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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. November 2003; 16:50
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Mexiko:

> Geschlossene Gesellschaft

Zapatisten feiern 20 Jahre EZLN

»Es sind 20 Jahre, aber wir fangen gerade erst an«, kommentierte Comandante
Abraham von der EZLN den Jahrestag der Gruendung der mexikanischen Guerilla
EZLN (Ejercito de Liberación Nacional) waehrend der gegenwaertig laufenden
Feierlichkeiten in Mexiko-Stadt. Mit Lesungen, einer Buchvorstellung,
Konzerten und einer grossen Tombola begehen die Zapatisten und ihre
Sympathisanten mehrere Tage lang den 20. Geburtstag der EZLN. Die
Feierlichkeiten sind Teil der Kampagne »20-10«, die bis Anfang Januar
fortgesetzt wird: In der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar 2004
jaehrt sich zum zehnten Mal der Beginn des zapatistischen Aufstands, als
Kaempfer der bis dato unbekannten EZLN in Chiapas mehrere
Bezirkshauptstaedte und das regionale Zentrum San Cristobal militaerisch
besetzten. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit Regierungstruppen, die
eine bis heute noch unbekannte Zahl von Toten forderten, erklaerten die
Zapatisten eine Waffenruhe, und die Regierung stellte auf massiven Druck der
mexikanischen Bevoelkerung, die mit Massendemonstrationen fuer Frieden
eintrat, ihre Angriffe ein. Das Datum des Aufstands war von der EZLN
gewaehlt worden, da es mit dem Inkrafttreten der Nordamerikanischen
Freihandelszone (NAFTA) zusammenfiel, die von der laendlichen Bevoelkerung
abgelehnt wird.

Am 17. November 1983, so berichtete Subcomandante Marcos in einer
eingespielten Tonbandaufzeichnung, die in Mexiko-Stadt praesentiert wurde,
gruendeten sechs linke Aktivisten, fuenf Maenner und eine Frau, im Urwald
Chiapas die Befreiungsbewegung. Marcos selbst stiess erst neun Monate
spaeter zu dem Gruenderkreis. Zu Zeiten der Aufstandes, so Marcos, habe die
EZLN 4 500 Kaempfer und 2 000 Reservisten in ihren Reihen gezaehlt.

Der Aufstand der EZLN, der mit den Worten »Ya basta« (»Es reicht«) in die
Oeffentlichkeit gelangte, erregte weltweites Aufsehen. In Mexiko wurde
deutlich, dass der Traum des Uebergangs zur »ersten Welt« und eines
prosperierenden Mexiko ohne soziale Probleme eine Seifenblase war. Das »Ya
basta« der Zapatisten setzte ein deutliches Zeichen gegen den damals
propagierten Siegeszug des Neoliberalismus und das »Ende der Linken«.
Zugleich trug der Aufstand stark zur Erneuerung linker Diskurse und der
Globalisierung von Protest- und Widerstandbewegungen bei.

In einem Interview des Subcomandante fuer ein vor wenigen Tagen
praesentiertes Buch ueber die zapatistische Bewegung, veroeffentlicht von
der Journalistin Gloria Muñoz, zeigte sich Marcos aussergewoehnlich
selbstkritisch. »Als erstes muss klargestellt werden, dass nicht alle
Aufrufe und Initiativen der Zapatisten auf eine massive Antwort der
nationalen und internationalen Zivilgesellschaft gestossen sind. Wir denken,
dies war Fehlern geschuldet, in diesem Fall meinen.« Als solche Fehler
benannte er seine Schreiben bezueglich des Konfliktes im Baskenland und die
schwache Reaktion auf seine Aufrufe an die Zivilgesellschaft, sich dem
Irak-Krieg entgegenzustellen.

In den Tagen bis zum 20. November wird nun in den zapatistischen Gemeinden
gefeiert, doch ueberraschenderweise ohne die Oeffentlichkeit. Nachdem im
August urspruenglich oeffentliche Feierlichkeiten angekuendigt worden waren
und sich einige Gemeinden in den vergangenen Tagen offensichtlich darauf
vorbereitet hatten, verkuendete ein Kommuniqué kuerzlich, dass der Festakt
hinter verschlossenen Tueren stattfinden wird. »So koennen wir Zapatisten
uns ausschliesslich der Feier unseres Geburtstages widmen«, hiess es
kurzerhand.
*Dario Azzellini, junge welt, 18.11.03*

Quelle: http://www.jungewelt.de/2003/11-18/009.php




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