zu Gewalt aufrufen, zum Dschihad, der d
as Toeten Unglaeubiger bedeutet auf dass die heroischen Kaempfer in das
ewige Gottesreich eingehen moegen?

Wer gegen die USA wegen dem Irakkrieg vor der US-Botschaft in Wien
demonstriert, muesste die Pflicht haben auch vor einer Moschee zu
demonstrieren, wenn im Namen des Islams Frauen und Kinder ermordet werden!
Das ist ganz eindeutig meine Meinung! Es gibt nicht "Faschisten", weil sie
einer bestimmten Nation oder Regierung angehoeren, sondern einen
"Faschismus", eine "Definition" dafuer. Es gibt eine Bezeichnung fuer
"Voelkermord", die kann man nachlesen oder im Internet suchen. Danach haben
sich Linke zu richten!

Wieso sagen sie nichts gegen den Rassismus im Irak? Ein Rassismus, der es
darauf anlegt, den ganzen Irak "von Auslaendern zu saeubern". Erst vor Tagen
wurden zwei junge italienische Frauen entfuehrt, Frauen, die nichts anderes
getan haben, als mitzuhelfen, ein Krankenhaus aufzubauen! Wer Frauen
entfuehrt, die als Krankenschwestern fuer eine Hilfsorganisation arbeiten
und mit deren Ermordung droht, ist in meinen Augen aber ganz eindeutig
nichts anderes als ein Faschist. Wo bleibt die Demonstration vor der
irakischen Botschaft: "Lasst die Geiseln sofort frei, Ihr Faschisten!"
sollte dort auf zahlreichen Transparenten stehen!

So stelle ich mir die Linke vor. Ich traeume davon, dass sie wirklich
konsequent und massiv gegen Gewalt auftritt, egal, wer diese gegen wen
ausuebt! Ich traeume davon, es ist aber leider nicht der Fall. Linke haben
einen eigenartigen Gewaltbegriff und sehen Gewalt meist nur bei den anderen.

Der Tschetschenienkrieg, die Massaker der Russen in Grosnij, die sind weit
schlimmer als der Irakkrieg und sogar viel schlimmer als die Kaempfe in
Falludscha, aber dennoch, bei Falludscha geht ein Aufschrei durch die linken
Homepage-Verbindungen, sonst herrscht Funkstille. Wo sind die Massen vor der
russischen Botschaft?

Wieso habe ich eigentlich noch kaum jemals einen Kommentar gelesen, der dazu
aufruft, dass sich die Palaestinenser nur mit gewaltfreien Mitteln a la
Gandhi zur Wehr setzen duerfen (sie scheinen jetzt, wie ich gehoert habe,
doch draufzukommen, die Palaestinenser sollten es der Hamas mitteilen)?

Das ist leider nur ein Vorwurf, ein zweiter folgt sogleich: Im Sudan wurden
rund 50.000 bis 80.000 Menschen, genaueres weiss man nicht, aus
rassistischen Gruenden ermordet und vielleicht sogar mehr als eine Million
vertrieben. Das ist unermessliches, menschliches Leid! Dieses Leid, diese
Vertreibung, diese Not dort "destabilisiert" sogar die ganze afrikanische
Gegend! Da muss doch sofort etwas dagegen getan werden! Die Linken waren
gegen den Bosnienkrieg, gegen den Kosovokrieg, den Afghanistankrieg und vor
allem gegen den Irakkrieg angeblich aus pazifistischen Gruenden, also mit
dem Argument, dass man die genannten Dramen (Steinigung von Frauen,
Vertreibung von Albanern, Beenden der Massaker in Kroatien und Bosnien) auch
mit friedlichen Mitteln haette verhindern oder loesen koennen.

