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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 27. Jaenner 2004; 15:53
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Medien/Glosse:

> Vermischtes

Jede Woche dasselbe. Jede Woche stolpere ich wegen meines fast schon an
Missbrauch grenzenden Medienkonsums ueber Woerter, Saetze, Namen, Begriffe,
von denen mich manche ein bisserl aergern und manche ein bisserl sehr
aergern. Jedesmal denke ich mir, Du kannst doch nicht immer deine ganzen
Assoziationen ungefiltert und unsortiert dem akin-Publikum hinwerfen, das
nervt die doch. Dann beschraenke ich mich auf ein oder hoechstens zwei
kleine Eckerln. Diesmal steht aber sonst nicht sehr viel in der Zeitung, da
kann ich es durchaus einmal wagen, das p.t. Publikum mit einer Familientube
meines Senfes zu belaestigen:

Der erste Stolperstein auf meiner Wanderung durch die Berichterstattungen
dieser Woche war: "Mumbai!" Das ist eine Stadt in Indien. Gefahren sind sie
alle nach Mumbai zum diesjaehrigen Weltsozialforum. Zurueckgekommen sind sie
aus Bombay. Natuerlich: Antikolonialistisch-politisch korrekt heisst es
"Mumbai". Die meisten Einwohner bezeichnen sich zwar immer noch als
"Bombayites", aber das wird ihnen die Regionalregierung schon noch
austreiben. Schliesslich sei "Mumbai" der historische Name der Stadt von vor
der Ankunft der Portugiesen im 16.Jahrhundert, so die lokalen Oberinder.
Boese Zungen meinen zwar, dass sich der Name "Mumbai" sich historisch nicht
belegen laesst und dass die Umbenennung 1995 lediglich dazu dienen sollte,
von den mangelnden Erfolgen der Provinzregierung abzulenken. Aber das sind
halt boese Zungen, dieselben, die darauf hinweisen, daß die Kampagne zur
Umbennenung hauptsaechlich von der Regierungs-Partei Shin Sena betrieben
worden war, deren Chef als Hitler-Verehrer gilt und die ganz offen
Schlaegertrupps unterstuetzt, die sich nicht nur gegen alles wenden, was
ihnen als zu westlich oder moslemisch gilt, sondern auch gegen solche
indischen "Auslaender", die aus einem anderen Bundesstaat kommen.

Oft lassen sich Antiimperialismus und Nationalismus eben nur schwer trennen.
Vielleicht sollte man doch weiter "Bombay" sagen.

*

Dann war da dieser Radioreporter, der ueber einen Georgier meinte: "...der
weltoffene Politiker, der sein Land am liebsten in NATO und EU sehen
moechte..." Das ist perfid. Er sagte nicht, der Politiker sei weltoffen,
weil er sein Land in NATO und EU sehen moechte. Er stellt keinen direkten
Zusammenhang her, nein, er verwendet das In-einem-Atemzug-Verfahren, um uns
zu sagen: NATO und EU, das ist die Welt!

Sowas kommt mir vor wie jene Menschen, die einem erklaeren, etwas sei
"international angeschrieben", wenn irgendwo etwas auf Englisch steht.

*

Zurueck in Oesterreich: Boehmdorfers "Schamhaar-Gesetz" ging letzte Woche
durch den Justizausschuss. Ab Inkrafttreten der neuen Bestimmungen wird ja
der Schutz von Sitte und Moral wieder groesser geschrieben, zu lautes
Stoehnen oder das Photographieren von 17-jaehrigen soll unter bestimmten
Umstaenden direkt in den Haefn fuehren. Andererseits wird aber gerade mit
dieser Novelle einer langjaehrigen Forderung progressiver Kreise Genuege
getan, gegen die sich bislang immer die OeVP gesperrt hatte: Der
entsprechende Abschnitt im Strafgesetzbuch soll nicht mehr "Strafbare
Handlungen gegen die Sittlichkeit" heissen, sondern "Strafbare Handlungen
gegen die sexuelle Integritaet und Selbstbestimmung" als Titel tragen.

Unter anderen Umstaenden waere diese Aenderung durchaus begruessenswert. So
aber ist es nur Orwellsches "Neusprech". Denn dieses Gesetz ist ja selbst
eine "Handlung gegen sexuelle Selbstbestimmung". Nur halt leider keine
strafbare.

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Und schliesslich dann noch diese Null im Mittagsjournal am Montag. Unser
Finanzminister praesentiert sein Budgetdefizit: 0,97%. Ganz klar ist das
natuerlich nicht, sind doch noch nicht alle Steuereinnahmen abgerechnet,
aber der momentanen Stand kommt irrsinnig gut rueber, diese Magie der
kleinen Zahl; denn irgendwo ist das ja schon noch ein "Nulldefizit". Da
merkt man, dass Grasser auch einmal in der Privatwirtschaft war. Beim Billa
kostets ja auch immer nur 99 Cent.

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So geht das jede Woche. Jede Woche, jeden Tag diese Trickslereien, Untiefen
und Fangschlingen. Und das regt mich immer so auf! Gehts eigentlich nur mir
so?
*Bernhard Redl*



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