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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. September 2003; 16:19
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Ecuador:

> Politische Kehrtwende

Praesident sucht Unterstuetzung der Militaers


Der ecuadorianische Praesident Lucio Gutiérrez vollzog Ende August eine
politische Kehrtwende. Er bildete ein neues Buendnis mit genau den
traditionellen rechten Parteien, die er waehrend seiner Wahlkampagne
kritisiert hatte. Der Richtungswechsel wurde nach dem Bruch mit der
Indígenabewegung Pachakutik, dem bis dahin wichtigsten Koalitionspartner der
Regierung, vollzogen.

Seit dem Antritt der Regierung Gutiérrez vor neun Monaten gab es Anzeichen
fuer eine Spaltung innerhalb der Regierungskoalition. Das Buendnis, das ihn
an die Macht gebracht hatte, stuetzte sich auf Pachakutik, die wichtigste
politische Kraft Ecuadors, und auf die Demokratische Volksbewegung
(Movimiento Popular Democrático), die groesste linke Partei der
Andenrepublik.

Aufgrund der Entschlossenheit der Regierung, allen Vorschlaegen des
internationalen Waehrungsfonds (IWF) zu folgen, entfremdeten sich beide
Seiten bereits in den ersten Wochen von Gutiérrez' Machtuebernahme. Daran
konnten auch Verhandlungen der wichtigsten Koepfe von Pachakutik nichts
aendern. Pachakutik ist der politische Arm des Bundes der Indígenen Voelker
Ecuadors CONAIE (Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador). "Er
hoerte uns nicht zu" sagte die bisherige Aussenministerin Nina Pacari
lapidar, als sie das Ministerium verliess. Ihre Aussage spiegelte deutlich
die politische Lage innerhalb der Allianz wider.

Gleichzeitig entwickelte sich seit Ende Februar eine offensichtliche
Annaeherung von Gutiérrez an die extrem rechte christlich-soziale Partei PSC
(Partido Social Cristiano). Am Anfang handelte es sich um mehrere Gespraeche
zwischen dem Staatschef und den wichtigsten Sprechern der Partei. Danach kam
zu einem privaten Dialog mit dem umstrittenen ehemaligen Praesidenten und
PSC-Politiker León Febres Cordero, der zwischen 1984 und 1988 Ecuador
regiert hat.

Patricio Acosta, der starke Mann der Regierung Gutiérrez, rechtfertigte die
Manoever und erklaerte, dass "der Praesident alle politischen Organisationen
angesprochen habe, die das oeffentliche Wohl suchen. Natuerlich kann die PSC
nicht ausgeschlossen bleiben".

Trotz der Weigerung von Pascual del Cioppo, einer der wichtigsten Figuren
der PSC, ein langfristiges politisches Abkommen zwischen Gutiérrez und
seiner Partei zu schliessen, kuendigte die Regierung die Existenz einer so
genannte "verschiebbaren Mehrheit" im Parlament an. Dabei waere die PSC auch
mitbeteiligt und dank dieser Mehrheit koennte der Praesident gesetzliche
Vereinbarungen mit der Unterstuetzung verschiedener Parteien erreichen. Dies
wuerde politische Verhandlungen ueber Aemter oder die Verteilung von
Haushaltsgeldern erleichtern. Der indigene Abgeordnete von Pichincha,
Ricardo Ulcuango, bezeichnete die verschiebbare Mehrheit als einen Kauf und
Verkauf von Stimmen.

Der Bruch der Regierung mit der Indigenenbewegung kommt bei der
ecuadorianischen Gesellschaft nicht gut an. Eine Umfrage von "Informe
Confidencial" fand heraus, dass 56 Prozent der Befragten denken, dass die
Regierung mit dem Ende der Allianz verloren habe. Des weiteren zeigt eine
Umfrage von "Market", dass die Popularitaet Gutiérrez nach dem Scheitern des
Buendnis um bis zu 27 Prozent gesunken ist.

Die Zukunft der Regierung haengt jetzt von der Handlungsfaehigkeit von
Gutiérrez und der Verstaerkung seines Kampfes gegen die Korruption ab.
Dafuer bestaetigte er Wilma Salgado, die naeher an Pachakutik steht, als
Chefin der Agentur fuer Depotgarantien. Dieses Amt soll fuer die Bezahlung
der Schulden sorgen, welche die Bankiers vor einigen Jahren gemacht hatten
und die die Finanzkrise im Jahr 2000 ausgeloest hatte.

Sein Kampf gegen die Korruption ist das Einzige, was Gutiérrez' sinkende
Popularitaet aufhalten koennte. Aber nach einer Studie von "Probidad"
(Redlichkeit) steht Gutiérrez zusammen mit den ehemaligen Praesidenten Jamil
Mahuad (1998-2000), Abdalá Bucaram (1996-1997) und Gustavo Noboa (2000-2003)
an der Spitze der korruptesten Staatsoberhaeupter Lateinamerikas.
Schliesslich wimmele es in seiner Regierung nur so von Vetternwirtschaft.
Probidad ist eine Organisation, die das Korruptionsniveau der
lateinamerikanischen Laender ueberwacht. (Luis Angel Saavedra, poonal)



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