**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 22. Juni 2004; 16:08
**********************************************************

Asyl/Kommenmtar

> Strasser greift den Rechtsstaat an

Der Unabhaengige Bundesasylsenat soll demontiert werden


Polizeiminister Strasser moechte den Unabhaengigen Bundesasylsenat (UBAS)
einem "verstaerkten Controlling" unterziehen ("Standard", 18.6.). Die 35
UBAS-Mitglieder haetten naemlich in den vergangenen beiden Jahren "nur drei
Entscheidungen pro Mitarbeiter und Woche" gefaellt. Die (an Strassers
Weisungen gebundene) Erstinstanz, das Bundesasylamt, hingegen 15 Bescheide
pro Person und Woche.

So sehen sie allerdings auch aus: Ein Grossteil der negativen Bescheide des
Asylamtes ist rechtswidrig und wird aufgehoben. Meist nach einem langen
Verfahren, weil die Ermittlungen der Erstinstanz so schlampig sind, dass der
UBAS ganz von vorne anfangen muss. Kriegen Strassers Beamte eigentlich
Praemien fuer rasche, willkuerliche, rechtswidrige Bescheide?

Der UBAS verwendet Dokumentationsmaterial aus dem Internet; Strasser will
ihm den Zugang kappen. Der UBAS setzt Sachverstaendige ein - Strasser (der
ueber die Finanzen entscheidet) moechte sie einsparen. Der UBAS haelt sich
an die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes; Strasser meint wohl
(wie wir hoeren), das haette das Innenministerium doch auch nie getan...

Zur Erinnerung: Der UBAS ist die wichtigste Errungenschaft des Asylgesetzes
1997, das von Caspar Einem mit Unterstuetzung der NGOs ausgearbeitet worden
war. Wir sind nicht immer einverstanden mit den Bescheiden des UBAS. Aber
dass es eine unabhaengige Berufungsinstanz gibt, ist ein Pfeiler des
Rechtsstaates, an dem nicht geruettelt werden darf.

Strasser geht seinen Weg konsequent weiter: Ausschaltung des
Schubhaftsozialdienstes - Asylgesetznovelle - jetzt kommt der UBAS in sein
Visier.

Unterdessen verschwinden Menschen: Man drueckt ihnen "Dublin" -Bescheide
(Ablehnung wegen Einreise aus einem "sicheren Drittland") in die Hand; sie
werden sofort verhaftet und abgefuehrt - die RechtsberaterInnen in der
Erstaufnahmestelle erfahren es nicht einmal.

Und sitzen sie erst in der Schubhaft in Wien, von der Strassers
Kerkermeister Ecker die NGOs fernhaelt, dann ist jede Hoffnung vorbei. Dort
verliert sich ihre Spur.

Also wird meist gar keine Berufung eingebracht, ueber die der UBAS
entscheiden koennte. Und selbst wenn eine eingebracht wuerde - nach Strasser
Novelle kommt ihr keine aufschiebende Wirkung zu. Die Menschen werden
abgeschoben, ins Nichts.

Das ist Strasserland, im Sommer 2004. Ein halbes Jahr nach dem
"Weihnachtsfrieden", den manche (aus Naivitaet - oder aus Eigennutz ?) mit
dem Polizeiminister schlossen, so dass er aus der Defensive herausfand, in
die wir und andere ihn gedraengt hatten.

Jetzt vermeint er, stark genug zu sein zum Angriff auf die Gewaltenteilung,
zum direkten Angriff auf ein Grundprinzip der Demokratie. Unsere Leserinnen
und Leser erinnern sich: Wir haben vor dem Wirken dieses Mannes oft genug
gewarnt.

*Michael Genner, Asyl in Not*





*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin