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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. Oktober 2003; 04:22
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Schwarzblau:

> § 209-Ersatz wird verschaerft

Mit dem Strafrechtsaenderungsgesetz 2003 soll Sex eine ziemlich gefaehrliche
Angelegenheit werden


Der Justizminister beabsichtigt eine erhebliche Verschaerfung des im Vorjahr
als Ersatz fuer das antihomosexuelle Sonderstrafgesetz § 209 eingefuehrten §
207b StGB ("Sexueller Missbrauch von Jugendlichen"). Mit dem
Strafrechtsaenderungsgesetz 2003 sollen die Verjaehrungsfristen fuer den §
209-Ersatz, von jetzt fuenf, auf bis zu neun Jahre ausgedehnt werden und die
Strafbarkeit bei Kontakten gegen "Entgelt" auf Kontakte sogar in solchen
Laendern ausgedehnt werden, die kein solches Gesetz kennen.

Dass im 2. Halbjahr 2002 alle und im 1. Halbjahr 2003 die Haelfte aller
Strafverfahren nach § 207b gegen Homosexuelle gefuehrt wurde, stoert dabei
ebenso wenig wie der Umstand, dass bislang ausschliesslich Homosexuelle nach
dieser Bestimmung in Haft genommen werden.


Pruederie statt sexueller Selbstbestimmung

Damit nicht genug, sollen noch weitere massive Eingriffe in das Sexualleben
der OesterreicherInnen erfolgen. So droht kuenftig bis zu ein Jahr Haft fuer
den blossen Besitz eines "pornografischen" Bildes eines vollentwickelten 17
jaehrigen jungen Mannes oder einer vollentwickelten 17 jaehrigen jungen
Frau (§ 207a StGB). "Pornografisch" ist dabei nicht nur die Darstellung
sexueller Handlungen von unter 18jaehrigen sondern bereits die Abbildung
unter 18jaehriger in "lasziver" Pose, wenn die Genitalien oder (zwar diese
nicht, aber) die Schamgegend zu sehen ist. Auch wenn die abgebildeten
Personen nachweislich ueber 18 Jahre alt sind, ist der Besitz des Bildes
strafbar, wenn der Erwachsene auf dem Bild nur wie unter 18 aussieht. Auch
voellig kuenstliche (virtuelle) Bilder sind strafbar. Wer solche Bilder
anderen zeigt oder sie weitergibt oder selbst herstellt, dem drohen bis zu
zwei Jahre Haft und mehr. Fuer Jugendliche gibt es keine Ausnahmen. Dh, ein
15jaehriger wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen sein,
wenn er (fuer sich) von seiner gleichaltrigen Freundin ein Foto im knappen
Bikini, der die "Schamgegend" (wenn auch nicht die Genitalien) erkennen
laesst, und in "lasziver" ("pornografischer") Pose, schiesst. Das gleiche
gilt fuer einen 14jaehrigen, der, im Privaten, eine nackte 17jaehrige
Schoenheit in "pornografischer" Pose auf seinem Computer generiert und
dieses Bild nicht durch Passwort schuetzt oder es einem Freund zeigt. Ebenso
fuer 17jaehrige, die intime Bilder von sich selbst austauschen, oder
einander ueber Webcams betrachten und dabei ihre "Schamgegend" (oder gar
ihre Genitalien) "lasziv" ("pornografisch") entbloessen, ganz zu schweigen,
wenn sie einander bei sexuellen Handlungen betrachten.


Gefaengnis fuer unvorsichtige Liebespaare

Damit nicht genug, schafft der Justizminister einen neuen uferlosen
Tatbestand der "sexuellen Belaestigung" (§ 218 StGB). Strafbar wird sein,
wer eine sexuelle Handlung vornimmt, und es dabei (nicht beabsichtigt, nicht
will, sondern bloss) fuer moeglich haelt und sich damit abfindet, dass eine
andere Person belaestigt wird. Es ist nicht (wie bis jetzt) vorgesehen, dass
das Aergernis der sich belaestigt fuehlenden Person berechtigt ist. Waehrend
bisher eine Handlung vor (potentiell) zumindest 10 Personen gefordert war,
reicht kuenftig eine einzige (sittenstrenge) Person, die sich etwa durch ein
Liebespaar im Auto belaestigt fuehlt. Es liegt auf der Hand, dass damit
Outdoorsex massiv kriminalisiert werden; aber auch etwa Liebesspiele bei
geoeffneten Fenster ohne zugezogene Vorhaenge oder zu lauter Sex bei duennen
Waenden. Nach dem Wortlaut der neuen Bestimmung reicht sogar eine
Belaestigung durch nachtraegliches Erfahren von der sexuellen Handlung. Ein
halbes Jahr Gefaengnis ist fuer das neue Sexualdelikt vorgesehen.
(Rechtskomitee Lambda/bearb.)

Weitere Infos: http://www.RKLambda.at.



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