**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Jaenner 2004; 19:33
**********************************************************

USA:

> Zwei Monate Streik bei Supermarktketten

Unter anderem in Kalifornien kaempft die Gewerkschaft gegen Sozialdumping

Seit Oktober fuehrt die nordamerikanische Mitgliedsorganisation im Handel,
UFCW, eine massive Streikaktion im Einzelhandel durch. Bei dieser Aktion, an
der sich rund 75'000 Mitglieder in ganz verschiedenen Regionen der
Vereinigten Staaten beteiligen, geht es um die Zukunft der gesamten
Verbrauchermarktindustrie als Arbeitsquelle. Am 22.Dezember wurde der Streik
teilweise ausgesetzt, um neue Verhandlungen zu fuehren. Doch die sind
mittlerweile wieder gescheitert.

UFCW-Mitglieder traten am 11. Oktober bei Safeway, dem drittgroessten
US-Verbrauchermarkt-Unternehmen, in seinen Geschaeften im Sueden
Kaliforniens in den Ausstand, nachdem das Unternehmen drastische
Veraenderungen in den Krankenversicherungs-Programmen der Beschaeftigten und
bedeutende Lohn- und Leistungskuerzungen bei dem neu eingestellten Personal
verlangt hat. Diese Veraenderungen wuerden Safeway-Angestellte zwingen,
jaehrlich nahezu 5'000 $ auf den Tisch zu legen, um diese Versicherung, die
bisher durch Arbeitgeber-Beitraege finanziert wurde, selbst zu bestreiten.
Die beiden Arbeitgeber-Verhandlungspartner der Safeway, Kroger und
Albertsons, sperrten dann in ihren Geschaeften im suedlichen Kalifornien
alle UFCW-Mitglieder aus und stuerzten damit den Supermarkt-Sektor in eine
Krise.

Diese Arbeitgeber sind ueberzeugt, dass sie das finanzielle Rueckgrat der
Gewerkschaft und ihrer 'Locals' brechen und diesen Organisationen dann ihre
Vertrags-Abstriche aufzwingen koennen. Bei diesem Streik geht es ganz
offensichtlich um mehr als nur ums Geld, es geht um die Zukunft der
Arbeitsbeziehungen im Handel und in anderen Wirtschaftszweigen, und darum,
wie Gewerkschaften in kuenftigen Jahren die Rechte und Interessen der
Beschaeftigten wahrnehmen und foerdern koennen.

Grosskonzerne wie Safeway, Kroger und Albertsons unternehmen gezielte
Anstrengungen, um auch in ihren Betrieben eine 'Wal-Martisierung' der
Beschaeftigungsbedingungen zu erreichen. Durch die Abwaelzung bedeutender
Gesundheitsdienstkosten auf die Beschaeftigten und die gleichzeitige Senkung
der Loehne von neu Eingestellten leiten diese Firmen den 'Wettlauf nach
unten' ein, der bisher das Markenzeichen von Wal-Mart war. Die Arbeitgeber
versuchen, die Neuankoemmlinge auf eine viel niedrigere Stufe auf der
Lohnskala zu setzen und die Periode zur Erreichung der hoechsten Lohnsaetze
zu verlaengern. Dieses zweigleisige System wird die
Supermarkt-Einzelhandelsbranche in kurzer Zeit in eine Niedriglohnindustrie
verwandeln, so dass die dort Beschaeftigten bald zu den Working Poor (Armut
trotz Arbeit) gehoeren werden.

Wal-Martisierung

Der weltgroesste Einzelhandelskonzern Wal-Mart, der mit seinen 1,4 Millionen
Angestellten das groesste Unternehmen der Welt ist, wirft seinen Schatten
auch auf diesen Arbeitskonflikt. Wal-Mart baut seinen Erfolg und sein
Wachstum bekanntlich auf Sozialdumping auf, wobei er seinen Angestellten
viel niedrigere Loehne zahlt, als seine Konkurrenten, und den meisten einen
angemessenen Gesundheitsschutz verweigert. Wal-Mart ist zu einem Symbol fuer
gewerkschaftsfeindliche Taetigkeiten (union busting) geworden, und er
versucht mit allen erdenklichen Mitteln, seine nordamerikanischen
Angestellten an einer Organisierung in der UFCW zu hindern.

Safeway und andere Einzelhandelsfirmen benuetzen nun die niedrigeren Loehne
und schlechteren Bedingungen von Wal-Mart als Argument, um ihren extremen
Forderungen Nachdruck zu verleihen, und dies zeigt, wie gefaehrlich die Lage
fuer die ganze Gewerkschaftsbewegung ist. Diese Supermarkt-Ketten sind
jedoch sehr gross und florieren. Und sie haben es nicht noetig, von ihrem
Personal ein derartiges Opfer zu verlangen. Dieser brutale Angriff auf
Loehne und Leistungen entspricht somit keiner Notwendigkeit, sondern ist
ausschliessliches Gewinnstreben. Diese Firmen versuchen, fuer noch groessere
Ertraege, mehr Shareholder Value und die gewaltigen Praemien, die die
Manager einstreichen, die Arbeitskraefte zur Kasse zu bitten.

Der Streik kommt den Unternehmen bereits jetzt sehr teuer zu stehen. Kunden
und Gemeinschaften unterstuetzen die Supermarkt-Angestellten, indem sie
Streikposten nicht durchbrechen. Die Umsaetze sind im Vergleich zu der
Vorstreik-Situation auf ein Drittel oder weniger zurueckgegangen. Fuer die
drei betroffenen Firmen soll sich der woechentliche Verlust bereits auf 140
Millionen US-Dollar belaufen.

Fuer die Mitgliedsorganisationen von UNI Handel in allen Teilen der Welt ist
es von entscheidender Bedeutung, dass es der UFCW und ihren Mitgliedern
gelingt, die Ergebnisse, die sie in jahrelanger, harter Gewerkschaftsarbeit
und wirksamen Tarifverhandlungen erkaempft haben, zu schuetzen.

Sollte es diesen Supermarkt-Ketten gelingen, die durch Tarifverhandlungen
erreichten Normen unter dem Vorwand des Sozialdumpings bei Wal-Mart zu
senken, muessten wir weltweit nachhaltige Auswirkungen auf die
Handelsangestellten - und auf Beschaeftigte in vielen anderen Sektoren - und
ihre Gewerkschaften weltweit erwarten. ###

Quellen: http://www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x00713a4a#
http://www.ufcw.org/press_room/index.cfm?pressReleaseID=74
http://www.forbes.com/newswire/2004/01/11/rtr1206288.html


*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
eMail redaktion und termine: akin.buero@gmx.at
eMail abo: akin.abo@gmx.at
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin