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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. September 2003; 16:12
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Chile:
> Mit Guanacos und Zorrillos
Am 13.August erlebte Chile seinen ersten Generalstreik seit
Wiedereinfuehrung der buergerlichen Demokratie 1989
Guanacos sind eine Wildform des Lamas, eines Tieres, das bekannt dafuer ist,
zu spucken, Zorrillos sind Stinktiere. In Chile werden so die Wasserwerfer
und die Einsatzwagen der Polizei mit Traenengas genannt - beide kamen am 13.
August in den Strassen Santiagos zum Einsatz. Beim ersten Generalstreik
Chiles seit den 60er Jahren reagierte die chilenische Regierung (die unter
der Praesidentschaft des "Sozialisten" Lagos steht) mit Einschuechterung und
Repression.
Die "Concertación de Partidos por la Democracia", die Regierungskoalition
aus vier Parteien, u.a. der "Sozialistischen Partei", versuchte im Vorfeld
durch Ignorieren und Einschuechterung den Streik zu verhindern. Die
Polizeipraesenz wurde erhoeht, die Medien versuchten den Streik tot zu
schweigen. Auch der Einsatz des aus Pinochet-Zeiten stammtenden
Antiterrogesetzes wurde angekuendigt. Aber die zahlreichen Plakate und
Flugblaetter und die seit 14 Jahren aufgestauten und entaeuschten Hoffnungen
waren die Grundlage fuer die massive Beteiligung und Unterstuetzung.
Praesident Lagos erklaerte, dass der Streik dem Ansehen Chiles im Ausland
schaden wuerde.
Der vom Gewerkschaftsdachverband CUT augerufene Generalstreik richtete sich
gegen die neoliberale Politik der Regierung und - recht allgemein - fuer
mehr soziale Gerechtigkeit. Die Beteiligung an Streik und Demonstrationen
war landesweit gross, die Angaben von Regierung und CUT gehen allerdings
weit auseinander. Die Regierung behauptet z.B. der (privat gefuehrte)
oeffentliche Verkehr sei normal verlaufen. Dieser Ansicht kann allerdings
nur sein, wer in Staatskarossen faehrt - in den Strassen Santiagos war nur
ein Bruchteil der gelben Busse und der Sammeltaxis unterwegs, die sonst die
Strassen verstopfen, im Sueden der Stadt, in der Vicuña Mackenna,
organisierten die SammeltaxifahrerInnen eine Blockade, Busse wurden am
Ausfahren gehindert. Im Gesundheits- und Bildungswesen lag die Beteiligung
nach CUT-Angaben bei bis zu 90% - die Klassen blieben weitgehend leer,
LehrerInnen hielten Streikversammlungen ab, Beschaeftigte des Oeffentlichen
Dienstes beteiligten sich an den Demonstrationen.
In Santiago zogen die Streikenden ab 10.00 vormittags in sechs
Demonstrationszuegen Richtung Zentrum - lebhafte Maersche mit TrommlerInnen,
Sprechchoeren und selbstgemalten Tafeln. Im Stadtzentrum allerdings hatte
die Polizei Demonstrationen untersagt - dort befinden sich u.a. die
CUT-Zentrale und die "Moneda", der Regierungssitz (wo 1973 Salvador Allende
ermordet wurde). Die Polizei konnten die Demonstrationen aus ArbeiterInnen
aller Altersstufen aber nicht aufhalten. Um ca. 13.00 kam es bei der Plaza
de los Héroes zu "Zusammenstoessen" - d.h. die Polizei versuchte ein
Weitermarschieren zu verhindern, Schlagstoecke, Wasserwerfer und Traenengas
kamen zum Einsatz, DemonstrantInnen wurden in Seitengassen verfolgt und
"eingenebelt".
In Santiago, Arica, Iquique, Talca, Valparaiso, Concepcion, Temuco and
Valdivia kam es zu Demonstrationen, allein in Santiago waren mehr als 3000
Polizisten im Einsatz. Landesweit gab es nach offiziellen Angaben 312
Verhaftungen (davon 190 in Santiago), und 15 Verwundete, von denen
allerdings 14 Polizisten sind (die Zahl darf also angezweifelt werden). In
der Nacht des 13. August entlud sich die Wut ueber die falschen
Versprechungen der Regierung und es kam es in mehreren Teilen Santiagos zu
Strassenblockaden und Auseinandersetzungen mit der Polizei, ein Jugendlicher
wurde durch eine Kugel schwer verletzt.
Im Umfeld des "Paro Nacional", des Generalstreiks, wurden die Spannungen
zwischen der "sozialistisch" gefuehrten Regierung, und der ebenfalls
"sozialistisch" dominierten CUT offensichtlich. In der Gewerkschaft steigt
der Druck auf ein Ende des sozialen Friedens. CUT-Praesident Martinez hat
bereits erklaert, das ein weiterer Generalstreik im Dezember moeglich ist.
*Sonja Grusch, Sozialistische LinksPartei*
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