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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. September 2003; 16:09
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Schwarzblau/Recht & Ordnung:

> Konsequenzloses Recht

StPO-Reform ohne Anwaltsrecht bei Ersteinvernahme

Letzte Woche setzte der Unterausschuss des Justizausschusses die Beratungen
ueber die Reform des Vorverfahrens (StPO-Reform) fort, sie soll noch im
Herbst beschlossen werden. Die Regierungsvorlage ist fuer die Rechtsanwaelte
aber "nicht akzeptabel": Das Recht auf einen Anwalt schon ab der ersten
Einvernahme werde nicht umgesetzt. Damit entspreche die Regierungsvorlage
nicht den europaeischen Standards und gehe sogar einen Schritt hinter die
derzeitige Praxis zurueck, kritisierten Elisabeth Rech von der
Rechtsanwaltskammer und Richard Soyer von der Vereinigung Oesterreichischer
StrafverteidigerInnen in einer Pressekonferenz am Montag.

Der Verwaltungsgerichtshof habe im Herbst 2002 klar judiziert, dass jeder
Verdaechtige ab der ersten Einvernahme das Recht auf rechtlichen Beistand
hat. "Bei der StPO-Reform tut man so, als ob es das nicht gibt", kritisierte
Soyer: "Beschwerden nach Strassburg sind aufgelegt."

Prinzipiell begruessen die Anwaelte die Reform. Es sei ein "sehr gutes
Konzept", wenn der Untersuchungsrichter zum Rechtsschutzorgan wird und
Polizei und Staatsanwalt gestaerkt werden. Fuer die noetige "Balance" waere
es aber noetig, auch dem Verteidiger eine starke Stellung zu geben.
Stattdessen gehe man in der Vorlage von dem "Irrglauben" aus, dass "eine
schwache Verteidigung der Wahrheitsfindung dienlich ist", meinte Soyer.

Im Diskussionsentwurf 1998 sei noch das Recht auf einen Anwalt enthalten
gewesen. Seither seien die Verteidigungsrechte aber "scheibchenweise immer
weniger" geworden: Stand damals noch der Verteidiger im Entwurf, ist jetzt
nur mehr vorgesehen, dass ein Verdaechtiger eine "Vertrauensperson"
beiziehen kann. Eine solche koenne man aber wesentlich leichter "los
werden". "In Wirklichkeit entscheidet die Polizei als Jaeger ob ein
Verdaechtiger ein Recht auf einen Verteidiger hat" - und dabei habe doch
gerade die Polizei alle Gruende, das zu verhindern, merkte Rech an.

Der Entwurf gibt der Polizei einige einfache Moeglichkeiten, um zu
verhindern, dass ein Verteidiger bei der Vernehmung dabei sein kann. Mit den
Argumenten "Sie brauchen keinen Verteidiger" oder "das dauert zu lange, bis
er da ist" kann das Verlangen des Verdaechtigen abgewehrt werden. Wird ihm
zwar einer zugestanden, hat er aber nicht die noetigen Mittel oder ist in
der Nacht oder am Wochenende kein Anwalt erreichbar, "hat er wieder keinen".
Und schliesslich koennte die Polizei die Beiziehung der Vertrauensperson mit
dem Argument, die Ermittlungen wuerden behindert, verhindern.

Ein Rechtsmittel dagegen gebe es zwar - aber es bringt eigentlich nichts.
Anders also noch im Entwurf 1998 ist keine Konsequenz - z.B. ein
Beweisverwertungsverbot - vorgesehen. "Die Polizei hat ueberhaupt nichts zu
fuerchten", erklaerte Rech. "Man gibt plakativ ein Recht, aber man regelt es
so, dass es nicht wirksam umgesetzt werden kann", kritisierte Soyer. Den
Grund dafuer sieht er in den Absprachen zwischen Justiz- und
Innenministerium. Die Reform sei "mit den Polizeiinteressen abgestimmt".
(APA/bearb.)




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