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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Januar 2004; 23:07
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Bioethik:

> Kommt PID?

Die Praeimplantationsdiagnostik (PID) gehoert zu den am heissesten
diskutierten Fragen im Zusammenhang mit der kuenstlichen Befruchtung.
Dadurch werden Embryonen bereits vor der Einpflanzung in den Mutterleib auf
moegliche genetische Schaeden ueberprueft, eine Art "Qualitaetskontrolle".
Die oesterreichische Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt hat sich nun
bei ihren Beratungen am Mittwoch letzter Woche grundsaetzlich darauf
verstaendigt, auch in Oesterreich die bisher verbotene
Praeimplantationsdiagnostik (PID) in bestimmten Faellen zuzulassen. Dies
soll dann gelten, wenn ein schwerer genetischer Defekt des Embryos
angenommen werden kann, der eine Implantierung unmoeglich macht - etwa auf
Grund des Alters der Mutter oder von Gen-Defekten der Eltern - bzw. fuer
Faelle, in denen der genetische Defekt so schwer ist, dass eine erfolgreiche
Schwangerschaft nicht zu erwarten ist.

Die Bioethikkommission hat allerdings noch keinen formellen Beschluss
gefasst. "Die wissenschaftlichen, rechtlichen und vor allem ethischen Fragen
sind noch nicht abschliessend behandelt", so Prof. Johannes Huber,
Vorsitzender der Kommission, in einem Interview mit der "Presse".
Befuerworter von PID sehen darin eine wesentliche Verbesserung der Situation
von Frauen, die mittels kuenstlicher Befruchtung schwanger werden wollen.
"Das bedeutet, dass man den Frauen nicht mehr eine befruchtete Eizelle
einpflanzt und sie damit ins Ungewisse schickt", meint Huber. Man wuerde in
Zukunft keinen Embryo mehr einsetzen, bei dem man damit rechnen muesse, dass
er bereits waehrend der Schwangerschaft abgehen oder das Kind kurz nach der
Geburt sterben koennte. Derzeit ist hierzulande die Fruchtwasseruntersuchung
die sicherste Methode der Feststellung, ob ein Kind ernsthafte Missbildungen
aufweist. Diese kann aber erst in der 16. Woche der Schwangerschaft
durchgefuehrt werden.

Der PID mangelt es jedoch nicht an Kritikern. Sie befuerchten, dass die
Zulassung dieser Technik zur Produktion von "Designer-Babies" fuehren
koennte und Eltern etwa das Geschlecht ihres Kindes auswaehlen koennten.
Oesterreichs Bioethiker orientieren sich in dieser Frage stark an
Grossbritannien, wo versucht wurde, die Gefahr der "Designer-Babys" zu
entschaerfen. Dort ist die PID zwar erlaubt, jedoch nur im Einzelfall. Die
Erlaubnis dafuer muessen sich Paare bei der Aufsichtsbehoerde fuer
kuenstliche Befruchtung und Embryonenforschung holen. Auf welche Krankheiten
die Embryonen untersucht werden, kommt auf den Einzelfall an. 70 Prozent der
Briten befuerworten diese Fruehdiagnose. Die oesterreichische Kommission hat
sich zwar noch nicht mittels einer endgueltigen Stellungnahme fuer oder
gegen die Zulassung der PID bekannt, die Weichen scheinen aber schon fuer
eine "Freigabe unter gewissen Bedingungen" gestellt zu sein.

Birgit Primig, Vorsitzende der nicht-offiziellen "Ethikkommission FUeR die
Bundesregierung" meint in einer Aussendung dazu: "Wer leben darf oder wer
nicht, dafuer hat sich etwa Grossbritannien schon entschieden: Hier
existiert de facto ein Kriterienkatalog. Die PID fuehrt dazu, dass wieder
Listen ueber unerwuenschtes Leben angefertigt werden." Die
Praeimplatationsdiagnostik sei auch relativ unzuverlaessig; die Angaben zur
Fehleranfaelligkeit wuerden zwischen 7 und 36 Prozent schwanken. Die
European Society of Human Reproduction and Embryologie empfiehlt daher immer
nach einer PID eine Praenataldignostik durchfuehren zu lassen. Das oft
gehoerte Argument, die "Schwangerschaft auf Probe" mit Hilfe der PID
abzuschaffen, ist daher falsch. "Aus der Fuersorge fuer ein Kind wird
zunehmend die Vorsorge vor einem Kind", so Primig. Die Ethikkommission FUeR
die Bundesregierung hat bereits vor einem Jahr eine Stellungnahme zur PID
abgegeben. Sie kann auf der offiziellen Hompage unter "Stellungnahmen"
nachgelesen werden. Was sich als "echter medizinischer Fortschritt"
anlaesst, koennte in Wahrheit eine neue Tuer fuer die Einfuehrung von
Selektionskriterien fuer menschliches Leben oeffnen. (akin)

Quellen:
Die Presse 15.01.2004
http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=i&id=399172
http://www.service4u.at/ethikkommission/news.php?nr=4887

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