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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. September 2003; 16:48
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Nachruf:

> Rudi Bohl

Unser lieber Freund Rudi Bohl ist am 29. Juni im neunzigsten Lebensjahr
verstorben. In tiefer Trauer geben wir unseren Freunden diese Nachricht
bekannt.

Als echter St. Poeltener Arbeiterbub widmete er seit seiner fruehsten Jugend
sein Leben der Arbeiterbewegung. Er kannte alle Tiefen des Elends der
Zwischenkriegszeit: Ausbeutung, Arbeitslosigkeit und nicht zuletzt
politische Verfolgung. 1929 trat er der KPOe bei, weil er glaubte, auf diese
Weise gemeinsam mit Gleichgesinnten durch politische Arbeit das Los der
arbeitenden Menschen zu verbessern. Die Flucht vor den Nazis fuehrte ihn in
die Emigration nach England. Dort heiratete er Nelly, mit der er bis zu
deren Tod, mehr als 60 Jahre, zusammen lebte.

Sofort nach Kriegsende kehrten beide in das ausgehungerte und zerstoerte
Oesterreich zurueck, um sich am Wiederaufbau des Landes zu beteiligen. Er
lebte und arbeitete zuerst in St.Poelten und spaeter unter anderem auch als
Personalchef in der Korneuburger Schiffwerft. Da er auch als Personalchef
seine Herkunft nicht vergass und die Interessen der Arbeiter stets im Auge
behielt, kam es immer wieder zu Konflikten mit dem russischen
Generaldirektor, bis zum Ausscheiden Rudis aus dem Unternehmen. Es entsprach
seiner humanistischen Einstellung, dass er ein gluehender Anhaenger des
"Sozialismus mit menschlichem Antlitz" wurde. Als sich dann die KPOe auf die
Seite der den "Prager Fruehling" niederwalzenden Warschauer Pakt-Maechte
stellte, konnte er in dieser Partei nicht mehr bleiben. Er engagierte sich -
obwohl nicht mehr der Juengste - fuer die Arbeitsgemeinschaft der
Gewerkschaftlichen Einheit.

Schon lange in Pension, kamen er und Nelly regelmaessig in die
Belvederegasse, um beim Versand der "alternative" mitzuhelfen. Mit
bewundernswerter Energie und Disziplin erholte er sich nach einem Unfall
noch vor einigen Jahren. Er kam wieder auf die Beine, machte Spaziergaenge
und nahm auch Anteil am politischen Geschehen. Den unerwarteten,
ploetzlichen Tod seiner Nelly konnte er nicht mehr ueberwinden. Noch in
seinen letzten Stunden sprach er immer wieder von seiner Nelly.

Gaebe es doch mehr solche hervorragenden Menschen wie Rudi Bohl - die Welt
sehe besser aus!
*Walter Stern*



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