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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Maerz 2004; 06:12
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Streit/Kultur/Glosse:

> Ploetzlich in, statt vor der Glotze

Zu den Texten von Thomas Herzel und der Oekoli in dieser Ausgabe

Thomas Herzel prangert wieder die, wie er meint, ideologische Verbohrtheit
der Linken an. In ihrem fast fanatischen Hass auf Israel und die USA wuerden
sie Gefahr laufen, den islamistischen Terror staendig zu verniedlichen.
Sowieso durchgehend antisemitisch, seien diese Linken zudem aber auch
KPOe-nahe oder gleich Mitglieder der KP. Und schliesslich haetten die von
Moskaus Pruegelschergen dirigierten Laender alle so ausgesehen wie das
heutige Nordkorea, wo sich die Menschen nur aus Mistkuebeln ernaehren
koennten. Die OEKOLI wiederum beklagt die aufgeregten Reaktionen der linken
und feministischen Bewegungen, die durch die geplante Abschaffung der
eugenischen Indikation` das Selbstbestimmungsrecht der Frau in Frage
gestellt sehen wuerden. Dies demonstriere nicht nur die historische Amnesie
weiter Teile der Linken und der Frauenbewegung, sondern auch, wie sehr diese
selbst in die "postnationalsozialistische Realitaet Oesterreichs" verstrickt
seien. Zusammengefasst ergibt dies eine antisemitische, kommunistische
Linke, die mit der Frauenbewegung in der postnationalsozialistischen
Realitaet Oesterreichs agieren wuerde. Ich glaub, ich hab die historische
Amnesie vergessen...

Geht's wirklich nur so? Ist das Niedermachen des Gegners` wirklich die
einzige Chance, die eigenen Argumente darzulegen? Wenn jene, die sich
erlauben, anderer Meinung zu sein, sofort mit der wenig erfreulichen Punze
Antisemit` herumlaufen oder -zig Frauenbewegungen samt etlichen Linken das
Verharren in post-NS-Realitaet` vorgehalten wird, gibt es nur mehr
beschimpfende Kanzelpredigten auf eigenartigem Niveau, aber kaum
Diskussionen ueber kontroversielle Inhalte. Was soll es wirklich bewirken,
innerhalb eines aehnlichen politischen Spektrums` ununterbrochen Antisemiten
produzieren zu wollen? Langeweile, Missmut und das erwuenschte Ende des
Diskurses? Und was ist mit den Demos der 80er, liebe Oekolis, wobei nicht
nur die Linken das Recht der Frau auf ihren Bauch postuliert haben? Die
Frauen haben sich auch das Recht auf die eugenische Indikation erkaempft.
Welche Maenner wollen Frauen wirklich dazu zwingen, ein schwer behindertes
Kind auszutragen? Dass die Medizin seit den Kaempfen fuer die
Abtreibungsmoeglichkeit ungeheure Fortschritte in fast jedem Bereich und
natuerlich auch in der Fruehdiagnostik erreicht hat, aendert doch nichts am
Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Sollen die Frauen in die Ukraine oder
nach Tansania fahren, um abtreiben zu koennen?

Beide Themenbereiche sind selbstredend hoechst diskussionswuerdig. Werden
die Diskursrunden jedoch gleich mit Beschimpfungen gestartet, sind die
Ergebnisse vorhersehbar: Die jeweilige sofortige Verhaertung der bestehenden
Meinungen. Als Experiment im Kleinen und im Grossen tausendfach bewiesen.
Das Kleine ist bloss die permanente Beschimpfung als Antisemit, das Grosse
hat uns der Fernseher in die Wohnzimmer gebracht. Wahrscheinlich werden dem
Anschlag in Madrid einige andere folgen. Sollten die Attentate wirklich von
der El-Kaida durchgefuehrt worden sein, und vieles spricht mittlerweile
dafuer, sind Anschlaege in den EU-Laendern der US-Allianz sehr
wahrscheinlich. Einige oder eine islamische Gruppe hat Rechnungen in Europa
zu praesentieren. Die Kriege in den islamischen Laendern wurden in Europa
zwar fast wie der unvermeidliche Wetterbericht konsumiert, aber der
Sitzplatz vor dem Fernseher wird fuer viele Menschen zum Tod im Fernsehen
werden. In, statt vor der Glotze, ganz nahe. Niemand weiss, wann und auf
welchen Grundlagen die USA, die El-Kaidas und die Islamisten, Israel, die
Palaestinenser, die Irakis, Afghanen, Talibans ... Frieden schliessen
koennten, und ob dies jemals moeglich ist. Aber vielleicht sollten wir in
diesen Zeiten etwas sorgsamer miteinander umgehen.
*Fritz Pletzl*




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