Jetzt haettet Ihr die Chance dazu! Werdet aktiv! Tut endlich etwas -
pazifistisches - gegen den Voelkermord im Sudan! Oder wartet Ihr bis die USA
militaerisch eingreifen werden? Die UNO wird nichts wirksames tun, denn das
kommunistische China hat bekanntlich das Vetorecht und wird es ganz bestimmt
nuetzen, denn es hat sehr gute Erdoelvertraege mit dem Sudan! Seid Ihr schon
beim Malen? Streicht Ihr schon die Transparente ("USA, Haende weg vom
sudanesischen Erdoel"), damit es nur wenige Minuten dauert, um sie
hervorzuholen und zu praesentieren, dann, wenn die USA, wie diese sagen
wird, aus "humanitaeren Gruenden", militaerisch eingreifen wird?
*Thomas Herzel*

*

> So stell ich mir die Freizeit vor...

Zu obigem Text

Meine Freizeit ist die Zeit des Ausrastens, die Zeit des Nichtstuns,
Fernsehens, Lesens - es ist fuer mich mehr als nur eine Ruhepause. Ich
verbringe diese Zeit, wie ich will und bin froh, dass sie selten
fremdbestimmt ablaeuft. Aber selbst dann soll es meiner und keines anderen
Entschluss sein, mit dieser Fremdbestimmung einverstanden gewesen zu sein.
So stell ich mir die Freizeit vor. Es wird mir hoffentlich nie einfallen,
mein Freizeitverhalten oder ueberhaupt meine Lebensweise anderen als
verbindliche Norm vorzuschreiben. Wie koennte ich die entmuendigen, deren
Meinungen mir wichtig sind? Meine Freunde z.B., die man ueberwiegend als
Linke bezeichnen koennte. Obwohl ich natuerlich bei diesem und jenem
manchmal etwas aussetzen koennte, verkneife ich mir Zurechtweisungen
jeglicher Art - ich mag es selbst nicht, wenn ich zurechtgewiesen werde.

Du, Thomas, schreibst andauernd, wie die Linken sein sollten. Dies gipfelt
in Deinem jetzigen Artikel in: "So stell ich mir die Linke vor". Sie haette
jetzt die Chance, mit friedlichen Mitteln dieses zu verhindern und jenes zu
loesen. "Werdet aktiv! Tut endlich etwas..." Aber Linke haben deiner Meinung
nach "einen eigenartigen Gewaltbegriff" und wuerden Gewalt meist nur bei den
anderen sehen. All die bunt zusammengemixten Beispiele in Deinem Text
entsprechen sicher "ganz eindeutig" deiner Meinung. Es ist so - und aus! "Es
gibt eine Bezeichnung...", die man nachlesen oder im Internet suchen koenne
und danach haetten sich Linke zu richten und so weiter in Deinem
Erziehungs-programm. Tun sie das nicht, was Du Dir gerade als wichtigste
linke Notwendigkeit vorstellst, heisst es gleich: "Was ist los mit den
Linken?", "Und was sagen Linke zu....?", "Wo sind die Massen....?" oder "Wo
bleiben die Dauerdemonstrationen?"

Jetzt kommt etwas zum Mitschreiben, lieber Thomas: Die Linken aus Wien,
deren Bekanntschaft, Freundschaft oder Zuneigung ich geniesse, sind ein
bunter Haufen von Individualisten, die als solche kaum von Dir ueber ,einen
Kamm geschert' werden koennen. Die durchaus positiven Ansaetze in Deinem
Artikel verdirbst Du Dir mit Oberlehrer-Gehabe und Herumhacken auf Linken,
die Du gar nicht persoenlich kennst. Wenn Du es vorhaben solltest,
tatsaechlich Aenderungen herbeizufuehren, scheint mir ein etwas sachlicherer
Zugang weitaus angebrachter zu sein. Gerade im Umfeld und in der Leserschaft
der AKIN kannst Du Linke finden, die sich Deinem ,Erziehungsprogramm' weit
entziehen duerften, weil sie bereits unter Dollfuss im Gefaengnis sitzen
mussten.
*Fritz Pletzl*




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