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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. Maerz 2004; 17:10
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Gruene/Alternative/Jugend/Debatte:

Renate Sassmann hatte in akin 9/2004 als Protest gegen die Nichtanerkennung
der Gruenalternativen Jugend durch die Bundespartei ihren Austritt aus der
Gruenen Alternative bekanntgegeben. Karl Oellinger hatte daraufhin
geantwortet, die Entscheidung waere aus rein formalen Gruenden passiert und
haette nichts mit dem politischen Verhalten der Parteijugend zu tun. Doch
die Debatte darueber scheint gerade erst angefangen zu haben...

*

> Austritt fuer und gegen wen und was?

Herzallerliebste Renate, ich sag dirs gleich grad raus: dein Austritt ist
nicht richtig. Weil warum, weil........:

Die Darstellung von Karl ueber den Konflikt der neugegruendeten GAJ (Bund)
mit dem Bundesparteivorstand ist sachlich ok, aber sie trifft nicht den
emotionalen Kern der Sache. Vielleicht kann ich dazu was betragen.

Ich hab ziemlich die gleiche politische Biographie wie du, und stimm auch in
der Einschaetzung der aktuellen politischen Situation mit dir ueberein.
Daher ist mir deine Reaktion sehr verstaendlich, der Gedanke aus Protest
gegen die Politik der obersten Spitze aus der Gruenen Alternative
auszutreten ist mir nicht fremd; ich hatte ihn auch schon ein paarmal.
"Sollen die sich ihren Dreck doch selber machen. Mir reichts jetzt
endgueltig!! Hab ich das notwendig?"

Mir kam auch schon der selbe Gedanken wie dir gerade: "Mittlerweile glaub
ich, dass viele von Euch froh sind, dass laestige KritikerInnen wie ich sich
von Euch verabschieden. Laengst schon seid Ihr dabei, Euch eine andere Basis
zu suchen, die alten - und jungen - Linken sind Euch dabei maechtig im Weg."
Abgesehen davon, dass ich immer wieder Beobachtungen, Gespraeche und
Erlebnisse habe, die bewirken dass ich mir nicht mehr so sicher bin, dass
die Spitzen unserer Partei wirklich so denken, faellt mir dann immer ein,
dass dort, wo wer froh ist, es sicher auch andere gibt. Solche, die alles
andere als froh sind, dass du sie verlaesst. Manche sind sogar traurig und
ein bisschen zornig. Wen meine ich? Schauen wir uns am konkreten Fall an,
welche Leute sich von dir verlassen oder gar in Stich gelassen fuehlen
koennten:

Da gabs im Bundesvorstand schon heftige Diskussionen. Lass dich von der
Einstimmigkeit nicht taeuschen. Die ist ein Zwischenergebnis.

Dann gab es, soweit ich weiss, in vier Bundeslaendern heftige Empoerung
ueber den Beschluss. Der Tiroler Landesvorstand fasste einen
Beharrungsbeschluss gegen den Bundesvorstand. Aehnliches geschah in
Oberoesterreich und in Vorarlberg, von Wien ganz schweigen.

Beim Erweiterten Bundesvorstand wurde heftigst diskutiert, alle drei Wiener
Vertreter forderten die sofortige Anerkennung der GAJ, der Beschluss des
Tiroler Vorstand wurde vertreten und die leider abwesende vorarlberger
NR-Abgeordnete Sabine Mandak forderte schriftlich das Selbe. Ich sprach
Klartext ueber die von mir vermuteteten tatsaechlichen Gruende der
Nichtbenennung und verwies auf unsere FOeJ-Geschichte in einer anderen
Partei. Nach fast zwei Stunden Diskussion war klar, dass es keine Mehrheit
fuer den Termin 1.April 04 gibt.

Der dann zustande gekommene Beschluss besagt, dass die GAJ Bund die
Jugendorganisation der Gruenen ist und dass seine Benennung gegenueber dem
Sozialministerium erfolgt, sobald einige formelle Maengel behoben sind.
Dafuer wurde eine Begleitgruppe gebildet, der Sabine Mandak angehoert. In
der Zwischenzeit hat die Partei Geld zur Verfuegung zu stellen bzw. bei
Projekteinreichungen zu helfen. Die anwesenden Vertreter der GAJ sahen darin
einen Teilerfolg.

Am Montag darauf in der Wiener Landekonferenz wurde (mit einer Gegenstimme)
eine Resolution an die Bundespartei beschlossen.

Die ehebaldigeste Anerkennung wird gefordert. Die Solidaritaet mit der GAJ
(auch zu ihren Inhalten und den damit verbundenen Aktionen z.B. in Kaernten)
wurde festgehalten und volle Autonomie der Jugendorganisation wurde
gefordert. Dass diese Forderungen selbstverstaendlich von den Gruenen in
Wien erfuellt sind, weisst du. Und auch dass die Wiener GAJ gar nicht so
wenig Geld, ohne jede Bedingung, bekommen. Dies gilt auch fuer einige andere
Bundeslaender.

Dies alles waere nicht der Fall, wenn es nicht eine Menge Leute gaebe, die
sich dafuer abmuehen. Du und ich gehoeren dazu.

Kannst du dir vorstellen, dass die alle sauer sind, wenn du austrittst?

Jetzt gibt es natuerlich viele andere, und sehr wichtige Punkte, in denen es
Meinungsverschiedenheiten bei den Gruenen gibt. Und ueberall das gleiche
Bild: geht ein/e Linke/r, Aufmuepfige/r, freuen sich vielleicht die einen,
aber andere sind mit absoluter Sicherheit geschwaech; und traurig!

Ich glaub nach wie vor, dass fuer uns die Bedingungen bei den Gruenen gut
genug sind um zu bleiben: Vor allem in Wien. Wir haben doch eine autonome
Landesorgansition, die immer wieder ein gewisses Hemmnis fuer die
Bundespartei auf dem Weg zu einer ganz "normalen Partei" ist.

Oder? Und ich will gar nicht daran denken, wer deinen, meinen und hundert
andere Plaetze einnimmt, wenn wir alle gehen.

Mit der Bitte Ueberpruefung deiner Entscheidung und ganz lieben Gruessen
*Herbert Sburny*



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