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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. Oktober 2003; 04:36
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Religion/Glosse:
> Frauen zwischen Hoellen, Rabbis und Huris
Ueber die religioesen Patriarchate
Am juengsten Tag richtet Allah die Menschen. Falls dasselbe Datum auch dem
christlichem Gott genehm ist, geht alles in einem Aufwaschen. Im islamischen
Teil droht Unglaeubigen zumindest das Hoellenfeuer, den Glaeubigen jedoch
winkt das schattige Paradies mit seinen Paradiesjungfrauen - den Huris.
Hoffentlich funktioniert die religioese Gebietsaufteilung in himmlischen
Gestaden dann auch, denn ob die Huris mit der Jungfrau Maria etwas anfangen
koennen und umgekehrt, ist ungewiss.
Hauptmerkmal, also kleinster gemeinsamer Nenner fuer die hoechsterhabene
Anwesenheit der Jungfrauen duerfte in beiden Hemisphaeren die Eigenschaft
sein, noch keinen Geschlechtsverkehr ausgeuebt zu haben. Und so kommt es,
wie es kommen musste: hoechst peinlich beruehrte Menschenfrauen treten an
den juengsten Tagen vor die Keuschen oder vor Maria. Was der Koran
prinzipiell als Belohnung fuer die Frauen im Paradies - vielleicht sogar
maennliche Huris - vorsieht, ist auf jeden Fall nicht angefuehrt. Leider
auch nicht, ob Frauen das Huri-Paradies ueberhaupt offensteht.
Selbstredend betonen sowohl das Christentum, als auch der Islam und das
Judentum die Gleichwertigkeit von Frauen und Maennern. Manche sind halt
gleicher - sitzen in den Betraeumen, waehrend Frauen auf den Galerien Platz
nehmen duerfen. Meist sind sie bei religioesen Ritualen und Braeuchen
schlicht unerwuenscht. So wendet sich eine ausschliesslich maennliche Schar
von Glaeubigen kniend Mekka und irgendwie dadurch Mohammed und Allah zu. So
koennen katholische Priesterinnen nur kurz vor ihrem Ausschluss Messen
feiern, so duerfen alle noch etliche Jahrzehnte auf weibliche Kardinaelinnen
oder vielleicht ein paar hundert Jahre auf eine weibliche Paepstin warten.
Natuerlich sind die Frauen gleich, sie bezahlen denselben Betrag der
Kirchensteuer. Das duerfte fuer die Roemer Greise aber auch schon der
Plafond der Gleichheit sein. Als Ausgleich erhalten die weiblichen
Glaeubigen die permanente Kopfwaesche einer verstuemmelten und fast pervers
anmutenden Sexualmoral verpasst. Dies gleichermassen als Christin, als
Muslimin und als Juedin.
Mich wundert die grenzenlose Geduld der Frauen mit den religioesen
Patriarchatsheinis, ob sie sich jetzt Rabbis oder Paepste oder Mullahs
nennen. So lehnt der Islam die Ehelosigkeit ab und "raet" zur Heirat.
Polygam duerfen allerdings nur die werten Maenner sein, doch der Koran
beschraenkt dies sowieso auf 4 Ehefrauen. Nun ist schon klar, dass dieses
Gebot vom Mittelalter bis zur Neuzeit islamischen reichen Maennern
gestattete, mehrere Frauen zu ernaehren und zu erhalten. Weniger klar ist,
ob Frauen sich in islamischen Laendern auch ohne Probleme 4 Ehemaenner
halten koennten, haetten sie den ausreichenden materiellen Reichtum. Diese
Religionen duerften fuer die Frauen das Dienen und Gehorchen samt Haushalt
und Waeschewaschen vorgesehen haben - und sonst nicht viel. Juedische Messen
finden erst dann statt, wenn zehn erwachsene Maenner anwesend sind, auch
wenn sich bereits 100 Frauen in der Synagoge eingefunden haben. Fairerweise
muss gesagt werden, dass die Beschneidung und der Frauenschleier aus
altorientalischem Brauchtum uebernommen wurden.
Wie weit die Hinduisten die Welt der Frauen veraendert haben, ist vom
religioesen Standpunkt nicht so leicht zu sagen. Ihr Glaube lehrt sie, dass
sie die Welt in einem ewigen Kreislauf durchwandern. Darin sind auch die
Goetter mit Ausnahme von Ischwara einbezogen. Die guten und boesen Taten
bestimmen, ob ein Wesen als Gott, Mensch, Tier wiedergeboren wird oder in
der Hoelle schmort, die aber auch nicht der ewige Aufenthaltsort ist. Ziel
ist die Erloesung, dieser endlosen Kette von Wiedergeburten zu entrinnen -
also nicht wiedergeboren zu werden. Die kulturelle Brille zeigt, dass es
vielleicht besser ist, nicht als Frau wiedergeboren zu werden - die hohe
Mordrate an weiblichen Babys und Maedchen wird auch von den Behoerden nicht
geleugnet. Witwenverbrennungen werden zwar mittlerweile verfolgt, finden
aber in einigen Regionen Indiens dennoch statt. Das grosse religioese Ideal,
Buddha, lehnte den Frauenzutritt in seinem Orden strikt ab, erst durch die
staendigen Vorstellungen seiner Pflegemutter wurde er umgestimmt.
Im Judentum gab es von der hellenistischen Zeit an die Vorstellung von der
unsterblichen Seele und somit die interessante Frage nach ihrem Schicksal
nach dem koerperlichen Tod. Das persoenliche Heil steht weniger im
Mittelpunkt, sondern der Beitrag des Einzelnen zur Erfuellung des
Erwaehlungsauftrages - und der Verwirklichung der Gottesherrschaft. Stellt
dies nicht eine gefaehrliche Drohung fuer alle religioesen Juedinnen dar,
dass ihr Status bei der Verwirklichung dieser Gottesherrschaft dann fuer
alle Zeiten verbetoniert sein koennte? Ist maennlich-goettliches Patriarchat
soviel erstrebenswerter als der jetzige Zustand? Nach dem Erringen der
Hoheit und weit vor Reformation und Gegenreformation konnte der christliche
Papst als Herrscher ueber die Welt erscheinen, er verlieh immerhin weltliche
Reiche als Lehen. Im 20. Jhdt. steht das Christentum im Kampf mit den
verschiedenen Sozialstrukturen und Lebensordnungen. Starre und "weltfremde"
Dogmen des Vatikans foerdern den Atheismus. Waere ein geistig und
koerperlich bewegungsunfaehiger Greis an der Spitze der
roemisch-katholischen Kirche nicht die symbolische Initialzuendung fuer
Frauen, dem patriarchalen Spuk in Rom ein Ende zu bereiten? Mag sein, dass
der Spruch "Religion ist Opium fuer das Volk" schon abgedroschen ist, er
koennte auch in "Religion ist institutionalisierte Frauenunterdrueckung"
abgeaendert werden.
*Fritz Pletzl*
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