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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. November 2003; 17:15
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Schwarzgruen/Glosse:
> Kritisches Schweigen
Ueber gruenen Widerstand
Am 28.10. informierte Gottfried Roithinger von den Linzer Gruenen den Rest
der Menschheit vom Ausgang des nicht sehr heftigen Gruenen Disputs ueber
eine kuenftige Schwarz-Gruene Zusammenarbeit in Oberoesterreich. Die
Diskussionen sind zu Ende gefuehrt, aus der Gruenen Koalitionsbereitschaft
mit der Landes-OeVP hat sich eine kraeftige Koalitionszusage entwickelt. Die
Gespraeche zwischen Rudi Anschober und dem designierten Stadtrat der Linzer
Gruenen, Juergen Himmelbauer, seien "umfassend" gewesen und haetten
zumindest dahin gefuehrt, "die unterschiedliche politische Einschaetzung des
Gespraechspartners zu respektieren". So weit, so schlecht - obwohl die
Linzer Gruenen zwar "kritisch" verbleiben, verfolgt Himmelbauer "die
Ueberlegung einer Urabstimmung" nun nicht mehr. Soweit zum gegenseitigen
Respekt der unterschiedlichen politischen Einschaetzung.
Die durch die Wahlen gestaerkten Oberoesterreichischen Gruenen benoetigen
mehr Platz. So trifft es sich angesichts der bevorstehenden Koalitionsarbeit
gut, dass die Frage der zukuenftigen Buerostruktur nicht politisch, sondern
praktisch entschieden wird: den Stadtgruenen duerfte durch das begrenzte
Raumangebot des Gruenen Hauses in Urfahr der Anblick von OeVP-"Mitarbeitern"
erspart werden. Dies trifft sich hervorragend mit dem Umstand, auf den
Roithinger noch hinweist, naemlich dass "auch in Zukunft inhaltliche
Differenzen thematisiert werden koennen". So duerften wilde Beschimpfungen
im Buero erspart bleiben. Alles trage eine ruhige, "gruene Handschrift".
Dies betrifft wahrscheinlich auch eine etwaige Bundeskoalition
Schwarz-Gruen, die es laut Eva Glawischnig nur nach Neuwahlen geben werde.
In OOe allerdings existiere eine realistische Chance fuer Zusammenarbeit. In
Linz beginnts.
Fuer Rudi Anschober ist die gruene Durststrecke damit vorbei. So meint er:
"Schluss mit der gruenen Bescheidenheit!". Glawischnig sieht die Gruenen
langfristig als 3. Kraft noch vor der FPOe etabliert. Nach den
Landtagswahlen werde man in der Bundespolitik jedenfalls vor einer Wende
stehen. Welcher, braucht nicht lang gefragt zu werden. Die Respektabilitaet
als gefragtes und auch gewaehltes Zuenglein an der Waage - fern von
ideologischem und historisch belastetem Hickhack. Einfach nur die Chancen
pruefen, den politischen Markt abchecken, praesent und flexibel sein.
Angesichts der gnadenlos begabten "Mitstreiter" reicht es oft, gar nichts zu
tun - zu warten und sich mit politikeingrenzenden Spruechen zurueckzuhalten,
so wie es Grossmeister Van der Bellen auf geniale Weise vorlebt. By the way
laesst sich so vieles miteinstreifen, machen anhand der eingeuebten
Chaospraxis der VP-FP-Koalition immer mehr ihr Kreuzchen bei den Gruenen.
Nichts sagen, keinen konkreten Standpunkt einnehmen, bedaechtig blicken,
mehr duerfte im einseitigen Handbuch fuer die Gruene Fuehrungsspitze
tatsaechlich nicht enthalten sein.
Waer es politisch nicht so traurig um die Gruenen bestellt, wuerde man
Glawischnig und Van der Bellen die gleichzeitige Ernennung zum
Bundespraesidenten wuenschen. Damit waeren zwar die in der Hofburg und damit
politisch weg, aber die unpolitische Malaise der Gruenen bliebe durchaus
bestehen. Was war heuer, im Jaenner und Februar? Um die Koalitionsgespraeche
zwischen den Gruenen und der OeVP war bei den Wiener Gruenen endlich so
etwas wie Kampfbereitschaft entstanden: "Nie!" "Dann treten wir alle aus!"
"Wir gruenden endlich was neues - die Linken werden sich jetzt formieren!"
Alle von uns koennen sich noch erinnern, die Streitereien waren endlos. Der
Fall war zwar dann ein paar Tage spaeter erledigt, aber jetzt geht es
scheibchenweise. Von den Laendern heisst es bei den Gruenen: "Mit dem von
der OeVP haben wir immer schon sprechen koennen, der war fuer soziale
Anliegen meistens da, sogar Umweltbelange waren mit ihm moeglich...". Und im
Bund? "Naja, gewisse Konzessionen muessen halt eingegangen werden, aber bei
uns in den Laendern funktioniert es halbwegs mit den VP-Leuten." Geniale
Taktik von Schuessel, umgesetzt von gerissenen Landeshauptmaennern.
Natuerlich fordern Strasser, Schuessel und Konsorten die
VP-Gespraechsbereitschaft mit den Gruenen. Eine Gruene Koalitionsbeteiligung
wuerde dem derzeitigen Politinfernale den noetigen Hauch von Umweltschutz
und weisen Spruechen liefern - eine weitreichendere Legitimationsbasis, als
sie der blaue Chaoshaufen je liefern koennte. Was nuetzen geniale Leute der
Gruenen Politik, wenn sie medial verstummen, sich nicht oeffentlich aeussern
oder einfach staendig ausgeblendet werden? Auch wenn dies wiederholt
geaeussert wurde: Wo ist die Verantwortlichkeit der gruenen Fuehrungsriege -
gegenueber dem Sozialwesen, indem sie die Linken nach der Rudimentisierung
der KPOe noch immer massgeblich an sich bindet. Gegenueber der Linken, die
sich auf der Basis eines staendigen gruenen Politberuhigungsschlamms immer
weniger zu artikulieren scheint. Und gegenueber der Partei, die aus den
riesigen gegebenen Chancen von der Fuehrungsspitze nur Politalltag mit
Blasensprache und Warteschlangen auf Regierungsaemter zu uebernehmen hat.
Aehnlich wie bei den Wiener Gruenen im Fruehjahr setzte es jetzt auch bei
den Linzer-Gruenen Drohungen: Auszug, Austritt oder einfach Aufloesung. Dies
dauerte ebenfalls nicht lang. Die erwaehnte Einigung in Oberoesterreich
erforderte von den Bundesgruenen klare Worte: Man habe nicht vor, in
entscheidenden Momenten wieder kalte Fuesse zu bekommen. Van der Bellen
liess in zoegerlicher, aber bestimmter Art die Umwelt wissen, diese
Zusammenarbeit sei nicht von ihm ausgegangen. Worauf Maria Fekter von der
OeVP natuerlich meinte, dies sei ja nichts Unanstaendiges. Wie auch immer:
die Gruenen erhielten einen Landesrat, Josef Puehringer wurde zum
Landeshauptmann gewaehlt. Es waere etwas kurzsichtig, dies als gruene
Provinzposse abzutun, die Gruenen sammeln sich zur machtpolitischen
Etablierung, die OeVP sucht dringend einen veritablen Koalitionspartner. Der
politische Gehalt aus der Geschichte kann fuer Wahlen darin gesehen werden,
dass es trotz aller Missstaende fuer Wien noch ein Segen ist,
sozialdemokratisch regiert zu werden - und dass die Gruenen den ehrlichen
Beweis liefern, dass eine gruene Stimme auch eine schwarz-gruene werden
kann. Seiner FP hat Lothar Hoebelt geraten: "Weg von der Sozialmasche, wenn
den Leuten danach ist, gehen sie nicht zum Schmiedl, sondern zum Schmied!"
Damit ist die SP gemeint - waer` interessant zu wissen, wer eigentlich die
Gruenen politisch beraet.
*Fritz Pletzl*
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